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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman
Autoren: Rosie Wilde
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Blick auf den Park reserviert ist.« Brent redet schnell und nervös und betont jedes zweite Wort, und da ich selbst auch nicht gerade die Ruhe in Person bin, greift die Panik mit der Zeit auf mich über.
    Mittlerweile hat Phoebes Ruf sich im Londoner Büro von Carmichael Music herumgesprochen. Tagtäglich klopfen in letzter Zeit besorgte Mitarbeiter bei mir an, halten
mich mit vertraulichen Einzelheiten ihrer schaurigen Hypothekenzahlungen von der Arbeit ab und fragen mit Leichenbittermiene, ob ich etwas über geplante Entlassungen wüsste. Selbst Graham spürt den Stress: Er kommt in mein Büro spaziert und späht mir beim Tippen über die Schulter - was einen, wie Sie vielleicht aus eigener Erfahrung wissen, auf die Dauer schwer irritieren kann.
    Ich gehe die High Street entlang, immer knapp an zu spät zur Arbeit kommenden Anzugträgern und dem einen oder anderen Nebensaisontouristen vorbei. In den Schaufenstern liegt schon die Sommerkollektion aus, obwohl es noch schweinekalt ist. Ich zwinge mich dazu, mich aufs Atmen zu konzentrieren - schön langsam die Luft aus der Lunge entweichen lassen -, und halte mir vor Augen, dass Phoebe Carmichael, selbst wenn sie wollte, Graham nicht feuern kann. Das würde ihr Vater nicht zulassen. Er und Graham kennen sich seit fast vierzig Jahren, genauer gesagt seit Graham das winzige Reihenhäuschen seiner Eltern in Manchester hinter sich ließ, als Tramper quer durch Amerika reiste, in einer Bar in Nashville Terry kennenlernte und mit ihm ein Gespräch über Musik anfing. Ein Geistesblitz bewog Terry, Graham auf der Stelle zu engagieren, um den britischen Zweig von Carmichael Music aufzubauen. Terry war immer der Chef, aber die zwei sind aus dem gleichen Holz geschnitzt. Während Terry sich in den Bars der Vereinigten Staaten Schulabbrecher anhörte und Gott weiß wie den einen unter Tausenden fand, der es bis an die Spitze schaffen würde, hockte Graham von Glasgow bis Bristol in verrauchten Pubs und nahm Bands unter Vertrag.
    Graham zählt laut Billboard zu den hundert einflussreichsten Personen im britischen Musikgeschäft. Was man ihm
wahrhaftig nicht ansieht. Das ist ein Teil des Geheimnisses, das seinen Erfolg ausmacht - seine väterliche Erscheinung mit dem grauen, am Oberkopf schon mehr als lichtem Haar und dem gemütlichen Bäuchlein, plus seine Garderobe, die aus bügelfreien Anzügen von Marks & Spencer besteht. Chemische Reinigung ist in Grahams Augen eine verwerfliche Extravaganz. Wobei er durchaus nicht knickerig ist. Zum letzten Weihnachten bekam ich von ihm einen Bonus, der für Ferien auf Barbados ausreichte. »Gönn dir ein paar Sonnenstrahlen, Liebes. Lass es dir mal ein bisschen gut gehen«, sagte er, als er mir den Umschlag mit dem Scheck überreichte. Letztendlich sind wir dann doch nicht geflogen. Stephen brachte Stunden damit zu, den Finanzteil der Sunday Times nach dem steuerlich günstigsten Altersvorsorgeplan für mich zu durchforsten.
    Graham gehört zu denen, die nach dem Motto »Fest arbeiten und Feste feiern« leben. Übers Wochenende segelt er gern mit seiner Yacht über den Ärmelkanal oder jettet mal eben schnell mit Virgin Upper Class und seiner britzebraungebrannten Frau Maureen zu einem kleinen Einkaufsbummel nach New York. Neulich haben sie ihren dreißigsten Hochzeitstag mit einer Karibikkreuzfahrt gefeiert, an Bord neben dem Jubelpaar auch ihre drei Söhne, deren Ehefrauen plus sieben Enkelkinder. Ich weiß das alles, weil ich es organisiert habe. Was mir nichts ausmacht. Im Gegenteil, es macht mir Spaß, solche Sachen für Graham zu erledigen. Und dabei mitzubekommen, wie die andere Hälfte lebt. In seiner Kabine hatte Graham einen eigenen Butler und einen Jacuzzi, und jeden Abend erwartete ihn eine echte Praline von Godiva auf dem Kopfkissen.
    Es war eigentlich nicht ausgemacht, dass Graham sich während des Trips bei mir meldete, aber er stahl sich zweimal
pro Tag von Maureen unter dem Vorwand weg, er wolle die Wetterkarte vor der Brücke checken, und rief mich auf seinem superteuren Satellitentelefon an.
    Am vierten Tag beschlich mich der Verdacht, dass Graham vielleicht doch nicht solch ein Familienmensch war, wie ich bis dahin immer gedacht hatte. Allmählich klang er ein bisschen verzweifelt. »Hast du Billboard da?«
    »Ja.«
    »Lies mir was draus vor.«
    »Was denn?«
    »Egal was!«
    Obwohl er schon seit Ewigkeiten Bands unter Vertrag nimmt, giert er immer noch nach Erfolg. Ehrlich gesagt, kann er mitunter ziemlich reizbar sein,
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