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Zum Lieben verfuehrt

Zum Lieben verfuehrt

Titel: Zum Lieben verfuehrt
Autoren: Penny Jordan
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die Hand, die diese Fackel trug, sterblich sein, so brannte die Fackel selbst doch ewig. Ilios, der mit den alten Geschichten seines Großvaters aufgewachsen war, wusste nur allzu gut, was es bedeutete, ein Manos zu sein. Man musste bereit sein, für sein Erbe alles und jeden zu opfern.
    Und jetzt war Ilios an der Reihe, seine heilige Pflicht zu erfüllen. Dazu gehörte für ihn auch, dem Familienerbe wieder seinen alten Glanz zu verleihen – etwas, das seinem Großvater verwehrt geblieben war.
    Als sie noch Kinder gewesen waren, hatte sein Cousin Tino ihn ausgelacht, weil Ilios seinem Großvater versprochen hatte, dass er einen Weg finden werde, um all die Pracht und Herrlichkeit längst vergangener Zeiten wiederaufleben zu lassen. Und später hatte Tino erneut gefeixt, als Ilios sich bereit erklärt hatte, seine Schulden zu übernehmen, allerdings nur unter der Bedingung, dass dieser auf seinen Erbteil verzichtete.
    Ilios schaute nachdenklich auf die Villa. In seinen markanten Gesichtszügen hatten die Geschichten von Generationen unbeugsamer Männer ihre Spuren hinterlassen. Sein Gesicht wirkte wie in Stein gemeißelt und erinnerte an die Heldengestalten der griechischen Mythologie. Seine goldenen Augen, ein Erbe der Ehefrau, die Alexandros aus einem Land der nördlichen Hemisphäre mitgebracht hatte, fixierten den Horizont.
    Aber jetzt lachte Tino nicht mehr, sondern hatte alle Hände voll damit zu tun, seinen Rachefeldzug zu planen. Gerächt hatte er sich schon immer gern, auch als Junge. Neid und Missgunst seinem Cousin gegenüber hatten seit eh und je zu Tinos hervorstechendsten Charaktermerkmalen gehört. In Tinos Augen war es ein schwerer Nachteil, als Sohn des jüngeren Bruders geboren zu sein, und dafür gab er Ilios die Schuld.
    Ilios stand in dem Ruf, ein knallharter Geschäftsmann zu sein. Er war berüchtigt dafür, seinen Angestellten sehr viel abzuverlangen, gleichzeitig aber war er selbst bereit, immer und überall sein Bestes zu geben.
    Er hatte in der Baubranche ein Vermögen gemacht. Und das war nicht schwarzer Magie zu verdanken, sondern allein seinem Fleiß, seiner Zähigkeit und seinem unbedingten Willen zum Erfolg.
    Ilios wusste, dass es viele Menschen gab, die ihm seinen steilen Aufstieg aus der bitteren Armut seiner Kindheit neideten. Ihrer Meinung nach konnte niemand so reich werden wie er – sein Vermögen bemaß sich nicht nach Millionen, sondern nach Milliarden –, ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Aus diesem Grund gab es immer genug Neider, die – nicht anders als sein Cousin – seinen Ruin herbeisehnten.
    Für einen kurzen Moment badete die aufgehende Morgensonne sein Profil in purem Gold, sodass sein Gesicht an die goldene Maske Alexander des Großen erinnerte. Alexander der Große stammte aus diesem Teil Griechenlands und war der Familiensaga nach zusammen mit Ilios’ Vorfahren über diese Halbinsel gewandert.
    Einige Meter weiter wartete einer seiner Vorarbeiter auf Ilios, und hinter ihm scharrten die Fahrer der schweren Kräne mit den Abrissbirnen schon ungeduldig mit den Hufen.
    „Was sollen wir machen?“, fragte der Mann.
    Ilios warf einen finsteren Blick auf den erst vor Kurzem fertiggestellten Apartmentkomplex.
    „Abreißen. Reißen Sie das Ding ab und sichern Sie die Baustelle.“
    Der Vorarbeiter wirkte schockiert.
    „Aber Ihr Cousin …“
    „Mein Cousin hat hier nichts zu melden. Machen Sie es dem Erdboden gleich.“
    Der Vorarbeiter gab den Kranfahrern ein Zeichen. Und noch während die schweren Abrissbirnen in der Morgensonne herumschwenkten und mit ohrenbetäubendem Getöse gegen die Mauern krachten, machte Ilios auf dem Absatz kehrt und ging davon.

1. KAPITEL
    „Und was willst du jetzt machen?“, fragte Charley bang.
    Lizzie schaute auf ihre jüngeren Schwestern. Sofort meldete sich der vertraute Reflex, die beiden zu beschützen, und verstärkte ihre Entschlossenheit noch.
    „Ich habe keine Wahl“, erwiderte sie. „Ich muss hinfahren.“
    „Was? Du willst nach Thessaloniki fliegen?“
    „Es ist der einzige Weg.“
    „Aber wir haben kein Geld.“
    Das war Ruby, mit ihren zweiundzwanzig Jahren das Nesthäkchen der Familie. Sie saß am Küchentisch, während sich die Zwillinge – Rubys fünf Jahre alte Söhne – im Zimmer nebenan auffällig still verhielten. Was wahrscheinlich damit zusammenhing, dass die beiden die seltene Erlaubnis erhalten hatten, noch eine weitere halbe Stunde fernzusehen, damit die Schwestern die bedrohliche Lage
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