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Zottelkralle

Zottelkralle

Titel: Zottelkralle
Autoren: Cornelia Funke
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die Decke und schlief weiter.
    Ich glaube, ein Hund wäre doch viel netter, dachte Kalli. Gelangweilt starrte er den Schrumpfkopf an, den sein Vater ihm von seiner letzten Reise mitgebracht hatte. Wo war er eigentlich diesmal hingefahren? Ach ja, in die Sahara. Na, da würde er Kallis Mutter wahrscheinlich ein Kamel als Kerzenständer mitbringen oder Salzstreuer in Pyramidenform. Kichernd ließ Kalli den Schrumpfkopf über den Schreibtisch rollen.
    »Kalli!«, rief seine Mutter von unten. »Komm bitte runter. Du musst mir beim Einkaufen helfen.«
    »Wieso das denn?« Kalli beförderte die zerbissene Einkaufstasche mit einem Tritt unters Bett.
    »Na, weil dein Vater morgen wiederkommt. Hast du das etwa vergessen?«
    Morgen schon! Kalli stöhnte. Noch ein Problem. Papas Allergie. Die würde Zottelkralle endgültig verraten.
    Wahrscheinlich würde sein Vater mit dem Niesen gar nicht mehr aufhören.
    »Beeil dich, Kalli!«, rief Mama. »Hast du eigentlich meine große Einkaufstasche gesehen?«
    »Nein!« Ärgerlich sah er zum Bett, wo Zottelkralle friedlich und faul vor sich hin schnarchte, das Fell voller Tortenreste. Ach was, ich werde mir für dieses Monster nicht länger den Kopf zerbrechen, dachte Kalli. Soll das Faultier doch selbst sehen, wie es klarkommt. Ich hätte sowieso viel lieber einen Hund. Und dann ging Kalli mit seiner Mutter zum Einkaufen. Ohne ihre Lieblingstasche, die spurlos verschwunden war.
     
    Zottelkralle wurde von der Stille wach. Kein Menschenatmen, keine Klimpermusik, keine Schritte, nichts. Erstaunt sah er sich in dem leeren Zimmer um. Dann lief er zur Treppe und lauschte hinunter. Auch kein Mucks. Nichts.
    Weg, dachte er. Einfach weg, ohne mir was zu sagen. Unverschämtheit. Neugierig schielte er übers Treppengeländer. Andererseits gar nicht schlecht, so konnte er sich wenigstens in Ruhe umsehen. Gut gelaunt hüpfte er die Stufen hinunter und lief schnurstracks in die Küche. Ah ja, der Eiskasten. Das Menschlein war immer so knickerig mit den Essensportionen. Besorgt betatschte Zottelkralle seinen Bauch. Eindeutig zu dünn. Aber das ließ sich ändern. Mit gierigen Tatzen öffnete er den Eiskasten.

    Ahh, was für wurmmäßig köstliche Schleckereien!
    Hastig griff Zottelkralle zu. Mit einer Hand das Würstchenglas, mit der zweiten die Eier, mit der dritten die Torte und mit der vierten das Honigglas. Fürs Erste reichte das. Mit einem Tritt knallte er den Eiskasten wieder zu. Dann schleppte er seine Beute zu dem magischen Ding, aus dem die Klimpermusik kam.
    Er stellte sein Essen auf den schimmernden schwarzen Deckel und kletterte auf den Hocker, auf dem Kallis Mutter gesessen hatte. Bewundernd strich er mit zwei Tatzen über die weißen und schwarzen Tasten. Blieben immer noch zehn Krallenfinger, um sich ein Würstchen und ein Stück Torte ins Maul zu schieben. Vorsichtig drückte Zottelkralle eine Taste herunter. »Pling!«, machte es. Entzückt verdrehte er die Augen und rülpste vor Glück.
    Beim nächsten Versuch war er schon mutiger. »Pling, pling, pling!«, perlte die Klimpermusik unter seinen haarigen Fingern hervor.
    Zottelkralle war begeistert. So begeistert, dass er Würstchen und Torte auf den Teppich schmiss und mit allen vier Tatzen auf den Tasten klimperte. Ahh, wie schneckenschleimschaurig schön! Wie käferkribbelköstlich! Seine Krallenfinger flitzten hin und her, unter- und übereinander. Es fehlte nicht viel und Zottelkralle wäre vor Entzücken vom Hocker gekippt. Glücklich knackte er das Honigglas, steckte seine Krallen hinein und schleckte sie ab. Seine eine Tatze steckte noch im Glas und die anderen klimperten klebrig auf den Tasten herum, als er plötzlich Stimmen an der Haustür hörte. Vor Schreck fiel ihm das Honigglas auf den Teppich. »Wo ist denn wieder mein Schlüssel?«, hörte er die große Nacktschnecke sagen.
    Sie waren zurück. So ein madenmehliger Mist! So ein hundefurziger Ärger! Wie konnten sie ihn gerade jetzt stören? Wütend hopste Zottelkralle vom Hocker, sammelte ein, was von seinem Picknick noch übrig war, und kroch unter das dicke rote Sofa mit den Troddeln.
     

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8

    Schwere Menschenfüße kamen ins Haus gepoltert. Was die beim Laufen für einen Lärm machten! Unglaublich. Zottelkralle biss in ein Würstchen und lauschte.
    »Stell alles auf den Küchentisch!«, rief die fiese Nacktschnecke. Dann hörte Zottelkralle, wie sie den Eiskasten öffnete. So ein Mist.
    »Kalli?«, fragte sie. »Hast du die Würstchen gegessen?«
    Nee,
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