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Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)

Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)

Titel: Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)
Autoren: Filomena Nina Ribi
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zündende Idee zu erhalten. „Was nun?“, fragte ich mich.
    Ich zog den Neoprenanzug aus, darunter trug ich meinen Badeanzug. Ich legte das Neopren-Zeug auf den Sand, dann setzte ich mich einfach hin und wartete. Eigentlich war es ein wunderbarer Ort, um sich aufzuhalten. Ich legte mich auf den Rücken, verschränkte die Arme unter meinem Kopf und betrachtete den roten Himmel. Eine dramatische, mit einem Piano gespielte Melodie kreuzte meine Gedanken.
    „Abartige Farbe!“, dachte ich, wie ich weiter in den roten Himmel starrte. „Wo befinde ich mich eigentlich hier? So stelle ich mir die Erde kurz vor ihrem Ende vor, weil sich die Sonne zu einem Roten Riesen gewandelt hat und unseren Planeten bald zum Schmelzen bringen wird.“ Bei diesem Gedanken fühlte ich mich seltsamerweise sehr entspannt. Es war, als ob ich eine unbeteiligte Zuschauerin wäre, die passiv einen Film anschaut: Weltuntergang? – Macht nichts.
    „Was würde ich denn am letzten Tag meines Lebens machen, wenn ich wüsste, dass es mein letzter Tag ist?“, überlegte ich mir. „Muss ich mich noch bei jemandem entschuldigen? – Nein, ich habe keine offenen Rechnungen. Gibt es noch etwas, das ich erreichen möchte? – Nein, eigentlich bin ich jetzt ganz zufrieden mit meinem Lebenslauf.“
    Das Meer bewegte sich kaum, aber ich hörte die kleinen Wellen sich sanft am Ufer brechen und ein frischer Meeresduft hing in der Luft. Ich setzte mich wieder auf, fasste eine Handvoll Sand und ließ die Sandkörner langsam hinunterrieseln. Dabei war mir bewusst, dass es sich nicht nur um einfache Körner handelte, sondern dass der Sand auch aus zahlreichen klitzekleinen Schalen von gestorbenen Muscheln und aus Korallenskeletten bestand. Die Molluskenschalen hatte ich einmal in einem Binokular sehen können und wusste schon, dass Sand nicht einfach nur Sand ist.
    „Ah – da ist doch etwas“, fiel mir ein. „Ich müsste jemandem sagen, dass ich ihn liebe. Ja, das würde ich noch gerne tun, bevor ich gehe – das wäre dann aber wirklich das einzige, was mich noch juckt.“
    Eine Gestalt erschien am Horizont. Eine weiß bekleidete Person, die einen großen Hut trug, wanderte am Ufer entlang und näherte sich. Ich stand auf, entfernte die nassen Strähnen aus meinem Gesicht und zupfte an meinem Badeanzug, um ihn in Form zu bringen. Dabei fiel mein Blick auf meine Hände: „Was haben sie schon alles durchgemacht“, dachte ich. Jetzt kamen sie mir ziemlich alt und verrunzelt vor. Als ich wieder hochschaute, stand die Gestalt plötzlich vor mir – so schnell hatte ich sie gar nicht erwartet.
    „Laura! Schön, dich wiederzusehen!“, sagte die elegante Dame im weißen Kleid.
    Ich umarmte sie. „Mona! Es ist lange her, nicht wahr?“
    Mona nickte.
    „Das letzte Mal, als ich hier gewesen war, war ich auf der Suche nach Sara gewesen“, sagte ich ihr. „Kannst du mir diesmal vielleicht helfen, Rob zu finden?“
    „Schau! Da kommt jemand!“ Mona zeigte mit der Hand auf das offene Meer.
    Ein Punkt war weit außen an der Oberfläche des Wassers sichtbar – Robs Kopf. Er bewegte sich rasch in Richtung Ufer; er war auch schon immer ein guter Schwimmer gewesen. Ich eilte ihm entgegen und rannte dabei durchs seichte Wasser.
    „Ist alles gut? Geht’s dir gut?“, erkundigte ich mich.
    „Ja, keine Sorge, alles in Ordnung“, antwortete er, während er seine Arme um mich schlang und mich lange nicht mehr losließ. Anschließend starrte er mich besorgt an: „Und bei dir? Ist noch alles dran?“
    „Ja – außer meiner Sichtbrille, die ich mir um die Hüfte gebunden hatte; die ist natürlich weg.“
    „Wo um Himmels Willen sind wir? Ich dachte schon, du wärst tot!“
    „Ich dachte auch, ich würde sterben: Es gab so viele Ausgänge und ich konnte den richtigen nicht mehr finden. Und dann waren die drei Minuten um und ich hatte den Rückweg immer noch nicht gefunden. Ich dachte, ich ertrinke und das war’s dann!“
    „Ich hab auf dich gewartet, aber als ich gesehen habe, dass du das Seil vergessen hattest, bin ich auch hinuntergetaucht, um dich zu suchen – ich wollte es dir bringen. An der ersten Gabelung bin ich links abgebogen, dort warst du aber nicht. Also bin ich umgekehrt und habe die rechte Seite der Gabelung genommen. Auf einmal hörte ich diesen Ton – wie Steine, die unter Wasser rollen: als ob ein Erdrutsch stattgefunden hätte.“
    Dass Rob so mitteilungsbedürftig war, war eine ziemliche Ausnahme. Ich hörte ihm gespannt zu, als er fortfuhr:
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