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Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause
Autoren: Heinz G. Konsalik
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man die Tote nie finden würde.
    Er entdeckte eine Senke, dicht bewachsen mit Farnen, und hob zuerst die Grasnarbe mit dem Farn ab, um schließlich die Grube auszuschachten.
    Er arbeitete drei Stunden, und es waren die sauersten Stunden seines Lebens. Dann legte er Margot in das Grab, bedeckte ihr Gesicht mit seinem Taschentuch und warf die Erde über sie. Er tat es mit abgewandtem Gesicht, bis er sicher war, nichts mehr von ihr zu sehen. Erst dann blickte er wieder in die Grube, schob die restliche Erde hinein, zögerte, biß sich auf die Zähne und begann, den Boden festzustampfen. Zuletzt setzte er wieder die Farne darüber, preßte die Narben fest und hoffte, daß sie wieder anwuchsen und mildtätig das Grab überwuchern würden.
    An einem Bach säuberte er den kleinen Spaten, seine Hände und die Schuhe und fuhr schließlich zurück in die Stadt. Er wußte, wo Margot immer ihren kleinen Sportwagen geparkt hatte, wenn sie zur Pension Sonneck gekommen war.
    Eine Straße vorher stieg er aus, nahm Margots Autoschlüssel, schlenderte zu dem knallroten Auto, stieg ein und fuhr schnell davon. Quer durch die Stadt raste er und stellte den Wagen schließlich in der Nähe der Autobahnauffahrt ab. Mit einem Omnibus ließ er sich zurück zum Stadtteil Grüner Hügel bringen, stieg in seinen eigenen Wagen und fuhr zu seinem Büro.
    Mehr kann man nicht tun, um alle Spuren zu verwischen, dachte er, als er hinter seinem Schreibtisch saß und die fertige Korrespondenz durchsah, die ihm Fräulein Bender, die Sekretärin, hereingebracht hatte. Nach außen hin war er der große Zumbach, wie früher elegant, selbstsicher, voll Ideen, dynamisch … nur sein Blick war unsteter geworden, aber wer achtete schon darauf?
    »Kaufen wir das Grundstück in Neuß?« fragte Mitarbeiter Bramske eine Stunde später. Zumbach hob die Schultern.
    »Vielleicht. Ich muß den Preis noch herunterhandeln.«
    »Die Stadt Gelsenkirchen hat angefragt, ob wir eine neue Leichenhalle bauen wollen!«
    »Eine was …?« Zumbach fuhr hoch. Sein Gesicht zuckte. Bramske überflog gerade den Brief und bemerkte so nicht die Veränderung in der Miene seines Chefs.
    »Eine Leichenhalle. Mit Kapelle und Kühlräumen für dreißig Särge. Sollen wir an der Ausschreibung teilnehmen?«
    »Nein.«
    »Nicht?« Bramske ließ den Brief sinken. »Warum nicht, Chef?«
    »Ich bin überlastet, das wissen Sie am besten.«
    »Ein einfacher Auftrag, wenn man bedenkt …«
    »Trotzdem. Ich baue Hochhäuser, Kirchen, Krankenhäuser und Kaufhäuser, aber keine Leichenhallen! Grundsätzlich nicht. Das ist eine persönliche Ansichtssache, Bramske … Werfen Sie den Brief weg!«
    Am Abend kam Zumbach wie immer pünktlich nach Hause. Seine Frau Luise, schwarzhaarig und von einer eigenartigen exotischen Schönheit, begrüßte ihn mit einem Kuß in der Diele der großen, im barocken Stil eingerichteten Villa.
    Wer Luise Zumbach sah, dem war es unverständlich, daß man diese Frau mit einer anderen betrügen konnte. Sie war das Gegenteil von Margot Großmann … zurückhaltend, sanft, von einer samtenen Fraulichkeit, die bezauberte. Ihr fehlte die tierische Wildheit Margots völlig, dieser immerwährende Angriff auf das andere Geschlecht, diese Provokation erobernder Schönheit. Ihre mandelförmigen Augen unter dem kurzen, glatten Haar waren nicht lockend, sondern geheimnisvoll. Sie war ein Typ Frau, von dem früher die Märchenerzähler im Orient berichteten.
    Zumbach hatte Luise auf einem Presseball kennengelernt und schnell geheiratet, damit ihm keiner zuvorkam. Sie war das Prunkstück seiner Villa und seines äußeren Lebens, ein überall zur Schau gestelltes Juwel, ein Museumsstück der Schönheit.
    »Benno hat schon zum viertenmal angerufen«, sagte Luise Zumbach nach dem Begrüßungskuß. Sie merkte nicht, wie sich der Nacken Heinrichs versteifte. »Margot ist vom Friseur noch immer nicht zurückgekommen.«
    Zumbach lachte kurz. »Blödsinn!« rief er. »Benno übertreibt mal wieder! Rennt mit der Uhr in der Hand 'rum, was? Was wird schon sein? Margot wird eine Freundin getroffen haben, und nun sitzen sie in einem Café und haben sich festgequatscht!«
    »Margot hat das nie gemacht. Sie ist immer pünktlich vom Friseur gekommen.«
    »Es ist immer das erste Mal.«
    »Vom Friseur ist Margot schon um halb zwölf weggegangen …«
    »Hat Benno etwa dort angerufen? Schämt er sich nicht? Er macht sich doch lächerlich! Aber haben wir es nicht immer gesagt, Luise: Wer sich eine um
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