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Zwei Esel Auf Sardinien

Titel: Zwei Esel Auf Sardinien
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Außerdem geht mir dieses laute Gequatsche der italienischen Passagiere auf die Nerven. Was haben die eigentlich alle in München gemacht? Es sind doch gar keine Ferien! Und das Oktoberfest ist auch schon zehn Tage vorbei.
    Na ja, Geschäfte werden sie gemacht haben, was sonst? In München leben angeblich sechzigtausend Italiener, und fast alle arbeiten in der Gastronomie oder besitzen ein Schuhgeschäft. Die Luft hier im Bus wird mit der Zeit nicht besser, und warm scheint es draußen auch zu sein. Die Sonne hat jedenfalls noch enorme Kraft, das merkt man sogar durch die Fensterscheiben.
    Zur Toilette würde ich eigentlich auch gerne gehen. Im Flieger bin ich immer zu faul, mich durch die Reihen zu quetschen. Außerdem mag ich es nicht, wenn dann über mich getuschelt wird. Aha, die Speidel muss aufs Klo!
    Jetzt kommt eine Stewardess mit Sicherheitsbeamten über das Rollfeld. Sie schwenkt Papiere in der Hand und gestikuliert lebhaft. Vielleicht ist George Clooney mit Bodyguards in der Wartehalle und gibt Interviews. Ist mir alles gleich, ich will jetzt raus aus diesem stickigen Bus. Und siehe da, endlich öffnet sich die Tür! Ein unglaublicher Lärm von Hunderten von Stimmen empfängt uns, dazwischen Gemeckere von Ziegen und Schafen, dann wiederum langgezogene » IIIIIIIAAAAAAAAH s« von Eseln. Wütende Stimmen skandieren mir unverständliche Sprechgesänge. Ich sehe nichts, denn die Türen der Halle sind geschlossen, und es müffelt ganz schön nach Ziege!
    Ich kann mir keinen Reim darauf machen. Vielleicht ist eine Maschine mit einem Viehtransport gelandet, und sie müssen jetzt erst mal die Tiere versorgen? Plötzlich muss ich lachen. Wenn ich jetzt zum Beispiel gar nicht auf Sardinien gelandet bin, sondern das nur glaube und wir eine Notlandung auf einer griechischen Insel machen mussten? Na, das wäre eine Erklärung!
    Um mich herum wird laut diskutiert. Ein paar Brocken verstehe ich, aber das meiste ist für mich absolut unverständlicher sardischer Dialekt, in dem sich die Konsonanten mit den Vokalen zu einem Brei vermischen, der tief im Rachen wiedergekäut wird und sich ohne Punkt und Komma in einer Buchstabeneruption entlädt. Fasziniert beobachte ich einen bäuerlich aussehenden Mann, dessen Gesicht bei jedem Wort nur so glüht. Was mag ihn so begeistern? Immer wieder verstehe ich ein Wort, das teilweise enthusiastisch und dann von anderen wiederum verärgert ausgesprochen wird, nur mir sagt es leider rein gar nichts.
    » SCIOPERO , SCIOPERO «, rufen sie, » Pecore Sciopero .« Das muss ein wirklich wichtiger Mann sein, denk ich mir. Schräg vor mir steht ein Pärchen mittleren Alters, offensichtlich ebenso wie ich mit dieser Situation überfordert. Hilfesuchend blicken sie sich in der Menge um, bis dann ihr verzweifelter Blick an mir klebenbleibt. Ich zucke mit den Achseln, um ihnen zu signalisieren, dass ich leider auch nicht weiterhelfen kann. Ich lächle ihnen zu, um sie zuversichtlich zu stimmen. Sicherlich kommt gleich unser Gepäck, und alles wird sich klären. In Italien ticken die Menschen halt anders als bei uns in den nördlichen Gefilden. Mit etwas Humor betrachtet ist das ja auch wieder sehr lustig, und ist es nicht letztlich der Grund, warum wir Deutschen Italien so lieben? Es kann ja nicht nur an den Spaghetti liegen, die kochen wir mittlerweile ebenso gut. Die Frau lächelt zurück, ich nicke noch mal aufmunternd und sage laut: »Es wird bestimmt alles gut. Wenn Sie Probleme haben, können Sie sich ruhig an mich wenden, ich verstehe Italienisch.« Ich hab sie ja wohl nicht alle! Kein Wort verstehe ich. Warum nur hab ich das gesagt? Diesen Satz werde ich noch bereuen!
    Die Rollbänder, auf denen wir sehnsüchtig unsere Koffer erwarten, stehen still. Nichts tut sich, keiner kommt und gibt eine Erklärung ab, warum wir hier wie Vieh im Stall festgehalten werden. Wenigstens eine Ansage könnten sie machen, vielleicht sogar auf Englisch, damit auch die armen Touristen Bescheid wissen. Minute um Minute vergeht, ohne dass sich auch nur das Geringste tut, und in mir steigt leichter Groll hoch. Meine einzige Hoffnung ist, dass Bruno in wenigen Minuten landet und wir dann wenigstens zu zweit in diesem Chaos stehen und er in kürzester Zeit herausfindet, was los ist.
    Und wirklich, ich höre Flugzeugbrummen, das mich hoffnungsfroh stimmt. Plötzlich öffnen sich die Türen zur Eingangshalle. Ich versuche an meinem Platz zu bleiben, schließlich habe ich ja mein Gepäck noch nicht, aber ein
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