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Zum Morden verflucht

Zum Morden verflucht

Titel: Zum Morden verflucht
Autoren: Andrew Hathaway
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den Bus zu Peters Wohnung erreichte, der gerade aus der Station abfahren wollte.
    »Gwendolin?« Peter Bower wirkte überrascht und betreten, gab aber dann den Eingang frei. »Komm rein, Gwen ! «
    Trotz ihrer eigenen Sorgen merkte das Mädchen, daß mit ihrem Freund etwas nicht in Ordnung war. Innerhalb der letzten Stunden entwickelte sie förmlich einen sechsten Sinn dafür, wenn etwas Außergewöhnliches geschehen war.
    »Bist du allein?« fragte sie, während sie die kleine Wohnung betrat. »Ja? Du siehst aus, als hättest du ein Mädchen im Schrank versteckt.«
    »Gwen!« Peter hob beschwörend die Hände. In seinen braunen Augen stand ein unruhiges Flackern. »Gwen, hör mir mal gut zu!«
    »Das hat vor einer knappen Stunde auch Jane zu mir gesagt«, bemerkte Gwendolin bitter. »Ich solle ihr gut zuhören. Aber vielleicht hörst du mir mal zu.« Sie ließ sich in einen niedrigen Sessel fallen und schlug die Beine übereinander. Bisher hatte das immer auf Peter gewirkt, aber diesmal setzte er sich wie ein geprügelter Hund ihr gegenüber, ohne auf ihre langen, schlanken Beine zu schauen.
    »Was wollte Jane von dir?« platzte sie mit einer direkten Frage heraus.
    Peter zuckte erschrocken zusammen. »Woher weißt du . . .?«
    »Ich wollte dich anrufen, aber Jane meldete sich am Telefon. «
    »Jane hat mit dir gesprochen? Mir sagte sie, es wäre eine falsche Verbindung gewesen.« Peter war ehrlich überrascht.
    »Du hast mit ihr geschlafen, nicht wahr?« Gwendolin wunderte sich selbst über den nüchternen, sachlichen Ton, in dem sie ihre Frage stellen konnte. Peter nickte. Es tat ihr nicht einmal weh, und das wunderte sie noch mehr. Vielleicht kam das daher, daß sie Vorahnungen hatte, böse Vorahnungen kommenden Schreckens, neben dem ein Seitensprung ihres Geliebten wie ein harmloser Scherz wirkte, auch wenn es mit ihrer eigenen Schwester geschehen war.
    »Peter«, unterbrach sie nach einiger Zeit das eingetretene Schweigen. »Peter, ich habe erfahren, daß insgesamt wenigstens drei Mädchen scheinbar völlig den Verstand verloren haben, drei Mädchen, die plötzlich wie ausgewechselt sind. Alle drei verhalten sich gemein, brutal und rücksichtslos. Und alle drei besuchen dasselbe College -und die Vorlesung von Dr. Emerson.«
    »Na und? « Der junge Mann verstand nicht. »Was hat Dr. Emerson damit zu tun?«
    »Ja, was hat Dr. Emerson damit zu tun?« wiederholte Gwendolin. Sie nagte an ihrer Unterlippe, dann warf sie den Kopf in den Nacken, daß ihr die Haare aus dem Gesicht flogen. »Peter, ich werde nicht zulassen, daß jemand Jane zerstört. Ich werde etwas unternehmen.«
    »Aber was?« Peter hob ratlos die Schultern und ließ sie wieder sinken.
    »Das weiß ich noch nicht, aber ich kann nicht untätig zusehen. Ich fühle, daß etwas Grauenhaftes auf mich zukommt, und ich will mich wehren.« Sie schauderte, als sie an die zerstochenen Augen ihrer Eltern dachte, leere Höhlen, die ihr von der Fotografie entgegenstarrten.
     
    Die niedrig hängende Wolkendecke verlegte die Dämmerung um mindestens eine Stunde vor, so daß es schon reichlich düster war, als sich Gwendolin Haskill dem Sinclair College näherte. Die steinernen Löwen vor dem Portal wirkten durch die schwache Beleuchtung auch nicht freundlicher, und das junge Mädchen zog fröstelnd den leichten Regenmantel enger um die schmalen Schultern. In der Pförtnerloge brannte noch Licht, und durch die Glasscheibe sah sie den weißen Kopf des alten Mannes, der ihr nur einen müden Blick zuwarf, als sie den Gebäudekomplex betrat.
    Gwendolin kannte den Weg über Treppen und Flure, auf denen sie keinem Menschen begegnete. Es war, als wandelte sie durch eine riesige Leichenhalle, als würden hinter jeder dieser dunkelbraunen Türen Särge stehen. Ein Scharren ließ Gwendolin zusammenfahren, doch dann sah sie den knorrigen Ast eines mächtigen Baums, der im Wind schwankte und gegen die Fensterscheibe stieß. Allen Mut zusammennehmend, ging sie auf die Tür am Ende des Korridors zu.
    Sie wußte nicht, ob Dr. Emerson in seinem Büro war, aber sie wollte es wenigstens versuchen. Sie mußte mit diesem Mann sprechen, weil sie sich von ihm eine Auskunft darüber erhoffte, wodurch ihre Schwester – und auch die beiden anderen Mädchen – so unerwartet verändert worden waren. Kurz nach seiner Vorlesung hatten alle drei Dinge getan, die ihnen niemand zugetraut hätte. Es mußte etwas geschehen sein, durch das man alles erklären konnte.
    Eine Sekunde lang schwebte
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