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Zwei wilde kleine Hexen

Zwei wilde kleine Hexen

Titel: Zwei wilde kleine Hexen
Autoren: Cornelia Funke
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herunter – und war sich sonderbar fremd.
    »Absolut hexenmäßig das Gefühl, nicht?«, fragte Lilli.
    Rosanna nickte und sah zum Himmel. Es war dunkel geworden. Der Wind hatte seine Arbeit getan und war weitergezogen. Eine merkwürdige Stille hatte er hinterlassen. Kein Blatt regte sich. Der Mond stand schmal am Himmel. Und Ramses raschelte in seinem Korb.
    »Ich lass ihn jetzt raus«, sagte Rosanna und öffnete die Klappe.
    »Wird er nicht weglaufen?«, fragte Lilli besorgt.
    Rosanna schüttelte den Kopf. »Wenn dein doofer Hund nicht auftaucht. Ich hab Fischköpfe für ihn dabei.«
    »Zorro ist bei Papa«, sagte Lilli. »Und nenn ihn nicht dauernd doof oder blöd. Er ist zehnmal klüger als dein Kater.«
    Misstrauisch schob Ramses den dicken Kopf aus dem Korb.
    »Er ist beleidigt«, stellte Rosanna fest. »So guckt er nur, wenn er beleidigt ist.«
    Angeekelt setzte der Kater eine Pfote in das feuchte Gras. Dann noch eine. Dann die Hinterpfoten. Er rekelte sich, blinzelte den Mond an und sprang auf den Grill. Als Rosanna einen Fischkopf ins Gras warf, war er im Nu wieder unten. Während der Kater fraß, versuchten die Mädchen, den Grill anzuzünden. Gesehen hatten sie das beide schon hundert Mal. Aber selbst Feuer machen war eine ganz andere Sache. Rosanna schaffte es schließlich.
    Lilli kippte Wasser und eine Tüte Tomatensuppe in den Topf und drückte Rosanna ein paar kleine Würstchen in die Hand. »Da, die kannst du beim Tanzen in den Topf werfen.«
    »Aha. Was sollen die darstellen? Finger?«
    »Quatsch! Zauberkraut und so was alles. Aber Würstchen schmecken am besten. Oh!« Lilli schlug sich gegen die Stirn. »Jetzt hab ich fast das Wichtigste vergessen.« Hastig zog sie eine lange Schnur unter ihrem Pullover hervor und legte sie im Gras zu einem großen Ring aus. »Das ist der magische Kreis«, sagte sie mit wichtiger Miene.
    »Aha«, sagte Rosanna.
    Ramses war mit dem ersten Fischkopf fertig, strich ihr um die Beine und miaute. Rosanna warf ihm den nächsten hin.
    »Also, es kann losgehen!«, sagte Lilli. »Lass uns die Besen holen.«
    Die Besen lehnten am Zaun. Der für Rosanna war ziemlich groß und hatte einen Plastikstiel, und Lillis sah auch nicht gerade wie ein richtiger Hexenbesen aus.
    Die Mädchen klemmten sich die Stiele zwischen die Beine und hüpften los. Erst langsam, dann immer wilder. Dabei blubberte die Tomatensuppe auf dem Grill.
    Entnervt von so viel Lärm, schleppte Ramses seinen Fischkopf ins Gebüsch.
    »Hihiiiiiiiiih!«, kreischte Lilli, und Rosanna konnte gar nicht aufhören zu kichern. Schon nach ein paar Runden war ihr ganz schwindelig im Kopf.
    »Los, singen!«, rief Lilli und stimmte ihr Hexenlied an, zur Melodie von »Der Mai ist gekommen«. Atemlos und ziemlich falsch fiel Rosanna ein:
    »Die Walpurgisnacht ist gekohommen,
    die Hexen kommen raus!
    Steigen auf ihre Behesen
    und fliehigen ums Haus.
    Sie kreiheischen und kihichern
    und verzauhaubehern dihie Nacht,
    sihie tanzen im Mohondlicht
    die Walpuhuhurgisnacht.«

    Viermal sangen sie das Lied, jedes Mal ein bisschen lauter. Dann plumpsten sie völlig außer Atem ins nasse Gras. Mitten in Lillis Zauberkreis lagen sie auf dem Rücken und lachten den Mond an. Misstrauisch beobachtete der Kater sie aus der Dunkelheit.
    »Jetzt gibt’s Hexensuppe!«, rief Lilli, kam wackelnd wieder auf die Beine und schnupperte am Topf.
    »Riecht ziemlich scheußlich!«, stellte sie fest. »Hast du da etwa noch was anderes als Würstchen reingeschmissen, Hexe Rosanna?«
    Rosanna kicherte schon wieder. »Ich hab gar nichts da reingeschmissen. Die Würstchen hab ich so gegessen.«
    »Aha, na, dann musst du die Brühe zur Strafe auch so essen.« Lilli pflückte drei Schnecken von den Suppentellern und tauchte eine große Kelle in den Topf. Plötzlich raschelte es hinter ihr, etwas Großes schoss aus der Dunkelheit, schmiss den Grill um und sprang an Lilli hoch. Die kippte sich die heiße Brühe übers Kleid und kreischte entsetzt auf.
    »Zorro!«, rief sie. »Wo kommst du denn her?«
    Wie der Blitz war Rosanna auf den wackeligen Beinen.
    »Ramses?«, rief sie. »Ramses!«
    Doch der Kater hatte längst gemerkt, wer da im Anzug war. Fauchend sprang er quer zu Lillis Zauberkreis, kletterte an Rosannas Kleid hoch und krallte sich mit bösem Knurren auf ihrer Schulter fest.
    Zorro aber setzte sich vor Rosanna hin und wedelte mit dem Schwanz. Lilli packte ihn von hinten am Halsband und schüttelte ihn.
    »Du Räuber!«, rief sie wütend. »Was hast
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