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Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde
Autoren: Marcia Muller
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fünfundzwanzig Minuten.
    Sogar Julia war da, obwohl ihr die
Schusswunde noch Schmerzen bereitete, und wurde von allen bemuttert. Tonio und
die anderen Kinder rannten lärmend durch den Garten und spielten Frisbee.
Jamie, die fast erwachsen war, saß auf der Treppe, in ein ernstes Gespräch mit
Derek Ford vertieft. Ein interessantes Paar... Ich fing Hys Blick auf und
lächelte.
    Adah trat neben mich. »Komm rein, ich
muss mit dir reden.«
    Wir holten uns Wein aus der Küche und
gingen ins Wohnzimmer.
    »Angesichts der guten Stimmung dürfte
das BSIS den Fall wohl nicht weiterverfolgen, oder?«
    »Maggie Hayley drückt es folgendermaßen
aus: Die Papiere vermodern ganz unten im großen Stapel auf dem Schreibtisch
eines kleinen Bürokraten, und daran wird sich auch nichts ändern.«
    »Das ist gut, denn Dominguez bleibt
eisern. Ich habe den Eindruck, die Seelenklempner glauben ihm allmählich.«
    Dominguez war im Marin General Hospital
wegen einer Gehirnerschütterung, eines Milzrisses und weiterer Verletzungen
behandelt worden und hatte danach im Bezirksgefängnis sehr überzeugend den
Geisteskranken gemimt. Ein gerichtlich bestellter Psychologe, ein Gutachter der
Anklage und einer der Verteidigung redeten ständig mit ihm, um das Ausmaß
seiner seelischen Erkrankung einzuschätzen. Adah und ich waren ebenso wie die
Ermittler aus Marin, Sonoma und San Francisco einhellig der Meinung, er sei
schlichtweg durchgeknallt.
    »Verdammt!«, rief ich aus. »Wieso
durchschauen die ihn denn nicht? Der Typ hat im Knast den Anwalt gespielt; er
weiß genau, dass er als Geisteskranker irgendwann wieder auf freien Fuß kommt.«
    »Ja, und das, nachdem er drei Menschen
getötet hat. Aber die Leute aus Marin County müssen sich an die Vorschriften
halten, und wenn die Psychologen nicht aufmerksam genug sind und er einen
mitfühlenden Richter bekommt — «
    »Ich wünschte, Marin County wäre nicht
zuständig. Der Mord an Scott Wagner ist ihm nämlich nicht eindeutig
nachzuweisen.«
    »Aber er hat dich in diesem Bezirk
angegriffen, das steht zweifelsfrei fest, du hast die Anzeige selbst
unterschrieben.«
    »Und Dan Jeffers? Sie haben Hinweise
darauf, dass er in dem kleinen Haus in Los Alegres getötet wurde. Das gehört zu
Sonoma County und ist ein Kapitalverbrechen.«
    »Auch der Fall steht auf tönernen
Füßen. Die Beweise zeigen nur, dass jemand, der die gleiche Blutgruppe wie
Jeffers hatte, dort verletzt oder getötet wurde. Und sie haben keine Leiche.«
    »Vermutlich ist sie in einem der
Canyons am Sonoma Mountain versteckt. Da kann sie jahrelang liegen, falls sie
überhaupt je gefunden wird. Aber da wäre noch Johnny Duarte. Alex Aguilar hat
praktisch zugegeben, dass Dominguez ihn ermordet hat.«
    »Praktisch zugegeben reicht nicht. Und
wir konnten Alex bisher nicht ausfindig machen.«
    »Was ist mit den Angriffen auf Angela
Batista und Alison James?«
    »Keine von beiden wird ihn anzeigen.
Batista behauptet, es würde ihrem Ruf und ihrem Geschäft schaden. Die andere
hat Angst wegen ihres Sorgerechts.«
    »Der Schuss auf Julia, der Angriff auf
Mick... die Waffe... verdammt! Im Park hatte er sie nicht dabei, das war eine
45er. Vermutlich hat er das billige Ding nach dem Schuss auf Mick einfach in
die Bucht geworfen. Niemand hat etwas gegen Dominguez in der Hand, solange ihr
nicht Aguilar findet und ihn überredet, dass ein Auftritt als Zeuge der Anklage
für ihn am günstigsten ist. Oder Dominguez verplappert sich, und die
Seelendoktoren kapieren endlich, dass er nicht nur zurechnungsfähig, sondern
auch schuldig ist.«
    Adah schwieg, ihr Gesicht war reglos,
sie wirkte nachdenklich. »Du weißt, dass niemand hier oder in Marin oder Sonoma
den Typen auf Urlaub in der Klapse sehen will. Selbst sein Pflichtverteidiger
scheint nicht scharf darauf zu sein. Vielleicht — «
    »McCone!«, rief Hy aus der Küche. »Die
Brote sind fertig. Was soll ich damit machen?«
    »Vielleicht was?«
    Adah zuckte die Achseln. »Ich kann
nichts versprechen, aber ich glaube, ich könnte mit den anderen Ermittlern
einen Deal zwischen unseren Behörden aushandeln. Wir reden morgen weiter.«

Dienstag, 5. August

 
     
     
     
     
    Reynaldo Dominguez und ich saßen
einander gegenüber an einem Tisch im Bezirksgefängnis von Marin County. Es lag
ganz in der Nähe des von Frank Lloyd Wright entworfenen Gemeindezentrums.
Hinter der Einwegscheibe befanden sich die drei Psychologen, die ihn
begutachten sollten, sein Pflichtverteidiger, die Ermittler aus
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