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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman
Autoren: Rosie Wilde
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Gegenteil: Entlang der Kinnlinie verläuft eine Gezeitenmarke, und um die Augen herum sehe ich aus wie ein verunglückter Panda.
    Hmmm. Schwer zu sagen, ob mir das heute besser gelungen ist. In unserem Bad gibt es nämlich kein natürliches Licht, und Stephen kauft immer nur 10-Watt-Energiesparlampen. Vielleicht hätte ich mit dem Spezialpinsel, den es für 2.99 Pfund bei jedem Einkauf dazugibt, nicht ganz so großzügig in meinem Gesicht herumfuhrwerken sollen. Außerdem
habe ich das Gefühl, dass das Ganze mindestens zwei Schattierungen zu dunkel sein könnte. Ich drehe das Töpfchen um und entziffere zu meinem Entsetzen: »Beautiful Bronze«. Dabei habe ich doch immer »Elfenbein«, bei meiner blassen Haut, die durchaus braun wird, wenn bei uns je mal die Sonne scheint. Vielleicht sehe ich mit dem Puder ja aus, als wäre ich frisch aus dem Skiurlaub zurück und hätte dabei gut Farbe bekommen.
    Na toll, jetzt ist das Waschbecken mit Mineralpuder gesprenkelt und braucht eine kleine Abreibung. Ich putze das Bad gern täglich; seit es MRSA gibt, diesen fiesen, gegen alles resistenten Virus, kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Für Waschbecken und Toilettenschüssel nehme ich am liebsten das Bleichspray von Tesco, für den Spiegel die Reinigungstücher von Windolene. Die sind zwar nicht ganz billig, aber dafür viel bequemer, und sie machen keine Streifen. Bei uns muss immer alles blitzblank sein, was allerdings bei der Größe unserer Wohnung keine allzu schwere Aufgabe darstellt. Unsere Behausung lässt sich, je nachdem wer spricht, am besten als Kleinod (der Makler), kuschelig (ich) oder als Mauseloch (meine Schwester Teresa) beschreiben: ein weißgetünchtes Schlafzimmer, ein winziges, quadratisches Duschbad und ein offener Wohn-Essbereich, der in eine etwas abgehalfterte Kochnische aus den Achtzigerjahren mündet. Bei unserer Einweihungsparty schüttelte meine Schwester Teresa angesichts der klobigen weißen Provence-Küchenfliesen bloß den Kopf. »Seit Jahrhunderten aus der Mode, Alice. Für das Geld hättet ihr in Surbiton ein anständiges Haus gekriegt«, schnaubte sie verächtlich. Doch später nahm mich Dad in den Arm und gratulierte mir zum »ersten Schritt auf der Immobilienleiter« - da Teresa direkt neben uns stand, verriet ich ihm
nicht, dass unser trautes Heim laut Grundbuch Stephen allein gehört.
    So, jetzt muss ich nur noch meine bequemen Treter von Clarks zuschnüren - wie gesagt, für heute sind keine Besprechungen angesetzt, und es soll Regen geben -, den Mantel anziehen und mir meine Handtasche greifen. Zurzeit verzichte ich darauf, mir die Haare zu bürsten, weil sie sich dann nur noch übler kräuseln. Stattdessen habe ich das Experiment gestartet, sie mit dem Handtuch so trocken wie möglich zu rubbeln und sie dann, mit dem Kopf zwischen den Knien, durchzuwuscheln. Was, wie ich heute Morgen beim Aufwachen feststellte, nicht so ganz das gewünschte Ergebnis zur Folge hat, wenn man die Übung am Abend zuvor exerziert und sich mit noch leicht feuchten Haaren schlafen legt.
    Der Mantel ist so ein bauschiges Teil von Per Una, ein Weihnachtsgeschenk von Dad. Er macht sich ständig Sorgen, dass ich mir beim Warten auf die U-Bahn eine Erkältung holen könnte. Teresa nennt das Ding immer nur den »Schlafsack«. »Sehr praktisch, wenn der Zug irgendwo liegen bleibt, Alice. Da drin finden bestimmt vier Pendler ein warmes Plätzchen.« Die »Handtasche« ist mein treuer Rucksack von Karrimore (genau genommen ein Daypack, weil er kein Tragegestell hat), in dem Geldbörse, Schlüssel, Taschenbuch, antiseptische feuchte Reinigungstücher und eine Thermoskanne Kaffee Platz finden. Stephen und ich haben vor drei Wochen beschlossen, auf Starbucks zu verzichten, um Geld und Kalorien einzusparen. Stellen Sie sich vor, schon nach einer Woche haben wir genug zur Seite gelegt, dass es für den einhändig zu bedienenden Küchenrollenspender aus dem Katalog von Scotts of Stow reicht. Wenn das so weitergeht, habe ich berechtigte Hoffnungen,
auch noch zu einer kompletten Garnitur Bettwäsche von Dorma einschließlich passender Vorhänge zu kommen. Was die Kalorien angeht, so lassen die Erfolge an dieser Front noch auf sich warten. Dad sagt, ich sei genau richtig so, aber ich könnte ohne Weiteres ein paar Pfund weniger vertragen. Jahr für Jahr mache ich es den Bären nach und setze weiteren Winterspeck an.
    Ich ziehe die Wohnungstür hinter mir zu, verriegle sie sorgsam zweimal - erst das Riegelschloss, dann
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