Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
kommen wird.«
    Ein gutes Alibi, dachte Zumbach, als er auflegte. Neuß … das kann keiner nachprüfen. Wer kann schon sagen, ob er einen Mann über das unbebaute Grundstück hat laufen sehen?
    Aus ihrem Wohnteil kam Albertine Megges herbei. Es war nicht ihre Art, Gäste, die stundenweise die Zimmer bei ihr mieteten, bei ihrem Weggang zu beäugen und damit vielleicht in Verlegenheit zu bringen. Sie lebte von diesen mittäglichen Vermietungen … es sprach sich herum, Kavaliersempfehlungen, die immer neue Gäste brachten, diskret, großzügig, eine Art Mitverschworene. Sie zahlten gut, trugen sich in keinen Meldezettel ein und waren somit steuerfreie Einnahmen. Abends war die Pension Sonneck nur zur Hälfte belegt, sie war zu weit vom Stadtkern entfernt, aber um die Mittagszeit gab es kein Zimmer mehr.
    Albertine Megges war nicht die einzige mit diesem Vermietungsrekord … an den kleinen Hotels und Pensionen der Vororte der großen Städte sind in der Mittagspause leere Zimmer eine Seltenheit.
    »Es wird Zeit, Herr Zumbach«, sagte Albertine Megges mit der Vertrautheit einer Mitwisserin. »Schon weit über zwei! Ich wollte schon an die Tür klopfen, aber ich traute mich nicht.«
    Von Margot sprach sie nicht. Sie schlief immer noch eine Stunde nach dem Weggang Zumbachs, trank dann einen starken Kaffee mit Kognak und sagte: »Bis Freitag, Albertinchen!« Oder: »Bis Dienstag!« Ein hübsches Frauchen. Über Moral allerdings wollte Frau Megges nicht nachdenken.
    Zumbach griff sich an den Schlips und winkte.
    Er legte den Finger auf die Lippen, als Frau Megges erstaunt zu ihm kam, öffnete die Tür und zog sie ins Zimmer. Mit seinem Körper verdeckte er noch den Blick auf das Bett.
    »Frau Megges …«, sagte Zumbach heiser. »Ich beschwöre Sie jetzt, ich bitte Sie inständigst … schreien Sie nicht … nehmen Sie sich zusammen … Ich … ich klebe Ihnen einen Hundertmarkschein auf den Mund, wenn Sie still sein können …«
    Und als er Frau Megges größer werdende Augen sah, nickte er schwer und preßte die Fäuste gegeneinander. »Ja … es ist etwas passiert … etwas Schreckliches, Plötzliches … Margot … Ich meine, Frau …«
    Er verschluckte den Namen und trat zur Seite.
    Albertine Megges starrte auf die zugedeckte Gestalt. Der Schrecken aller Zimmervermieter war zu ihr gekommen: eine Tote im Bett. Sie hatte davon gelesen und gehört. In den Hotels war das gar kein Problem, da rief man die Polizei und den Leichenwagen, und der oder die Tote wurde diskret durch einen Hintereingang hinausgetragen … aber hier war es schon ein verfluchtes Problem, ein ausgesprochen verfluchtes.
    Eine nackte fremde Frau … ein Liebhaber … keine Anmeldung … Kuppelei, wenn man es ganz genau ausdrückte … Es konnte die Konzession kosten, es würde einen Prozeß geben, einen Skandal, die Presse würde darüber berichten: Tod im Liebesnest. Und ihr Bild in allen Zeitungen. Das war das Ende vom sorglosen Leben der Albertine Megges.
    Sie legte die Hand vor den Mund und rührte sich nicht vom Fleck.
    Zumbach war schon froh, daß sie nicht aufschrie, sondern das alles mit einer stummen Starrheit hinnahm.
    »Herzschlag?« fragte Frau Megges endlich.
    »Ja. Ich habe es zuerst gar nicht gemerkt …«
    »Ihr alten Böcke!« Alle Not vor den kommenden Tagen lag in diesem Satz.
    Zumbach schluckte ihn und war fast dankbar, daß sie nicht mehr sagte.
    »Was nun?« fragte sie dann.
    »Das habe ich mich auch gefragt. Die Leiche muß weg.«
    »Ich kann sie nicht in der Einkaufstasche wegtragen …«
    »Natürlich nicht.«
    »Soll ich einen Arzt rufen?«
    »Wozu einen Arzt? Sie ist tot. Ein Arzt kann nicht mehr helfen.«
    »Er kann alles weitere einleiten.«
    »Was einleiten?«
    »Soll die Leiche vielleicht hier im Bett beerdigt werden?«
    »Darüber wollte ich eben mit Ihnen sprechen, Albertine.«
    Zumbach preßte die Fäuste gegen seine Schläfen. Das Blut hämmerte in seinem Kopf. »Es darf kein Aufsehen geben … keinen Skandal. Margot muß aus dem Haus gebracht werden, ohne daß es jemand sieht.«
    »Und dann?«
    »Das überlassen Sie mir … ich werde schon eine Lösung finden.«
    »Sie wollen das Frauchen irgendwo hinlegen? In einem Wald vielleicht?«
    »Nein.« Zumbach begann unruhig hin und her zu laufen. »Ich habe mir gedacht … nur ein Gedanke war das … es wäre gut, wenn Margot ganz verschwindet … wenn sie einfach weg ist … keiner weiß, wohin … Sie ist von zu Hause weggefahren, zum Friseur, wie sie immer sagte …
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher