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Zwei Esel Auf Sardinien

Titel: Zwei Esel Auf Sardinien
Autoren: authors_sort
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so mutmaßt der einschlägig belesene deutsche Tourist, ist eine Insel mit endlos langen Sandstränden und unglaublich reichen Menschen, die nachts bis in die Puppen feiern und tagsüber ihre Luxuskörper der Sonne entgegenstrecken. Die Costa Smeralda, wo die Gärten der Schönen und Reichen liegen, wie man sie von Luftaufnahmen kennt, wo im Sommer die Boulevardblätter sich die Klinke in die Hand geben, um die neuesten Skandale aufzudecken! Man hat es ja schon immer gewusst, Berlusconi geht fremd!!! Skandal!
    Aber kann ich mich darauf verlassen, dass Sardinien wirklich so ist? Oder muss ich mich vielleicht auf etwas ganz anderes gefasst machen? Soll ich meine Vorurteile pflegen? Hab ich nicht gerade deswegen diese Insel seit Jahrzehnten gemieden, und jetzt kann ich ihr nicht mehr ausweichen! Nicht nur die Frage, in welche Gesellschaft ich hineingerate, beschäftigt mich, sondern auch, wie ich aufgenommen werde, wie ich mich verständige, und nicht zuletzt: WAS ZIEHE ICH AN ?
    Nein, wirklich, verstehen Sie mich nicht falsch, aber hier wird es bereits herbsteln, und dort? Brauche ich einen Pullover, oder kann ich noch im Meer baden?
    Und wie kleidet man sich als Nichtverwandte bei einer so großangelegten Hochzeit?
    Highheels und Spaghettiträgerkleidchen? Und was, um Himmels willen, schenkt man einem italienischen Brautpaar? Schweißperlen zieren meine Stirn angesichts all dieser existentiellen Fragen!

1. Tag – Donnerstag
Ankunft in Cagliari
    Jutta
    Um auf Nummer sicher zu gehen und keinesfalls zu leger gekleidet zu sein, habe ich in München ein cremefarbenes Röckchen mit großen blauen Punkten und ein blaues Oberteil angezogen, dazu cremefarbene Sandaletten mit Absatz und eine passende Handtasche. Als Schutz gegen die Spätsommersonne trage ich einen großen Strohhut, und für plötzliche Schauer oder kalte Winde habe ich einen cremefarbenen Sommermantel. So kann mir nichts passieren – dachte ich.
    Um 9 Uhr 20 besteige ich in München das Flugzeug, um planmäßig um 11 Uhr 10 in Cagliari zu landen. Meinen Reisekoffer mit einem traumhaft schönen petrolfarbenen Cocktailkleid, klassisch elegant und, wie mir scheint, genau richtig für diese folkloristische Hochzeit, habe ich aufgegeben. Man muss sich doch ein bisschen absetzen von der Braut, und außerdem neigen Italiener aus dem Süden zu grauenhaftem Kitsch, was sowohl ihre Kleidung als auch ihren Schmuck angeht. Es ist gut, wenn ich sofort als die tedesca zu erkennen bin.
    Brunos Maschine aus Rom soll eine halbe Stunde nach mir landen, ich kann inzwischen mein Gepäck holen und dann bei einem gemütlichen Cappuccino in der Eingangshalle auf ihn warten. Unser Leihauto steht am Flughafen bereit, wir können gegen Mittag losfahren, gerade rechtzeitig, um eine knappe Stunde später in Gesturi vom harten Kern der Familie der Braut in Empfang genommen zu werden. Dann folgt ein Mittagessen, und Bruno, der zum Trauzeugen erkoren wurde, muss anschließend mit Maurizio zum örtlichen Pfarrer, um die Hochzeit zu besprechen. Ich habe also genügend Zeit, um auszupacken und es mir in unserer Pension gemütlich zu machen. Va bene! Das ist, laut Bruno, unser Plan.
    Wunderschön ist der Anflug auf die Insel. Mindestens eine Viertelstunde lang fliegen wir an der Ostküste mit ihren schneeweißen Stränden und wunderschönen Häusern entlang, und insgeheim träume ich von einem Häuschen hier, nur ein klitzekleines, maximal fünf Minuten vom Strand entfernt. Wie lange schwärme ich schon von einem Balkon mit Blick aufs Meer, wo ein Tisch und zwei Stühle Platz haben. Sonst nichts. Ein Balkon zum Träumen und Genießen.
    Nach der Landung sitzen wir erst mal im Bus fest, der uns an der Gangway erwartet hat. Keine Ahnung, warum es nicht weitergeht! Endlich setzt er sich, nach einer gefühlten Viertelstunde, in Bewegung, ohne dass auch nur irgendjemand eine Erklärung abgegeben hätte. Aber das kenne ich schon aus Italien. Sicher musste der Fahrer noch einen wahnsinnig dringenden Anruf tätigen. Italiener lassen alles stehen und liegen, wenn ihr telefonino klingelt, und dann reden sie so laut und vor allem lange, dass jeder um sie herum mitbekommt, wie wichtig sie sind.
    Es darf nicht wahr sein, jetzt hält der Bus vor der Halle und macht die Türen nicht auf!
    Wenn das so weitergeht, muss nicht ich auf Bruno warten, sondern er auf mich. Passt mir gar nicht, weil ich gerne noch einen Cappuccino trinken würde, immerhin bin ich ja schon um sechs in der Früh aufgestanden.
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