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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman
Autoren: Rosie Wilde
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nachts nicht die Füße warm.«

    Dann wird sie Mitgefühl heucheln, so wie am Tag ihrer Hochzeit. Unmittelbar vor dem Gang zum Altar wandte sie sich zu mir um, hob den Schleier und sprach: »Das muss schwer für dich sein, Alice, ich weiß - schließlich bist du die Ältere von uns beiden. Es ist nur natürlich, wenn du denkst, dass du hier stehen solltest.« Dann kniff sie mich in den Arm. »Gib die Hoffnung nicht auf, dass du eines Tages doch noch wen kennenlernst.«
    Ich sehe zu Phoebe hin, die jetzt ein getipptes Blatt liest und von Zeit zu Zeit einen Seufzer ausstößt. Phoebe weiß, wie man Lidstrich so aufträgt, dass beide Augen gleich aussehen, und sie föhnt ihr Haar so wie die Models in der Werbung - es hat jede Menge Volumen, Schwung und Glanz. Ich überlege, ob ich den Augenblick nutzen soll, um mir unauffällig mit einem Taschentuch über Nase, Kinn und Stirn zu wischen, entscheide mich dann aber dagegen, weil jede falsche Bewegung Phoebe dazu aufstacheln könnte, zum Angriff gegen mich überzugehen. Also bleibe ich bolzengerade sitzen und starre die Wand an - die Bürovariante, wie man sich am besten tot stellt.
    Phoebe räuspert sich; jetzt wird sie das Wort ergreifen, denke ich, doch stattdessen greift sie nach einem dunkelgrünen Aktenordner. O Gott, das ist meine Personalakte. Ich erkenne das Foto auf dem Lebenslauf, den sie gerade herausnimmt. Phoebe schaut von dem Foto zu mir, wie um sicherzugehen, ob es sich um ein und dieselbe Person handelt. Damals war mein Haar noch normal, und ein Stück blonder, weil das Foto im Sommer entstanden ist. Wenn ich es mir genau überlege, sah es eigentlich echt gut aus; was hat sich Teresa bloß dabei gedacht, als sie mir eine Dauerwelle vorgeschlagen hat? Teresa hat früher als Friseurin gearbeitet und schneidet immer noch in ihrer Küche
Kindern die Haare. Sie liegt mir dauernd in den Ohren, ich soll sie doch mal was mit meinen Haaren machen lassen, und kurz vor Weihnachten, in menschenfreundlicher Festtagsstimmung, habe ich schließlich eingewilligt.
    »Nur eine ganz leichte Dauerwelle, Alice«, versicherte sie mir. »Die gibt mehr Fülle, das ist alles. Deine Haare sind so lasch und dünn«, seufzte sie, nahm eine Strähne zwischen die Finger und ließ sie mit einem verächtlichen Blick wieder fallen. »Du brauchst was zur Unterfütterung. Damit bist du für die Weihnachtsfeier in eurem Betrieb bestens gerüstet.«
    Nach dem Föhnen bestand Teresa weiter darauf, es handle sich lediglich um eine leichte Dauerwelle. »Einfach beim Trocknen glätten, Alice«, sagte sie unbekümmert.
    »Ich sehe aus wie eine von diesen dicken Kohlkopfpuppen«, quiekte ich und zog verzweifelt an den Kringellöckchen, die meinem Kopf entsprossen.
    »Nein«, sagte Teresa. »Die haben viel kürzere Haare. Deine sind schulterlang. In ein paar Tagen haben sie sich ausgehangen«, sagte sie abschließend und legte ihre Kämme in das Sterilisationsbad. »Ich nehme an, du wirst dir was Neues für die Weihnachtsfeier kaufen. Ich hoffe es jedenfalls. An deiner Stelle würde ich allerdings eine Nummer größer als letztes Jahr nehmen.«
    Sie hingen sich nicht aus. Im Gegenteil: Die feuchte Witterung in den letzten paar Wochen hat sie noch krauser gemacht als ohnehin schon. Mein Haar hat ein Eigenleben entwickelt, und unter freiem Himmel fühle ich mich nur richtig wohl, wenn ich meine Bommelmütze aus Shetlandwolle aufhabe. Vier Monate nach dieser Verunschönerungsbehandlung weist mein Oberkopf eine platte Fläche auf, die weiter unten in krauses Dickicht übergeht. Teresa sagt, es
dauert zwei Jahre, bis es ganz herausgewachsen ist, aber bevor ich komplett verzweifle, könnte sie mir eine Schur à la Jamie Lee Curtis verpassen.
    Ich sehe Phoebe zu, die meine Akte durchblättert und gelegentlich den Kopf schüttelt, und spüre, wie sich eine schwarze Wolke aus Schwermut auf mich legt. Ich hätte den einhändig zu bedienenden Küchenrollenspender bei Scotts of Stow bestellen sollen, solange die Gelegenheit noch günstig war. Jetzt ist er für mich auf ewig verloren: Stephen wird uns einen Nothaushaltsplan verordnen. Und Teresa wird mir vorschlagen, die Arbeit sausen zu lassen und mir ein Kind zuzulegen. Dann werden sich ihre Mundwinkel nach unten verziehen. »Uuuups!’tschuldigung, ich vergaß. Stephen hat Probleme, sich zu binden, stimmt’s? Es ist echt schwer, sich das alles zu merken.«
    Der einzige Mensch, der irgendwie von Nutzen sein wird, ist meine beste Freundin Carolyn, und die, so
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