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Zur Leidenschaft verfuehrt

Zur Leidenschaft verfuehrt

Titel: Zur Leidenschaft verfuehrt
Autoren: Penny Jordan
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nicht, da er es offensichtlich erwartete.
    „Ach ja?“ Wieder reckte sie das Kinn, eine Angewohnheit, mit der sie sich bereits als Kind vor elterlicher Kritik zu schützen versucht hatte. „Nun, ich denke, ich darf Sie trotzdem darauf aufmerksam machen, dass der Zutritt zu diesem Garten aus Sicherheitsgründen verboten ist … sogar für Menschen mit einem Titel. Deshalb hängen hier nämlich überall die Warnschilder. Im Übrigen schlage ich vor, dass Sie sich an die zuständige Behörde wenden, falls Sie an den Restaurierungsarbeiten irgendetwas zu bemängeln haben!“
    Raphael starrte sie in wütender Ungläubigkeit an. War das die Möglichkeit? Sollte es diese Ausländerin – eine Britin, dem Akzent nach zu urteilen – allen Ernstes wagen, ihm den Zutritt zu diesem Garten zu verweigern?
    „Hören Sie, ich bin nicht irgendjemand. Der Garten war früher im Besitz meiner Familie, und einer meiner Vorfahren hat ihn der Stadt vermacht.“
    „Das ist mir bekannt“, erwiderte Charley. Sie hatte sehr sorgfältig recherchiert, nachdem man ihr die Projektleitung übertragen hatte. „Der Garten war ein Geschenk der Ehefrau des ersten Grafen an die Bewohner der Stadt. Sie wollte sich damit für die Gebete der Menschen bedanken, weil sie nach vier Töchtern endlich einen Sohn zur Welt gebracht hatte.“
    Raphaels Mund verdünnte sich zu einem schmalen Strich, bevor er erwiderte: „Danke. Ich kenne meine Familiengeschichte.“
    Und die Vorstellung, dass der Garten, der Teil dieser Familiengeschichte war, derart verschandelt zu werden drohte, erfüllte ihn mit einem unbändigen Zorn, der sich jetzt ganz aktuell gegen Charlotte Wareham richtete. Sie war eine betont unauffällige junge Frau, ungeschminkt, mit braunem, von ein paar helleren Strähnen durchsetztem Haar, der es offenbar ziemlich egal war wie sie aussah. Im Vergleich mit den atemberaubend schönen Frauen aus der Renaissance schnitt sie genauso niederschmetternd schlecht ab wie diese grässlichen Imitate im Vergleich zu den prachtvollen Originalen, die einst den Garten geschmückt hatten.
    Er schaute wieder auf Charley und runzelte irritiert die Stirn, weil ihn sein zweiter Blick auf sie zwang, seine eben getroffene Einschätzung leicht zu revidieren. Jetzt konnte er sehen, dass ihr ungeschminkter rosa Mund weich wirkte. Die Lippen waren voll und schön geschwungen, Nase und Kinnpartie elegant geformt. Und ihre langbewimperten Augen waren jetzt nicht mehr einfach nur blau, sondern leuchteten blaugrün wie die sturmumtoste Adria.
    Völlig egal wie sie aussieht, dachte Raphael wütend.
    Als Charley einfiel, dass ihre Eltern sie immer wieder ermahnt hatten, nicht gleich mit einer Bemerkung herauszuplatzen, sondern erst nachzudenken, wurden ihre Wangen vor Verlegenheit heiß. Bis zu diesem Moment war sie eigentlich davon ausgegangen, dass sie mittlerweile gelernt hatte, ihre Spontaneität im Zaum zu halten, aber dieser Mann hier, dieser … dieser Graf hatte ihr bewiesen, dass sie sich geirrt hatte. Er hatte sie schlicht auf dem falschen Fuß erwischt, aber sie war wild entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen.
    „Schön, aber auch wenn Sie der Graf von Raverno sind, ist mir doch nicht bekannt, dass Sie in irgendeiner Form an diesem Projekt beteiligt wären. Soweit ich weiß, ist die Stadt für die Restaurierung des Gartens zuständig, ungeachtet der Rolle Ihrer Vorfahren. Sie haben kein Recht, hier zu sein.“
    Titel hin oder her, sie war jedenfalls entschlossen, sich nicht von ihm einschüchtern zu lassen. Das Projekt lag ihr ohnehin seit Wochen schwer im Magen. Ihr Chef hatte ihr das Leben so zur Hölle gemacht, dass sie am liebsten alles hingeworfen hätte. Was in Krisenzeiten wie momentan allerdings wenig ratsam war. Deshalb hieß es für sie: Gute Miene zum bösen Spiel machen. Ihre Familie – zwei Schwestern und ihre beiden kleinen Neffen – war dringend auf ihr Einkommen angewiesen, besonders nachdem die Firma ihrer älteren Schwester Lizzie ebenfalls schwer unter der anhaltenden Wirtschaftskrise zu leiden hatte.
    Und ihr Chef glaubte ihr ständig unter die Nase reiben zu müssen, dass sie bei der hohen Arbeitslosigkeit froh sein konnte, überhaupt noch einen Job zu haben. Aber Charley wusste natürlich, warum er das dauernd so betonte: Weil es seine Tochter, die seit Kurzem ebenfalls in der Firma arbeitete, auf ihre Stelle abgesehen hatte. Als ihr zu Ohren gekommen war, dass Charley die Leitung für das neue Projekt in Italien übernehmen sollte,
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