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Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Plätze, Mund abwischen, in die Hände gespuckt und weitergemacht. In den Frikadellen war heute wieder verdammt viel Brot, was, Karle? Und der Wirsing war pappig. Man sollte dem Kantinenkoch mal in den Hintern treten! Oder einfach streiken. So 'n Fraß, das ist doch 'ne verlorene Mittagspause, Karle …«
    Sie zog die Beine an und umfaßte sie. Das Kinn auf die Knie gestützt, starrte sie Zumbach an, wie er sich ganz entkleidete und seine Hose, ordentlich auf Bügelfalte gelegt, über die Stuhllehne hängte.
    »Ich liebe dich, Bärlein«, sagte sie leise.
    Ihre Stimme hatte plötzlich einen anderen, fremden, fast kindlichen Klang.
    »Ich liebe dich wirklich. Nicht bloß, weil Liebe schön ist, weil es Spaß macht, weil es uns guttut wie ein Schinkenbrot oder ein Glas Sekt … nein, ich liebe dich mit allem, was ich habe. Ich hasse dieses Versteckspielen, diese Pension, dieses Zimmer, das diskrete Herumschleichen von Frau Megges, die Lügen zu Hause, das Theaterspielen, wenn wir uns außerhalb dieses Zimmers sehen, diese Heuchlerei, wenn ich deine Frau umarme und sie auf die Wangen küsse, oder wenn du Benno umarmst und eure dicke Freundschaft dokumentierst. Das ist alles widerlich! Warum können wir uns nicht lieben und das vor aller Welt gestehen?«
    »Wir haben ausgemacht, nie mehr darüber zu sprechen, Margot.«
    Zumbach umfaßte ihre Schulter und zog sie an sich.
    Ihr Körper glitt ihm entgegen, und er spürte, wie wild in ihr der Drang zu ihm war. Ihre großen grünen Augen unter dem zerzausten Haar wurden dunkler und glänzender. Er kannte das von vielen Mittagspausen und atmete heftiger.
    »Du bist meine Göttin!« sagte er heiser. »Eine Göttin der Liebe … und den Göttern gehört die Unendlichkeit …«
    Es waren Worte, auf die sie keine Antwort wußte, wie so oft, wenn sie mit ihm zusammen war.
    Sie ließ sich zurückfallen und riß ihn mit sich, und die orangene Sonne zerbarst, wie die ganze Welt auseinanderplatzte in einem Lustgefühl, für das es keinen Namen gab …
    Es war gegen halb zwei, als Margot Großmann in den Armen Zumbachs merkwürdig zu atmen begann. Es klang wie ein helles Röcheln, unterbrochen von einem seufzenden Atemholen, als schnüre ihr etwas die Kehle zu.
    Ihre großen Augen bekamen etwas Starres, Fremdes … Angst schrie in ihnen auf und eine dunkle, schreckliche Ahnung. Noch zitterte ihr Körper in den heißen Wellen der Erregung, aber das Bedrückende, Unbekannte mischte sich bereits hinein.
    Zumbach bemerkte es nicht sofort. Sein Rausch war vollkommen, sein Himmel brannte in tausenden brausenden Feuern.
    Auch Margots Schrei, der ein Schrei sein sollte, aber nur ein Hauchen wurde, riß ihn nicht in die Wirklichkeit zurück. »Mir wird so komisch … Heinrich … ich bekomme keine Luft mehr … Heinrich … Bärlein … Ich … Angst … Angst …«
    Sie versuchte, ihn von sich wegzudrängen, um sich zu schlagen, noch lauter zu schreien, aber ihre Bewegungen waren bleiern, und ihre Stimme erstickte wie in Watte.
    Noch einmal bäumte sie sich auf, stemmte sich gegen das Fremde in ihr an, und überdeutlich spürte sie seine Hände, seine heißen Lippen, seinen Leib und blickte in seine Augen, deren Seligkeit ihr grausam vorkam, bis auch dies alles erlosch und etwas in ihr zerriß mit einem so stechenden Schmerz, daß der Atem stillstand.
    Heinrich Zumbach merkte die Veränderung Margots erst, als er in ihrer Umklammerung Luft holte und still lag. Ihr Drängen in solchen Pausen fehlte, das Zusammenschnappen ihrer Beine über seinem Rücken, ihr gurrendes Lachen, mit dem sie ihre Überlegenheit kundtat. Jetzt lag sie mit geschlossenen Augen da, ganz ruhig, mit gelöstem Gesicht, die Lippen etwas geöffnet.
    Zumbach atmete heftig, streichelte ihr Gesicht und küßte es. Die Lippen waren erstaunlich kalt, und schon wollte er die Bemerkung machen: Mein Liebes, du bist heute schwerer zu schmelzen als ein Eisberg … als ihre Arme von ihm glitten und neben ihr aufs Bett fielen. Plötzlich war er frei von ihr. Langsam klappte ihr Kinn herunter, die Lippen färbten sich bläulich.
    Zumbach begriff noch nicht, was geschehen war.
    Er setzte sich, streichelte ihre Brüste und lachte.
    »Laß den Quatsch!« sagte er und holte tief Luft. Ein Mann von fünfundvierzig Jahren braucht wirklich einen langen Atem, um eine Frau wie Margot lieben zu können, dachte er. Aber es bleibt ein unbeschreiblicher Zauber, sich von ihr besiegen zu lassen. »Komm … spiel nicht die Unterlegene! Du bist der
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