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Zum weißen Elefanten

Zum weißen Elefanten

Titel: Zum weißen Elefanten
Autoren: Mary Scott
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dann drängte Wilfrid seine Tochter in den Wagen. In diesem Moment erschien Tony, gerade rechtzeitig, um Katherine einen herzlichen Kuß zu geben, ihr zu erzählen, daß sie ihm das Herz gebrochen habe, Wilfrid die Hand zu schütteln und schützend den Arm um Jane zu legen. Das war Katherines letzter Eindruck von ihrer Kusine, eine kleine verlassene, auf der staubigen Straße stehende Gestalt, die in Tonys festem Arm unerschütterlich winkte.
    »Ich fürchte, Jane wird es schwernehmen«, sagte sie betrübt, als sie sich auf ihrem Sitz zurechtsetzte. »Aber Tony wird sich um sie kümmern. Weißt du, es würde mich gar nicht wundern, wenn sie ihn am Ende heiraten würde«, lächelte sie ihren Vater glücklich und zufrieden an.
    »Diesen jungen Kerl? Wo denkst du hin! Jane wird jemand ganz anderen heiraten«, erwiderte er, aber Katherine fragte nicht, was er meinte, denn gerade in diesem Augenblick fuhren sie an dem Laden vorbei, und sie lehnte sich aus dem Fenster, um Hugh und Nora liebevoll zuzuwinken. »Und jetzt sind wir wirklich weg«, sagte sie, als der kleine Laden aus dem Blickfeld verschwand und sie in die Hauptstraße einbogen. Einen Moment lang legte sie ihre Hand an den Arm ihres Vaters, und er schaute auf sie herunter, wodurch er beinahe mit einem Auto aus der entgegengesetzten Richtung zusammengestoßen wäre.
    »Verdammt noch mal«, fluchte Philip Park ins Leere und dann: »Lieber Himmel, ich glaube, das waren Katherine und ihr Vater. Was ist denn nun wohl los?«
    Er fuhr schnell weiter, mit einem unbestimmten Gefühl des Unbehagens.
    Als der Wagen um die Kurve verschwunden war, dort, wo sie erst vor achtzehn Monaten den >Weißen Elefanten< zum ersten Mal gesehen hatten, stieß Jane Tonys Arm weg und rannte ins Haus. Sie biß fest auf das Taschentuch, das sie so elegant geschwenkt hatte, aber trotz ihrer verzweifelten Versuche, sich zu beherrschen, brach sie in Schluchzen aus. Sie rannte in die Küche, schloß die Türe und betete, daß Tony so vernünftig sein würde, ihr nicht zu folgen.
    Aber er war sehr besorgt und fest entschlossen, zu helfen. Wenn die arme kleine Jane je einen Freund gebraucht hatte, dann brauchte sie ihn jetzt. Diese herzlose Hexe! Aber wie schön sie war, dachte er und seufzte, ohne es zu wollen, dann lachte er über sich selbst. Schönheit, würde sein Onkel sagen, ging nicht unter die Haut, und sie hatte Jane ganz scheußlich im Stich gelassen. Außerdem, was sollte mit Ostern werden?
    Er rannte Jane nach, öffnete die Tür und sagte: »Komm her, meine Gute, es tut mir ja so leid. Kann ich irgend etwas tun?«
    Die Antwort war beunruhigend. Mit einem lauten Schluchzen, das wie ein häßlicher Schluckauf klang, warf sich Jane in seine Arme.
    Tony war zu gutmütig, als daß er nicht seine Arme fester um Jane geschlossen und liebe, tröstende Worte in ihren Nacken geflüstert hätte. Aber in seinem Innersten war er erschüttert. Hastig sagte er sich, daß im Sturm das Schicksal jeden Hafens so aussah, dann dachte er verärgert, daß er sich auch schon die Klischees von seinem Onkel George angewöhnte. Aber er war sicher, daß Jane genausowenig in ihn verliebt war, wie er jetzt in sie. Natürlich sprach man viel davon, daß eine abgewiesene Liebe eine schicksalhafte Gegenwirkung auslöste, und Jane hatte ihre Kusine sehr geliebt; vielleicht war es bis jetzt die stärkste Gefühlsbindung ihres Lebens gewesen. Und jetzt wandte sie sich mit aller Gewalt ihm zu.
    Sie sagte nichts, denn sie weinte zu sehr, um zu sprechen. Tony streichelte und tröstete sie, ohne eine richtige Wirkung zu erzielen. Erschreckt merkte er, daß er diesmal in der Patsche saß, nervös wartete er darauf, daß Jane jeden Moment ihr kleines tränenüberströmtes Gesicht zu dem seinen hochhob. Dann mußte er es natürlich küssen. Kein anständiger Kerl könnte sich anders verhalten. Und hinterher? Das war eine schöne Bescherung. Mit ungeheuerer Erleichterung hörte er, wie eine Stimme sagte:
    »Hallo, was ist los? Jane, was ist denn bloß passiert?«
    Jane wußte, wer es war und klammerte sich fester an Tony. Wieder der Schachtelteufel und im unpassendsten Augenblick. Tony erkannte die Stimme mit tiefer Dankbarkeit gegenüber der Vorsehung und löste seine Umarmung. Zwei andere Arme ersetzten die seinen, und eine Stimme sagte ruhig: »Geh nur, Tony. Das weitere übernehme ich.«
    Tony sagte nicht »Danke«, aber er empfand es. Von seiner weinenden Last befreit, stand er einen Moment verlegen da, dann antwortete
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