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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman
Autoren: Rosie Wilde
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Geschäftskluft - drei der Gesichter sagen mir nichts, das vierte sehr wohl. Zittrig trete ich aus dem Aufzug.
    Der kleinste der drei Fremdlinge wieselt auf mich zu, ein Klemmbrett im Griff. »Name?«
    »Alice Fisher.«
    Im nächsten Augenblick wendet sich Phoebe Carmichael mir zu. Einen Augenblick lang ruht ihr Blick auf meinen bequemen Jeans, wandert dann hinunter zu den Schnürschuhen von Clarks und weitet sich beim Anblick meiner Steppdecke von Mantel. Schließlich sieht sie mir ins Gesicht. Für einen kurzen Moment verliert sie die Contenance und gafft mich schlicht an. Phoebe, die hochgewachsene, elegante Absolventin der Brown University, steht vor mir, in einem maßgeschneiderten dunkelroten Hosenanzug und glänzenden, hochhackigen Pumps, jedes Härchen an seinem Platz - eine Frau, die laut Vanity Fair mühelos eine Führungsposition mit Glamour zu kombinieren versteht und neben der ich, wie ich da aus dem Lift getrottet komme, wie eine zerzupfte Raupe wirke.
    Offenbar ist sie wieder Herrin der Lage.
    »Alice. Wir warten schon auf Sie.« Sie schaut auf ihre Armbanduhr. »Seit sieben Uhr.«
    Unsere Blicke treffen sich. Verdammt - zwei Minuten noch, und ich bin wegrationalisiert.

3. KAPITEL
    Der Konferenzraum von Carmichael Music bietet Ausblick auf die von Tauben bevölkerten Dachfirste von Westlondon. Mit seinen hochlehnigen schwarzen Lederstühlen und dem ovalen Besprechungstisch aus Teak wirkt er formell und hip zugleich, wie man es von der Musikbranche erwartet. Die Wände zieren Reihen von Platin-, Gold- und Silberalben sowie unsere Number-One-Singles. Leider ist unsere letzte Number-One-Single schon mehr als drei Jahre alt, ein etwas aus der Reihe fallender Weihnachtshit des Ruderteams vom Gymnasium Kingston mit seiner Coverversion von Bette Midlers Song »Wind Beneath My Wings«.
    Phoebe dirigiert uns hinein und absolviert die Vorstellungsrunde im Schnelldurchlauf.
    »Alice, das ist mein Team.« Ich hasse es, wenn Leute sich so ausdrücken. Graham sagt immer »unser Team«.
    Sie streckt den Zeigefinger aus. »Brent, mein Assistent.«
    Brent - wie mir schon schwante, der Mann mit dem Klemmbrett - nickt mir kurz zu, als hätten wir noch nie ein Wort miteinander gewechselt.
    »Und Jason, mein Praktikant.« Armer Jason. Nicht genug damit, dass er Phoebes Leibeigener ist, er kriegt nicht mal einen Nachnamen. »Jason, Wasser, bitte.« Allgemeines Schweigen, während Jason Kristallgläser und Evian bereitstellt und Phoebe Unterlagen aus einer schwarzledernen Aktenmappe entnimmt.
    Mein erster Gedanke ist: Was haben sie mit Graham gemacht? Dicht gefolgt von: Was zum Henker wird Stephen sagen (»Wie wär’s mit Sainsbury’s als Übergangslösung für den Wocheneinkauf?«)? Dann: Was wird Dad sagen (»Bring
sie vor den Kadi!«)? Und schließlich meine Schwester Teresa, die schon immer neidisch auf meinen Job war (»Das kommt davon, wenn man zu hoch hinauswill«).
    Stephen wird es am schlimmsten treffen. Um ihn nicht in Unruhe zu versetzen, habe ich nicht allzu viel über Phoebe und ihren angekündigten Besuch verlauten lassen; insofern wird die Neuigkeit, dass ich gefeuert bin, für ihn ein echter Schock sein. Ich sehe ihn vor mir, wie er auf unser mit cremefarbenem Nesselstoff bezogenes IKEA-Sofa sinkt und die Finger an die Stirn presst. »Hättest du mich doch nur gewarnt, Alice«, wird er mit waidwundem Blick sagen, »dann hätte ich niemals meine freiwilligen Rentenbeiträge erhöht.«
    Dad, so meine Einschätzung, wird eher entrüstet sein. »Da hat diese Phoebe einen bösen Fehler gemacht, Alice. Ohne dich bricht doch der ganze Laden zusammen.« Dann wird langes Schweigen in der Doppelhaushälfte aus den Dreißigern in New Malden herrschen, wo ich ihnen gegenübersitze. Mein Vater wird seine beigefarbenen Hosen und einen sündteuren Golfpullover von Pringle tragen. Als Nächstes wird Valerie mit dem konstruktiven Vorschlag kommen, die Stellenanzeigen in der Lokalzeitung durchzugehen, und Dad wird den Kopf schütteln und mit Zitaten aus History Channel, dem Kultursender, um sich werfen. »Die Zeit wird’s erweisen, das sage ich dir. Marie Antoinette hat Menschen wie Dreck behandelt, und sieh dir an, was mit ihr passiert ist.«
    Teresa wird die reinste Pest sein. Sie lebt in Surbiton, mit ihren vierjährigen Zwillingsjungs und ihrem langmütigen Gatten Richard, der als Fernmeldetechniker arbeitet und in seiner Freizeit Vögel beobachtet. »Ich hab ja versucht, dich zu warnen, Alice. Eine Karriere hält dir
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