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Zu Schnell

Zu Schnell

Titel: Zu Schnell
Autoren: John Boyne
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im Bett bleiben, damit ich wieder zu Kräften kam. Das hatten die Ärzte gesagt. Deshalb war ich wieder oben in meinem Zimmer, als ein paar Stunden später jemand an meine Tür klopfte. Pete kam herein und machte hinter sich die Tür zu.
    »Hast du schon gehört?«, fragte er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.
    »Ja«, antwortete ich. Es war schon nach dem Mittagessen, aber Pete war gerade erst aufgestanden. Seine Haare standen in alle Richtungen ab, und er musste sich dringend rasieren.
    »Und – wie geht’s dir so?«, erkundigte er sich dann.
    »Eigentlich ganz gut. Ein bisschen müde. Ich schlafe dauernd wieder ein. Und ich habe immer noch Hunger, dabei esse ich die ganze Zeit.«
    »Du bist bestimmt bald wieder normal«, sagte er. »Aber du hast uns allen einen ganz schönen Schrecken eingejagt, weißt du das? Mam und Dad sind total durchgedreht.«
    Ich nickte und schaute weg. Irgendwie schämte ich mich, vor allem, weil anscheinend niemand böse auf mich war, obwohl ich doch weggelaufen war. Stattdessen waren alle netter zu mir als je zuvor.
    »Wann bist du gekommen?«, fragte ich Pete. »Ich dachte, du reist kreuz und quer durch Europa.«
    »Hab ich ja auch gemacht«, antwortete er. »Ich war in Prag, als Dad angerufen und mir gesagt hat, dass du verschwunden bist.«
    »Und dann bist du zurückgekommen?«
    Er lehnte sich erstaunt zurück. »Klar bin ich zurückgekommen! Was denkst du denn? Ich habe mich sofort auf den Rückweg gemacht. Knapp sechs Stunden nach Dads Anruf war ich hier. Alle Leute haben dich gesucht. Du warst schon seit drei Tagen verschwunden, als ich gekommen bin, Danny.« Er machte ein ganz ernstes Gesicht. »Was hast du eigentlich die ganze Zeit getan?«
    »Ich bin rumgelaufen«, sagte ich. »Am ersten Tag habe ich zwei Hamburger gegessen und bin durch die Läden gezogen. Und dann habe ich versucht, an verschiedenen Stellen zu schlafen, aber das war gar nicht so einfach, weil ich ja draußen im Freien übernachten musste. An dem Abend im Park hatte ich eine Ewigkeit nichts gegessen. Mir war ganz komisch, und ich habe gedacht, gleich muss ich sterben. Aber dann hast du mich gefunden.«
    Pete grinste wieder, aber gleichzeitig sah er traurig aus. »Du hättest das echt nicht tun dürfen, Danny. Das weißt du doch, oder? Du hättest nicht weglaufen sollen.«
    »Ich musste aber weglaufen!«, sagte ich. »Du hast keine Ahnung, was hier los war. Du warst ja nicht da. Mam hat mit keinem mehr geredet und ist die ganze Zeit wie ein Zombie rumgelaufen. Und Dad musste den ganzen Haushalt übernehmen, und er hat doch null Ahnung, wie das geht. Dann war er total wütend auf mich, weil ich mich mit Andys Schwester angefreundet habe …«
    »Ja, das habe ich auch schon gehört.« Pete schüttelte den Kopf. »Das war nicht besonders schlau von dir.«
    »Warum denn nicht? Was ist daran falsch?«
    »Du bist die ganze Zeit hinter dem Mädchen hergerannt und hast alles gemacht, was sie will, nur damit es ihr gutgeht – dabei hättest du dich eigentlich um Mam kümmern sollen. Dazu sind wir da.«
    »Aber sie hat doch gar nicht mit mir geredet!«, protestierte ich. »Echt, du hast keine Ahnung, Pete, du warst nicht hier.«
    »Das weiß ich …«
    »Und ich wette, du bleibst auch jetzt nicht hier«, brummte ich.
    Pete seufzte. »Na ja, der Sommer ist schon fast vorbei. In ein paar Wochen muss ich wieder zurück an die Uni.«
    Ich merkte, dass ich ganz wütend wurde – das wäre nämlich alles nicht passiert, wenn Pete hier gewesen wäre. »Du hast doch gesagt, du gehst nicht weit weg auf die Uni«, sagte ich. »Das hast du letztes Jahr gesagt. Und dann hast du es dir anders überlegt und bist nach Schottland gegangen – obwohl du mir vorher versprochen hast, dass du hier in meiner Nähe bleibst.«
    »Danny, ich habe was Neues gebraucht …«
    »Aber du hast es mir versprochen!«
    »Ich habe dir überhaupt nichts versprochen«, entgegnete er ruhig, obwohl er genau merkte, wie ich mich immer mehr in meine Wut hineinsteigerte. »Aber ich verspreche dir, dass du mich besuchen kannst – wenn du mir etwas versprichst.«
    »Okay. Und was soll ich dir versprechen?«
    »Dass du nie mehr so was Dummes machst. Und falls du wieder mal das Gefühl hast, dass du unbedingt von zu Hause weglaufen musst, dann rufst du lieber mich an und erzählst mir alles.«
    Ich nickte. »Okay. Versprochen.«
    »Gut.« Er stand auf und verwuschelte mir die Haare. »Dann verspreche ich dir auch, dass du mich besuchen kannst.
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