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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe
Autoren: Daniela Larcher
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Morell zwinkernd und stand auf. Er wollte die Zweisamkeit des Paares nicht länger stören als nötig. »Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich habe das Gefühl, dass Bender allein in Landau etwas überfordert ist. Ich sollte dringend nach Hause fahren und nach dem Rechten sehen.«
    »Na gut.« Lorentz trank den Rest seines Champagners aus. »Dann lass uns dich aber wenigstens zum Bahnhof bringen.«
    »Da sage ich nicht nein.« Morell ging ins Gästezimmer und packte seine Sachen zusammen. »So«, sagte er, als er fertig war. »Landau, ich komme!«
     
    Der Chefinspektor saß allein in einem Abteil und lauschte dem monotonen Rattern des Zuges. Nur noch wenige Minuten, dann würde er endlich wieder in seinem geliebten Landau ankommen. Er dachte an die vergangenen Tage zurück: Was für eine Woche. So viel Action und Aufregung erlebte er daheim normalerweise in einem ganzen Jahr nicht. Er tätschelte seinen Bauch und freute sich auf die ruhige und entspannte Zeit, die nun hoffentlich wieder anbrechen würde. Wenn Wojnar tatsächlich dichthalten und sich nicht bei Weber verplappern würde, hätte sein kleiner Ausflug nach Wien kein Nachspiel, und er konnte sich ab sofort wieder aus vollem Herzen den kleinen Wehwehchen der Landauer Einwohner widmen.
    »Home sweet home«, sagte er, als er endlich aus dem Zug stieg. Er war einfach kein Großstadtmensch, sondern ein waschechtes Landei. Er nahm einen tiefen Atemzug – die Luft in Landau war frisch und sauber und duftete nach Herbstlaub und Alpenkräutern. Sofort spürte er, wie ihm das Herz aufging und er sich mit jeder Sekunde wohler und wohler fühlte. Hier war er daheim. Hier gehörte er hin.
    Die unbeschwerte Stimmung, die in Landau herrschte, sowie die Vorfreude auf Fred und die Pflanzen übertünchten sogar die schmerzhafte Erinnerung an Valerie.
    »Ab nach Hause«, sagte er, schnappte seinen Koffer und machte sich auf den Weg.

»Nein, ich sterbe nicht ganz,
    über das Grab hinaus bleibt mein edleres Ich.«
    Horaz
    Bender goss mit schwerem Herzen noch einmal Morells Pflanzen – wenigstens die hatten überlebt. Die Übelkeit, die er bereits seit dem Vormittag verspürte, wurde immer schlimmer – es konnte sich nur noch um Minuten handeln, bis der Chef hier auftauchte. Nun ja, wenigstens hatte er es dann hinter sich. Stellenanzeigen hatte er bereits durchgeschaut und auch schon eine Bewerbung geschrieben. Wenn Morell ihn rausschmiss, wovon auszugehen war, würde er sie gleich heute noch abschicken. Der neue Job war zwar in Innsbruck, aber immerhin hatte er Fred auf dem Gewissen – er hatte es also verdient, umziehen zu müssen.
    Als er mit den Pflanzen fertig war, ging er zur Balkontür und kippte sie, um noch einmal ordentlich durchzulüften. Morell musste ja nicht unbedingt seinen Angstschweiß riechen, der wahrscheinlich bereits das ganze Haus erfüllte.
    Gerade als er sich umdrehte, um die Dosen mit dem Katzenfutter wegzuräumen – der Chef sollte nicht mehr als nötig an den dahingeschiedenen Fred erinnert werden –, hörte er ein klägliches Maunzen. Er ging zurück zur Balkontür, öffnete sie ganz und schaute nach unten, von wo ihn zwei große, vorwurfsvolle Augen anstarrten.
    Es dauerte einige Momente, bis Bender realisierte, dass es sich bei der Katze, die da auf dem Balkon saß, um den etwas erschlankten Fred handelte.
    » FRED !«, rief er, hob den Kater hoch und küsste ihn. »Du alter Schlawiner, ich dachte, du seiest tot. Wo warst du denn die ganze Zeit?« Er musterte den Balkon. »Warst du etwa die ganze Zeit hier draußen? Ach, egal. Hauptsache, du bist wieder da!« Er drückte Fred so fest an sich, dass der Kater zu fauchen und zu kratzen anfing.
    »Er mag nicht gern geknuddelt werden.«
    Bender fuhr erschrocken herum und schaute direkt in Morells rundliches Gesicht. »Chef … Hallo … Wie schön, Sie zu sehen.« Er setzte den Kater auf den Boden. Dieser rannte sofort zu seiner Futterschüssel und schien ziemlich verärgert darüber zu sein, dass sie leer war.
    »Er ist dünner geworden«, stellte Morell fest. »Wie hast du das angestellt?«
    »Ich … ähm … ich dachte, sein Übergewicht sei nicht gesund, und habe mir darum erlaubt, Fred auf Diät zu setzen.« Er schaute Morells Bauch an. »Das würde Ihnen übrigens auch nicht schaden. Doktor Levi hat doch gesagt …«
    Morell blickte empört erst auf seinen Bauch und dann zu Bender. »Erstens ist es mir egal, was Doktor Levi sagt, und zweitens habe ich bereits ein wenig
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