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Zuckerblut

Zuckerblut

Titel: Zuckerblut
Autoren: B Leix
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schlitzte das Kuvert auf. ›Sieht schon gebraucht aus‹, dachte er. Er erkannte den Rest eines Poststempels und die Stelle, wo die dazugehörige Briefmarke geklebt hatte.
    Der Brief musste wohl direkt beim Polizeipräsidium eingeworfen worden sein. Lindts Adresse war von Hand auf ein ausgeschnittenes Stück von kariertem Papier geschrieben und dann mit einer dicken Portion Alleskleber auf dem Umschlag befestigt worden.
    ›An der Stelle war sicher auch schon mal eine andere Adresse aufgeklebt‹, dachte sich der Kommissar und drehte den Brief so lange hin und her, bis dabei der flache Inhalt herausrutschte.
    Ein Stadtplan kam zum Vorschein. ›Wer meint denn, dass ich nach so vielen Dienstjahren noch eine Straßenkarte von Karlsruhe brauche?‹ Er war sich sicher, nahezu jede Adresse im Stadtbereich auch ohne Plan zu finden.
    Lindt drückte das Kuvert auseinander, um nachzuschauen, ob noch etwas drin war, konnte aber nichts mehr entdecken. ›Ein Ansichtsexemplar vom Verlag vielleicht? Zur Überprüfung? Nein, eher nicht.‹
    Er nahm den Stadtplan und begann, ihn aufzuklappen. Eine völlig normale Karte, allerdings nicht mehr ganz aktuell, stellte er fest, und schon öfter gebraucht. An den Knickstellen waren bereits leichte Risse entstanden.
    Lindt entfaltete den Plan vollends und betrachtete ihn intensiv. Er schaute sich die Rückseite an, fand aber nichts Außergewöhnliches und dreht ihn wieder nach vorne.
    »Verstehe ich nicht«, sagte er zu sich selbst, denn außer ihm war keiner im Büro. Jan Sternberg feierte Überstunden ab und Paul Wellmann verhörte gerade einen Verdächtigen in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal.
    Lindt fuhr mit der flachen Hand über das Papier, um es zu glätten. Dabei bemerkte er eine winzige Unebenheit. Irgendetwas klebte darauf. Er wollte den vermeintlichen Schmutzpartikel schon mit dem Fingernagel abkratzen, stutzte aber, als er einen kleinen rotbraunen kreisrunden Fleck bemerkte. Er hielt den Plan hoch, um flach über die Oberfläche peilen zu können und entdeckte dabei noch vier weitere leicht erhöhte Stellen. Überall waren die Flecke zwei bis drei Millimeter im Durchmesser und von rötlich brauner Farbe.
    Der Kommissar griff in eine Schublade und zog eine große rechteckige Lupe hervor. Er schaltete, obwohl es mitten am Tag war, die Schreibtischlampe ein und zog sie nahe heran, um die Oberfläche des Stadtplans gut auszuleuchten.
    »Könnte das möglicherweise ...?« Er hob und senkte die Lupe, bis die Flecke ganz scharf waren. Je einer fand sich in der Ost- und in der Südstadt, in den Stadtteilen Rüppurr und Mühlburg und der fünfte Fleck klebte westlich des Hauptbahnhofs.
    Die Oberfläche der kleinen Kleckse hatte eine ganz leicht raue Struktur, die braun-rötliche Farbe aber war es, die Lindt veranlasste, den Plan schleunigst wieder zusammenzufalten. Mitsamt Umschlag steckte er ihn in eine durchsichtige Hülle und verließ eilig sein Büro.
    Ohne anzuklopfen trat er in die Räume der Kriminaltechnik ein und steuerte geradewegs auf die Tür von Ludwig Willms zu.
    »Grüß dich, Oskar!« Willms stand an einem Stehpult neben dem Fenster und blickte erstaunt zur Tür, als Lindt eintrat. »Der Leiter der Mordkommission kommt selbst? Welche Ehre für uns. Normalerweise sind dir doch die Treppen zu viel und du schickst einen Mitarbeiter vorbei.«
    »Keiner da und außerdem keine Zeit für Sticheleien: Hier – sieh dir das doch mal an. Zieh bitte Handschuhe an. Meine Fingerabdrücke sind leider schon drauf.«
    »Also ...«, vorwurfsvoll warf der schlanke durchtrainierte KTU-Chef einen Blick über den nicht vorhandenen Rand der Brille hinweg in Richtung seines alten Freundes.
    »Die Grundregeln, wie mit Beweismaterial umzugehen ist, brauche ich dir doch wohl nicht mehr beizubringen.«
    Der Kommissar reichte ihm die Hülle mit Briefumschlag und Stadtplan und brummte leicht genervt: »War ja in der normalen Post.«
    Willms schob seinem Kollegen die Schachtel mit den Einmalhandschuhen hin. »Zieh wenigstens jetzt welche an, damit es nicht noch mehr Fingertatzen gibt.«
    Im Nebenraum steuerten sie einen großen Metalltisch an. Mit mehreren Lampen beleuchtete der Kriminaltechniker die Fläche, nahm Plan und Kuvert aus der Hülle und breitete beides aus.
    »Hier, das hat mich stutzig gemacht.« Lindt zeigte auf die kleinen Flecke. »Da und da und auch dort. Insgesamt fünf Stück. Ich habe sie mit meiner Lupe angeschaut. Von der Farbe her, dachte ich, könnte es auch ...«
    Willms
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