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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)
Autoren: Alexandra Pilz
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situierten Männern muss für eine wie sie einfach zu verlockend gewesen sein.«
    »Eine wie sie? Sie meinen, sie ist …« Der Pförtner vollendete den Satz nicht, doch seine Bedeutung drang zu Emily durch, vorbei an all den Nebelschichten in ihrem Kopf. Sie versuchte zu sprechen, aber sie schaffte es nicht.
    »Ganz sicher ist sie das, sehen Sie sie doch an«, hörte sie Quayles abfällige Antwort, und Carl schnappte nach Luft. »Sie saß heute Mittag schon in meiner Vorlesung – da waren die Haare noch violett .« Er blieb abrupt stehen und Emilys Kopf schleuderte hart gegen seine Brust. Er roch nach kaltem Zigarettenrauch und einem süßen Aftershave, das in ihr einen Würgereiz auslöste.
    Carl, der Portier, schien es zu bemerken. »Was ist mit ihr?«, fragte er besorgt. »Sie sieht grauenvoll aus.«
    Emilys Kopf wippte, als Quayle mit den Schultern zuckte. »Ein Schnaps zu viel, würde ich schätzen«, antwortete er. »Sie hat mich in der Bar aufgerissen und dann ordentlich zugelangt.« Er schob Emily ein Stück von sich weg und riss ihr dann die Tasche aus der Hand, die sie nach wie vor umklammert hielt.
    »Hier, sehen Sie nach«, forderte Quayle den Portier auf. »Ich wette, sie hat sich das Namensschild von Mrs. Browser unter den Nagel gerissen. Stephen hat vorhin danach gesucht, Sie erinnern sich?«
    Abermals schnappte Carl geräuschvoll nach Luft. »Ich habe beiden ein neues ausstellen müssen«, erklärte er empört. Er ließ Emilys Arm los und kramte das Namensetikett aus ihrer ansonsten leeren Clutch. »Nicht zu glauben«, murmelte er. »Ich informiere den Geschäftsführer.«
    Auch Quayle ließ nun Emilys Arm los, legte seinen aber stattdessen um ihre Taille, um sie besser stützen zu können.
    Ich bin ein Fisch , schoss es Emily durch den Kopf. Wabbelig. Wabbelwabbel.
    »Meinen Sie wirklich, das ist notwendig?«, fragte Quayle. »Sehen Sie sie doch an – heute wird sie nichts mehr ausrichten können.« Er musste die beinahe leblose Emily fest an sich drücken, um sie weiter zur Ausgangstür bewegen zu können. »Ich bringe sie nach draußen«, erklärte er bestimmt. »Ein paar Meter die Straße hinunter ist so ein Rocker-Schuppen. Ich wette, irgendjemand dort kennt die Kleine.«
    Emily reagierte nicht.
    Der Portier sagte: »Also gut, kommen Sie, Mr. Quayle, ich helfe Ihnen.«
    Wahwah , machte es in Emilys Hirn.
    Dann klackte und surrte es, und plötzlich spürte sie Wind auf ihrem Gesicht und Quayles Atem an ihrem Hals. Er sagte etwas zu ihr, doch die Worte ergaben überhaupt keinen Sinn. Seine Stimme waberte wie Brei in ihren Ohren. Eine Böe liftete Emilys Pony und kühlte den Schweiß auf ihrer Stirn.
    »Keine Sorge«, flüsterte Quayle. »Du wirst jetzt nicht sterben. Noch nicht.«
    Quayle zog Emily nicht gerade sanft neben sich her, doch von außen betrachtet konnten sie genauso gut ein Liebespaar darstellen: Mit beiden Armen hielt er sie umschlungen, eine Hand berührte ihren Nacken, und so taumelten die zwei wie im Rausch die Straße hinunter. Es war erst kurz nach halb sechs, der Abend noch hellgrau, doch das wankende Paar bewegte sich unbemerkt in den Schatten der Häuser. Lautlos, so weit es Quayle betraf, schleppend in Emilys Fall. Sie bemühte sich, die Augen offen zu halten, aber sie fielen ihr immer wieder zu. Sie strengte sich an, Quayles Arme von ihrem Körper zu schieben, doch alle Versuche blieben erfolglos.
    Vor ihnen, vielleicht zehn, zwölf Meter entfernt, flimmerte das Schild der Punk-Kneipe gegen den Himmel. »Wasted« sollte darauf zu lesen sein, das wusste Emily von ihrer Ankunft am Nachmittag. Nun aber konnte sie lediglich WWWAAASSS entziffern, dann flatterten ihre Lider wieder zu.
    Allmählich wuchs die Verzweiflung in ihrem Inneren zu brennender Panik heran.
    Sie wollte doch um Hilfe rufen, aber sie konnte es nicht.
    Wohin brachte er sie?
    Die frische Luft hatte ihren Geist geschärft, ihr Körper aber bewegte sich wie ein Sandsack im Meer.
    So hatte sie Quayle nichts entgegenzusetzen, als er kurz vor dem Lokal bei einem Wagen stehen blieb, die Beifahrertür öffnete und sie in den Sitz drückte. Sie ließ ihren Kopf nach hinten an die Nackenstütze rollen und schloss die Augen.
    O Gott, das war schiefgelaufen. Sie hatte geglaubt, das Richtige zu tun, allein in dieser Bar, aber mit dem sicheren Gefühl, dass Matt über sie wachte. Womöglich war es naiv gewesen, Quayle so zu provozieren – ihn ahnen zu lassen, dass sie wusste, und dann … von der Cola zu trinken, die er
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