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Zottelkralle

Zottelkralle

Titel: Zottelkralle
Autoren: Cornelia Funke
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Menschenhäusern hatte Zottelkralle noch nie Würmer gefunden. Weiß der Geier, was die gegen Haarausfall aßen.
    Sein Monsterherz klopfte wild, als er den Tunnel zu seinem Hauptausgang hinaufkroch. Er schubste die losen Holzbretter zur Seite und hopste auf den staubigen Schuppenboden. Dann schob er die Bretter wieder an ihren Platz und lief in den nächtlichen Garten hinaus.

    In der Dunkelheit hörte er Stinkefell und Trüffelzahn streiten. Erdmonster streiten sich dauernd und meist endet so ein Streit mit einem Ringkampf. Was bei vierarmigen Monstern eine teuflisch wilde Sache ist.
    Geht bestimmt um einen besonders fetten Wurm, dachte Zottelkralle. Die Monsterspucke lief ihm im Maul zusammen, aber er lief weiter. Schließlich hatte er Wichtigeres vor. Jawohl.
    Sollten die zwei sich doch bis an ihr Lebensende wegen alberner Würmer prügeln, in ihren muffigen Höhlen hocken und sich im Winter die Schwänze abfrieren. Er, Zottelkralle, würde in einem warmen Menschenbett liegen und Menschentorte fressen. O ja! Mit hastigen Schritten lief er auf das Menschenhaus zu.
    Dunkel und still lag es da. Nur ein schwaches Licht brannte über dem Eingang. Auf krummen Beinen kletterte Zottelkralle die drei Stufen zur Haustür hinauf. Vorsichtig schob er eine spitze Kralle in das Schloss. Knacks!, sprang die Tür auf. Das Erdmonster schob sich hindurch und lauschte.
    Nichts. Nur ein leises Ticken irgendwo. Leise schloss Zottelkralle die Tür und huschte zur Treppe. Er wusste genau, wo er hinwollte.
    Das Zimmer des kleinen Menschen war im ersten Stock, gleich neben der Treppe. Die Tür war nur angelehnt. Mondlicht fiel durch die Vorhänge ins Zimmer. Von dem Menschlein war kaum etwas zu sehen, nur helles, zerwühltes Haar auf dem Kopfkissen.
    Zottelkralles gespitzte Ohren lauschten dem ruhigen Atem. Unschlüssig stand er da, die Tasche in der Hand. Er holte seine Dose hervor und stopfte sich einen angetrockneten Wurm in den Mund. Hm, ja, das tat gut.
    Schmatzend tapste er auf das Bett zu, stellte seine Tasche auf den Nachttisch und kroch zu dem kleinen Menschen unter die Decke. Ah, war das warm! Und hmmmm! Zottelkralles Nase schnüffelte genüsslich. Da war auch wieder dieser herrliche Seifengeruch! Grunzend vor Wohlbehagen wühlte er sich in die weichen Kissen.

    Ha, wenn Trüffelzahn und Stinkefell mich jetzt sehen könnten, dachte er. Zerplatzen würden die vor Neid. Und dann war er auch schon eingeschlafen.

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3

    Der kleine Mensch, in dessen Bett Zottelkralle gekrochen war, hieß Kalli. Und er wurde davon wach, dass etwas neben ihm schnarchte. Laut und regelmäßig. Kalli kniff sich in den Arm. Aber das Schnarchen war immer noch da.
    Vorsichtig hob er die Decke, schob ein Bein heraus, dann noch eins – und sprang aus dem Bett. Hastig knipste er das Licht an. Was er sah, verschlug ihm den Atem.
    Etwas Rotes, Struppiges kroch unter seiner Decke hervor. »Hey, was ist los?«, knurrte es ärgerlich. »Mach sofort das Licht aus!«
    Erschrocken gehorchte Kalli. Aber auch im Mondlicht war das scheußliche Vieh deutlich zu sehen.
    Es reckte vier haarige Arme in die Luft und gähnte so breitmäulig, dass jede Menge Zähne zum Vorschein kamen. Ziemlich große Zähne.
    Kalli packte seinen Federballschläger und hielt ihn drohend in die Luft. »Raus da!«, rief er. »Verschwinde, du, du …«
    Das Ding in seinem Bett verzog schmollend das Maul, machte aber keinerlei Anstalten zu verschwinden. Im Gegenteil. Lässig lehnte es sich in Kallis Kissen zurück, kreuzte zwei Arme über der Brust und kratzte sich mit den anderen beiden den haarigen Bauch.
    »Hey, hey!«, sagte es mit rauer Stimme. »Was ist das denn für eine Begrüßung? Ist das nett? Ist das freundlich?«
    »Wie kommst du hier rein?«, fragte Kalli. Den Federballschläger hielt er immer noch hoch. »Was für ’n Ding bist du?«
    »Ding, ts.« Ärgerlich schüttelte sein zottiger Gast den Kopf. »Ich heiße Zottelkralle, merk dir das gefälligst. Und ich bin ein Erdmonster.«
    Er erhob sich auf die krummen Beine, bleckte die Zähne zu so etwas wie einem Lächeln – und spuckte gegen Kallis Tapete. Klatsch!, klebte ein giftgrüner Fleck an der Wand.
    »Hey, lass das!«, rief Kalli empört.
    »Wieso? Wo spuckst du denn hin?«, grunzte das Monster ungerührt.
    »Ich spuck überhaupt nicht in der Gegend rum!« Kalli rubbelte mit einem Taschentuch an dem Spuckefleck herum, aber die Tapete blieb grün.
    »Aha, nicht spucken also!« Das Monster kratzte sich gähnend
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