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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman
Autoren: Rosie Wilde
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beschließe ich, werde ich aufsuchen, sobald Brent mich vom Gelände eskortiert hat. Sie wohnt in Fulham und hat gerade ein Baby bekommen, und obwohl sie eine hochfliegende Karriere aufgegeben hat, um voll und ganz in ihrer Rolle als Mittelschichtsmutter aufzugehen, wird sie mir nie zureden, meinen Job aufzugeben und ebenfalls ein Baby zu kriegen. Wir sind zusammen zur Schule und miteinander durch dick und dünn gegangen. Carolyn ist die Einzige, die weiß, wie Stephen und ich uns tatsächlich kennengelernt haben. Aber die Geschichte gehört nicht hierher.
    Okay, okay. Wir haben uns im Krankenhaus von Chelsea und Westminster kennengelernt, bei der Gesprächsgruppe für Patienten mit Angstzuständen.
    Als jetzt Jason Phoebes Kristallglas auffüllt und meins ignoriert, stelle ich fest, dass ich mich merkwürdig ruhig
fühle. Das ist mir früher auch schon so gegangen. Wer in ständiger Erwartung einer Katastrophe lebt - so drückt Dr. Vaizey, der Spezialist für Angstneurosen, es aus -, für den ist es nahezu eine Erleichterung, wenn tatsächlich etwas wirklich Schlimmes passiert. Als ob man damit all den permanent gut gelaunten Menschen in seiner Bekanntschaft endlich klarmachen könnte, dass man sich nicht für nichts und wieder nichts Sorgen macht.
    Dr. Vaizey ist ein weltweit angesehener Spezialist für Angstneurosen und hatte mal einen Auftritt in der Vormittagsshow auf GMTV, wo es um nervöse Mütter ging. Ich bin zu Hause geblieben, um es mir anzusehen. Graham habe ich gesagt, ich hätte verschlafen. Klar hatte ich Gewissensbisse, doch es hat sich gelohnt. Dr. Vaizey hat’s dieser blöden Lorraine Kelly ordentlich gegeben, als sie meinte, nervöse Mütter sollten mehr Sport treiben. »Das hilft sicherlich, Lorraine, aber das essentielle therapeutische Mittel ist und bleibt die kognitive Verhaltenstherapie.«
    Die über zehn Wochen laufenden Gruppensitzungen sind schon Jahre her, aber ein paar von uns treffen sich immer noch einmal im Monat zum Kaffee im Starbucks des Krankenhauses. Natürlich kommt jeder immer zu früh. Stephen ist allerdings nicht dabei - er sagt, er bräuchte es nicht mehr.
    Ich sehe also jetzt zu Phoebe hin und bin die Ruhe selbst. Nur zu. Feuer mich. Ja, als sie das zweite Mal mit einem missbilligenden Schnalzen hochguckt und vielsagende Blicke mit Brent tauscht, wird mir klar, dass ich nichts zu verlieren habe. Mit einem Mal fühle ich mich geradezu rotzfrech.
    »Wo ist Graham?«
    Das überrascht Phoebe offensichtlich ein wenig, aber
dann schenkt sie mir ein Lächeln, das nur ein klitzekleines bisschen katzenartig wirkt. »Gut, dass Sie fragen. Graham hat in den höchsten Tönen von Ihnen geschwärmt, Alice. Er hat vollstes Vertrauen in Ihre Fähigkeiten.«
    Sie klappt meine Akte zu und nickt Brent zu, was ihn offensichtlich zum Sprechen bewegen soll. Brent fährt fort. »Graham hat beschlossen abzutreten. Wir sind dieses Wochenende angereist, um einiges vorzubereiten, und die Dinge haben sich ein wenig schneller entwickelt als geplant.« An diesem Punkt lässt er ein falsches Lächeln in meine Richtung aufblitzen, wobei mir auffällt, dass er strahlend weiße, große, amerikanische Zähne hat. Britische Zähne sind generell eher gelblich und stehen zu dicht beieinander. Neben mir schreibt Jason wie wild auf einem Din-A-4-Notizblock mit.
    Phoebe übernimmt. Es wirkt fast, als hätten sie das hier eingeübt. »Alice, Ihnen ist sicher klar, dass der britische Zweig von Carmichael Music Anlass zu ernsthafter Sorge gibt. Die Einnahmen gehen zurück. HipHop ist völlig an Ihnen vorbeigegangen. World Music ist so gut wie nicht vertreten. Und das Schlimmste, Sie haben keinen einzigen gescheiterten Kandidaten von England sucht den Superstar unter Vertrag.«
    Brent seufzt und verzieht leicht missbilligend das Gesicht.
    Ich muss mich zwingen, Phoebe nicht unverhohlen anzustarren. Sie hat endlos lange rote Nägel und einen Riesendiamantring nach dem anderen an den Fingern, dazu große, tropfenförmige Perlenohrringe und Unmengen von goldenen Armreifen, die bei jeder ihrer gebieterischen Gesten klimpern und klirren.
    Sie beugt sich vor. Ich lehne mich instinktiv zurück.

    »Sie haben praktisch keinerlei Erfolge auf dem hochwichtigen Klingeltonmarkt vorzuweisen.« Sie funkelt mich an. »Etliche Ihrer Künstler gibt es nicht einmal bei iTunes.«
    Brent lässt ein fieses kleines Kichern hören. Jason blättert eine Seite um. Phoebes Stimme schwillt an. »Alice, begreifen Sie, dass es hier um alles oder
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