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Zwei Esel Auf Sardinien

Titel: Zwei Esel Auf Sardinien
Autoren: authors_sort
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nachts liegen wir uns in den Armen und beobachten die Sterne … Hektisch greife ich mir das letzte Stück Pizza vom Teller – und dann zum Telefon.
    »Ach, tesoro , ich bin so richtig romantisch gestimmt …«

Die Einladung
    Jutta
    Als die Sonne den letzten Schnee aufleckt, flattert eine vielversprechende Einladung in mein Haus in München. Vorausgegangen war ein Anruf im Januar von Bruno, ich möchte mir doch unbedingt Mitte Oktober eine Woche freihalten, denn uns erwarte eine grandiose Einladung. Mehr wolle er jetzt nicht verraten, aber ich würde staunen, denn so was hätte ich bestimmt noch nie erlebt. Bruno liebt es, mich auf die Folter zu spannen.
    Sofort gehe ich in Gedanken meinen Kleiderschrank, meinen Schuhschrank, meine Handtaschen und die Schmuckschatulle durch, um festzustellen, dass fast alles zu alt und viel zu häufig getragen ist und ich außerdem schon lange nach einem Grund suche, mir was Schönes zu kaufen. Vielleicht brauche ich ja auch einen neuen Hut?
    So öffne ich den rosaroten Umschlag, überlege noch, wer denn jetzt eine Tochter bekommen haben könnte, um in schnörkeliger goldener Schrift zu lesen, dass sich Maurizio die Ehre gibt, seine Giulia zu ehelichen, und man doch größten Wert darauf legt, die bucklige italienische Verwandtschaft nebst ihren Angebinden an der Seite zu haben, um diesen wichtigen Tag im Leben gemeinsam zu zelebrieren. Da Giulia, die schon jahrelang in Rom an Maurizios Seite lebt, eine echte Sardin ist, aber Großmutter, Großvater sowie sicherlich fünfzig Cousinen und Cousins und bestimmt auch Mama und Papa die Insel nur im äußersten Notfall verlassen, findet die Hochzeit tief im Süden Sardiniens in einem Dorf namens Gesturi statt. Maurizio ist einer von Brunos unzähligen Cousins, wie ich wenig später am Telefon erfahre.
    Er freue sich riesig über diese unerwartete Einladung, hätte man sich doch in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren. Der Umstand, dass Bruno eigentlich gar nicht so genau weiß, ob er Giulia überhaupt schon mal gesehen hat, hört sich nicht gerade nach tiefen verwandtschaftlichen Beziehungen an. Aber in Italien will das gar nichts heißen, denn: La famiglia è la famiglia . Wir haben zu kommen, ohne Wenn und Aber. Es scheint die Familie auch gar nicht zu stören, dass Bruno geschieden ist und mit einer tedesca aus Bayern zusammenlebt. Sicherlich nehmen sie an, dass ich ständig in Rom um ihn herumscharwenzle, die brave Hausfrau gebe und selbstredend un italiano perfetto quatsche, am besten noch römischen Dialekt. Man kann nämlich einem Italiener unmöglich zumuten, Deutsch zu lernen. Diese Sprache ist kalt und hart und völlig unsexy, und jeder Mensch muss sich doch glücklich schätzen, die schönste Sprache der Welt sprechen zu dürfen.
    Wie schwer sich diese metaphernreiche Sprache erlernen lässt, wenn man über grazie und prego hinauswill, kann sich ein Italiener nur schwer vorstellen. Bei Gott, ich bin wahrlich kein Sprachgenie und tue mich wirklich schwer damit. Wenn dann noch mein Gegenüber in rasendem Tempo Dialekt spricht, verstehe ich nulla . Warum haben eigentlich Italiener nie Zeit, langsam und deutlich zu sprechen? Wahrscheinlich, weil sie immer so unglaublich viel in einen schlichten Satz reinpacken wollen. Sie gehen nicht einfach mal kurz Brot holen, sondern erzählen ausgiebig, warum es eigentlich gerade ein ungünstiger Zeitpunkt für sie ist und man doch wirklich Wichtigeres zu tun habe. Aus allem wird ein großes Theater gemacht. Natürlich gibt’s sone und solche – und ich hab eben so einen an meiner Seite. Ein Schelm, wer Schlimmes dabei denkt!
    Man sollte meinen, die Aussicht, Mitte Oktober nochmals in wärmere Gefilde fliehen zu dürfen, stimmt mich glücklich. Aber derart langfristige Verabredungen machen mich eigentlich immer nervös. Weiß ich denn, ob in einem halben Jahr etwas Wichtiges ansteht? Vielleicht stecke ich mitten in einem Film oder liege mit Grippe im Bett? Aber bei dieser Einladung wird keine Ausrede akzeptiert, denn hier heißt es: Mitgefangen, mitgehangen! Gerne auch Sippenhaft genannt. Das ist überhaupt eine gute Bezeichnung für italienische Verhältnisse.
    Ich will keinesfalls undankbar erscheinen, es gibt ja nun wirklich Schlimmeres, als zu einer Hochzeit nach Sardinien zu fliegen und eine Woche richtig gut zu essen, viel zu lachen und mit entzückenden alten Männern Ballu Sardu, den sardischen Volkstanz, zu tanzen, der einem die Tränen in die Augen treibt. Sardinien,
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