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Zwei wilde kleine Hexen

Zwei wilde kleine Hexen

Titel: Zwei wilde kleine Hexen
Autoren: Cornelia Funke
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du denn hier zu suchen?«
    »Au, Ramses, du tust mir weh!«, schimpfte Rosanna und schubste den Kater von ihrer Schulter. Mit einem Satz sprang er auf den Zaun.
    »Rosanna, da!«, flüsterte Lilli. Kreideweiß wurde sie plötzlich unter ihrem Karottenhaar. Mit zittrigem Finger zeigte sie in die Dunkelheit.
    Rosanna drehte sich erschrocken um – und sah es auch. Auf dem Zaun war jemand.

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Die Hexe
    Auf dem Gartenzaun saß im Mondlicht eine Frau.
    Einen kleinen Bauch hatte sie und graues Haar bis zur Hüfte. Sie trug ein langes Kleid mit einem Gürtel. Ein Dolch mit schwarzem Griff steckte darin und ein Stock mit einem geschnitzten Katzenkopf.
    Ramses ging steifbeinig über den Zaun auf sie zu, miaute leise und schmiegte sich in ihren Schoß.
    Da lachte die Frau leise.
    »Was für eine Vorstellung! Alle Achtung!«, rief sie. »Krötengift und Hexenspucke, ich muss sagen …« Sie stemmte einen Arm in die Hüfte und entgeistert sahen die Mädchen eine Schlange daran hochkriechen. »Für zwei so junge Hexen war das gar nicht schlecht. Stell sich das eine vor!« Wie einen Pelzkragen hängte sie sich den schnurrenden Ramses um die Schultern und kletterte vom Zaun. »Zaubern die alte Elfriede einfach so mir nichts, dir nichts hierher. Wo sie gerade so nett am Feiern war.«
    »Hierherzaubern? Wieso? Was?«, stotterte Lilli.
    »Aha, ich verstehe«, sagte Elfriede. »Ein kleiner Zauberunfall in der Walpurgisnacht. Ja, das kann vorkommen.« Stirnrunzelnd sah sie sich um. »Was war denn das in dem Topf da?«
    »Tomatensuppe«, flüsterte Rosanna – und wunderte sich, dass sie überhaupt einen Ton rausbekam.
    »Heilige Dreizehn!«, rief die Hexe. »Wie kommt ihr denn auf so was? Und der Hund?«
    Zorro ließ sich gemächlich nieder und legte seinen Kopf auf Elfriedes spitzen Stiefel.
    »Der ist auch ein Unfall«, sagte Lilli kleinlaut. »Aber sonst haben wir alles richtig gemacht.«
    »So, habt ihr?«, fragte Elfriede und spielte ein bisschen mit ihrer Schlange. »Und was soll das hier sein?« Sie stieß mit der Stiefelspitze gegen Lillis magischen Kreis.
    »Na, der Zauberkreis natürlich!«, sagte Lilli beleidigt.
    »Ha! Sieht eher wie ein magisches Ei aus, was?« Kichernd bückte Elfriede sich und hob Lillis Besen auf. »Mit dem Ding wolltest du fliegen? Ts, damit kommst du nicht mal über den Zaun da. Aber für ein bisschen Licht kann er vielleicht sorgen, was?« Sachte rieb sie das Besenstielende zwischen den Handflächen, spuckte einmal in jede Himmelsrichtung, murmelte ein paar unverständliche Worte und stellte den Besen aufrecht ins Gras. Erstaunlicherweise blieb er kerzengerade stehen. Und noch erstaunlicher war, dass am Stielende plötzlich ein kleines Flämmchen tanzte. Es wuchs und wuchs, bis es den ganzen Tanzplatz in flackerndes, mattgelbes Licht tauchte.
    »Aha!« Zufrieden rieb Elfriede sich die Hände. »Nun seh ich euch ein bisschen genauer. Und das dumme Ding da«, sie tippte mit der Stiefelspitze gegen den Besen, »macht sich doch noch nützlich.«
    Rosanna war maßlos beeindruckt. Lilli wahrscheinlich auch. Aber sie zeigte es nicht. Sie war beleidigt wegen des magischen Eis. Mit wütend verschränkten Armen stand sie da, und wenn Blicke töten könnten – Elfriede wäre auf der Stelle umgefallen.
    Aber die Hexe war noch nicht fertig mit den beiden Nachwuchshexen.
    »Noch eins, ihr Süßen«, sagte sie und kraulte ihre Schlange unterm Kinn. »Kopftücher tragen nur diese scheußlichen Märchenhexen. Eine echte Hexe trägt ihr Haar offen, damit es im Wind flattert, wenn sie mit ihrem Besen den Himmel fegt. Und ich will ja nicht zu viel meckern, aber was soll dieses ganze Goldgebamsel? Keine Hexe würde sich so einen lästigen Firlefanz umhängen.«
    Da platzte Lilli der Kragen. »Wenn das hier alles so furchtbar falsch war, warum bist du Oberschlaumeierin denn dann hier?« Ganz zittrig vor Wut war sie.
    Elfriede schenkte ihr ein spöttisches Lächeln.
    »Anfängerglück«, flötete sie. »Pures Anfängerglück. Und jetzt erzählt mal genau, was ihr beiden gemacht habt. Damit ich schnell wieder nach Hause komme, ja?«
    »Wir haben nichts Besonderes gemacht«, sagte Rosanna. Dauernd musste sie die Schlange anstarren, die Elfriedes Arm hoch- und runterkroch.
    »Was heißt ›nichts Besonderes‹?«, fragte die Hexe ungeduldig.
    »Wir haben ein bisschen mit den Besen rumgetanzt und …«, verlegen zog Rosanna sich das Kopftuch vom Kopf, »und gesungen und gelacht und …«
    »Was habt ihr
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