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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah
Autoren: Heidi Hassenmüller
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— “An den Spielautomaten, den einarmigen Banditen, die haben ihn im Griff.” Er schwieg. Gaby schloß die Augen und versuchte sich auf das Gesicht von Herrn Behn zu konzentrieren, die warmen braunen Augen, der Schopf dunklen Haares, die weiche Stimme. Es fiel ihr schwer. Warum nimmt mich mein Mann nicht in die Arme, klagte sie unhörbar. Er muß doch wissen, wie mich das trifft. Mein großer Sohn ein Spieler, abhängig von diesen flackernden Pseudo-Glücks-bringem! Warum tröstet er mich nicht, daß wir das schon schaffen werden, und er natürlich auch, er in erster Linie, und wir werden ihm dabei helfen? Hubert sagte nichts. Er will sich nicht mehr engagieren, schoß es Gaby glashell durch den Kopf. Er will mir sagen, daß das mein Problem ist, Manfreds Problem, nicht seins. Ich habe es geahnt, dachte sie verzweifelt, auch das habe ich seit Jahren geahnt. Nicht, daß er spielte, aber daß er unglücklich war, unzufrieden und unausgefüllt. Seit ihn seine Freundin verlassen hat.
    “Tja”, sagte Hubert gedehnt und reckte sich, “ich gehe dann mal ins Bett. Morgen abend wird es auch wieder spät. Da haben wir wieder Therapie.” Einen Augenblick sah es so aus, als wolle er noch etwas hinzufügen, aber er drehte sich nur um. “Gute Nacht.” Gute Nacht. Wie konnte er sie so hier sitzen lassen? Panik durchflutete sie. Ich darf nicht durchdrehen, die Telefonnummer, ich muß Behn anrufen, jetzt, sofort. Er war gleich am Apparat, hörte ihr ruhig zu. “Das kommt wieder in Ordnung”, tröstete er sie eindringlich. “Verzweifeln Sie nicht. Ihr Sohn kann sich aus den Klauen des Spielteufels befreien. Sagen Sie ihm, daß Sie immer für ihn da sind, aber geben Sie ihm kein Geld mehr. Er braucht kein Geld, er braucht Liebe, universelle Liebe. Gehen Sie schlafen, ich werde ganz stark an Sie denken.” Benommen legte Gaby den Hörer auf, seltsam beruhigt, wie in Trance. Sie ging ins Schlafzimmer und hörte Hubert schnarchen. Nichts berührt ihn, dachte sie einen Moment wütend, er geht ins Bett und schläft. Doch dann schob sich das Gesicht von Herrn Behn vor ihre Gedanken, und sie kleidete sich aus, wusch sich und schlüpfte unter die Decke. Manfred, dachte sie mit einem ziehenden Schmerz, mein lieber Manfred. Doch sie hörte die Stimme des Heilers durch ihre Gedanken hindurch: “Das wird wieder gut. Verzweifeln Sie nicht!” Und sie schlief ein.

    “Ich will nicht mehr”, sagte Hubert bei der Therapie. Er sah grau aus. “Ich will nicht mehr, und ich kann nicht mehr. Ich will meine Freiheit. Ich will gehen.” Gaby erstarrte, sah Dr. Rolveld hilfesuchend an. Das kann er doch nicht tun, ich habe alles getan, aber auch wirklich alles, ich habe ihn gebeten, wieder zurückzukommen, ich habe mir die Lippen blutig gebissen, um nichts zu sagen, er kann doch nicht einfach sagen, ich will frei sein. “Es ist ein Fehler, Herr Gerken. Wir sind erst ganz am Anfang der Therapie. Ich sage nicht, daß Ihre Ehe unbedingt zu retten ist, aber wenn Sie jetzt gehen, machen Sie einen großen Fehler. Zu viele Dinge sind noch unausgesprochen, zuviel Groll zwischen Ihnen beiden ist nicht bereinigt. Gehen Sie nicht.” — “Ich will gehen”, wiederholte Hubert steinern. — “Die Kinder, Hubert, um Gottes willen, die Kinder. Du kannst sie doch nicht so Hals über Kopf verlassen! Daniel liegt mit vierzig Grad Fieber im Bett. Ich weiß, es ist nur eine Grippe, aber du kannst doch jetzt nicht gehen?” — “Ich kann”, sagte Hubert, “und ich gehe. Noch heute abend.” Er sah sie eiskalt an. “Mein Zimmer habe ich noch. Ich gehe noch heute abend.”
    Dr. Rolveld klappte seine Akte zu. “Ich erwarte Sie beide nächste Woche zum weiteren Therapiegespräch. Nur wenn Sie absolut überzeugt sind, Herr Gerken, daß Sie nicht mehr weiterwollen, dann kommen Sie nicht. Aber noch einmal, Sie machen einen Fehler.” Hubert stand auf, zog die Schultern hoch, knipste sein Lächeln an: “Ich danke Ihnen auf jeden Fall für Ihre Mühe. Schicken Sie mir Ihre Rechnung.”
    “Das kannst du doch nicht machen”, flehte Gaby ihn im Auto an. “Denke doch an die Kinder. Wir können doch versuchen, die Kinder besser auf eine Trennung vorzubereiten, ihnen sagen, daß sich für sie nicht viel ändert, sie langsam an getrennt lebende Eltern gewöhnen.” — “Ich gehe, und zwar noch heute abend.” Ihre Worte zerplatzten an ihm wie Tropfen auf einem Felsen. Wieder rief er die Kinder nach unten. “Ich gehe”, sagte er, und diesmal sagte er nicht: für
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