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Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)

Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)

Titel: Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)
Autoren: Filomena Nina Ribi
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sein?“
    „Ja.“
    Ich öffnete meine Box und zog die Brille heraus, um sie aufzusetzen. „Wunderbar – jetzt sehe ich wieder scharf.“ Ich schaute Mona an. „Oh, mein Gott! Was hast du denn gemacht? Was ist passiert?“
    Monas Gesicht war glatt wie das einer Zwanzigjährigen.
    Sie schmunzelte: „Das, was du jetzt siehst, ist mein Inneres – das ist meine Seele. Du siehst das Spiegelbild meiner Seele.“
    „Erstaunlich! Du siehst jünger aus als ich!“
    „Du kannst es als eine Art Reinigung meiner Seele betrachten: Ich kehre langsam zurück zur Unschuld und Reinheit. Und das ist für dich.“ Mona händigte mir ein Stück zusammengefalteten Stoffs aus.
    Ich nahm es entgegen und entfaltete es: Es war ein Kleid. Ich schlüpfte sofort hinein, obwohl mein Bikini noch nass war. Ich hatte nicht vor, mich auszuziehen um mich trocknen zu lassen – man konnte ja nicht wissen, wer einem hier vielleicht plötzlich begegnete …
    Ich war älter geworden, aber die Gewohnheit, Kleider mit blumigen Mustern zu tragen war nach wie vor vorhanden – nur die Kleidergröße hatte sich inzwischen verändert und war stets länger geworden.
    Eine gelbe Nuance drängte jetzt die rote Färbung des Himmels zur Seite. Wir schauten alle gleichzeitig in Richtung des offenen Meeres, wo wir die Quelle dieses Lichtes vermuteten. Auf einmal tauchte ein gigantisches glühendes Objekt auf, als ob es direkt aus dem Wasser käme – es war ein Stern. Diese Sonne war etwa zehnmal so groß wie die, die ich in meinem vertrauten Sonnensystem zu sehen gewohnt war. Ich war zurück in der Zwischenwelt, da war ich mir nun sicher – und einiges hatte sich inzwischen geändert.

Die Höhle
    M ein Ziel war der Briefkasten am anderen Ende der Straße. Mit dem Brief in der Hand war ich mit meiner Hündin Frida unterwegs, als ich von weitem eine unsympathische Nachbarin erkannte: die schreckliche Doris. Auf sie hatte ich an jenem Tag wirklich keine Lust. Also entschloss ich mich, von der asphaltierten Straße abzuzweigen und im Kastanienwald den Berg steil hinauf zu wandern, um sicher zu sein, mich in einer wirklich menschenleeren Gegend zu befinden. Mir war nicht danach, mich mit Leuten zu unterhalten – und mit Doris schon gar nicht. Da ich auf dem „normalen“ Spazierweg fast alle kannte, war dies also die einzige Möglichkeit, alleine zu sein.
    Es war Hochsommer, die Erde war trocken und es herrschte wieder ein absolutes Feuerverbot, weil es seit zwei Monaten nicht mehr geregnet hatte. Die Bäume des Waldes hatten viel Laub fallen lassen, weil sie unter der Dürre litten – so knirschte es bei jedem Schritt wie im Herbst. Nach einer Stunde Marsch erreichte ich die Höhe, wo zahlreiche Granitfelsen aus dem Boden hervorragen. Wenn man vom Tal aus zu den Bergen hinaufschaut, ragen die massiven Felsen als graue Spitzen mitten im Wald empor. Mit der Zeit hatten spärliche Bäche hier steile Schluchten gegraben. Andererseits gab es auch exponierte Stellen, wo die Felsen so flach wie der umliegende Boden waren und vom Wind vegetationsfrei gehalten wurden. Gelegentlich – insbesondere nach starken Niederschlägen – strömte ein Wasserfall darüber und polierte das Gestein noch mehr.
    Frida war nicht an der Leine und frei auf Spurensuche. Sie lief jetzt nur noch mit gesenkter Schnauze kreuz und quer, schnupperte am Boden wie ein lebendig gewordener Staubsauger. Plötzlich hob sie den Kopf und erstarrte in dieser Position.
    „Frida, halt!“, ermahnte ich sie.
    Ich wusste, was das bedeutete: Sie hatte etwas entdeckt und war kurz davor, Gas zu geben und loszurennen.
    „Frida! Halt!“, rief ich erneut.
    Bei ihr war der erste Befehl niemals gültig – man musste ihn immer mehrmals aussprechen, damit sie ihn auch als ernst gemeint einstufte.
    „Nein! Halt!“
    Frida stand erfroren wie eine Statue, eine Vorderpfote hing in der Luft. Sie machte jetzt keine Bewegung mehr und starrte den Wald hinauf – kein gutes Zeichen. Ich schaute ebenfalls dorthin und versuchte, etwas zu erkennen. Plötzlich war jedes Leben aus dem Kastanienwald entwichen – kein einziger Ton war mehr hörbar; kein Geräusch, kein singender Vogel oder hämmernder Specht, nichts. Diese Stille war unüblich. Wir blieben beide auf Empfang und warteten darauf, dass etwas geschah.
    Auf einmal hörte ich ein lautes Stampfen und Rascheln. Erschreckt versuchte ich, die Quelle des Geräuschs auszumachen, aber als ich die Bewegung endlich orten konnte, sah ich nur noch die weißen Hinterteile
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