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Zottelkralle

Zottelkralle

Titel: Zottelkralle
Autoren: Cornelia Funke
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hat er nicht, dachte Zottelkralle. Kichernd fischte er das letzte aus dem Glas und stopfte es sich ins Maul.
    »Und die Torte!« Die Nacktschnecke klang ziemlich erstaunt. »Die Torte ist ja auch weg!«
    Der Käse auch, dachte Zottelkralle und verschlang den Rest. Ach, sein Bauch fühlte sich wunderbar an. Ganz prall und rund. Er rülpste zufrieden.
    »Ich – äh – ich hatte einen Riesenhunger«, hörte er Kalli stottern.
    »Du hast das alles gegessen? Aber, Junge, du musst krank sein!«, rief die fiese Nacktschnecke entsetzt. »Und diese Dreckspur da, warst du das etwa auch?«
    »Muss wohl«, sagte Kalli. Aber es klang nicht sehr überzeugend.
    »Diese Dreckspur führt ins Wohnzimmer!« Jetzt klang die Nacktschnecke sehr beunruhigt.
    Hohe spitze Schuhe kamen ins Zimmer getrippelt, gefolgt von Kallis Turnschuhen. Mehr konnte Zottelkralle durch die Troddeln nicht sehen.
    Plötzlich stieß Kallis Mutter einen spitzen Schrei aus, sodass das Monster vor Schreck mit dem Kopf von hinten gegen das Sofa knallte.
    »Oh, mein Klavier!«, stöhnte sie. »Vollgekrümelt, bekleckert, besabbert!« Sie schlug auf die Tasten. »Meine Finger! Meine Finger kleben fest! Willst du das etwa auch gewesen sein, Kalli?«
    »Ich – ich erinnere mich nicht genau«, stotterte Kalli.
    Langsam fühlte Zottelkralle sich unwohl in seinem Versteck.
    »Was geht hier vor?«, fragte die fiese Nacktschnecke. Und trat mit der Schuhspitze gegen das ausgelaufene Honigglas, das nur einen Schritt entfernt vom Sofa auf dem Teppich lag. Ärgerlich! Das hatte Zottelkralle vergessen! Besorgt spitzte er die Ohren und fraß den Rest Torte. Für einige Augenblicke herrschte quälende Stille. Dann sagte die fiese Nacktschnecke mit drohender Stimme: »Auf dem Klavierhocker kleben Haare. Scheußliche, stinkende, rote Haare. Kalli, was geht hier vor? Los, raus mit der Sprache.«
    Aber Kalli sagte gar nichts. Zottelkralle fletschte vor Wut die Zähne, aber vorsichtshalber rutschte er noch ein Stückchen weiter unters Sofa. Wieder wurde es scheußlich still.
    »Was ist das denn?«, fragte Kallis Mutter plötzlich.
    Was ist was?, dachte Zottelkralle. Beunruhigt starrte er auf die spitzen Schuhe, die immer näher kamen. Immer näher.
    »Das!«, rief die fiese Nacktschnecke triumphierend und packte Zottelkralles Schwanz.
    Er versuchte, sich an den Sofabeinen festzukrallen, aber Kallis Mutter riss so grausam fest an seinem Schwanz, dass er jaulend losließ. Gnadenlos wurde er ans Tageslicht befördert. Seine schöne schneckenscharfe Sonnenbrille rutschte ihm von der Nase und die Sonne biss ihm in die Augen.
    Das war zu viel.
    Knurrend warf er sich herum, riss seinen schmerzenden Schwanz los und sprang auf die Beine. Dann stürmte er fauchend und mit gebleckten Zähnen auf die große Nacktschnecke zu.
    »Hilfe!«, kreischte Kallis Mutter. »Hilfe, es will mich fressen!« Entsetzt wich sie vor dem wütenden Monster zurück.
    Zottelkralle spuckte ihr auf die spitzen Schuhe.
    »Zottelkralle! Lass sie in Ruhe!«, rief Kalli und versuchte, ihn festzuhalten. »Zottelkralle!«
    Ärgerlich stieß das Monster ihn zur Seite und Kalli landete im umgekippten Honig.
    »Zu Hilfe!«, rief Kallis Mutter und floh mit zitternden Knien aufs Klavier. Knurrend kletterte Zottelkralle hinterher. Auf den Sesseln ging die wilde Jagd weiter, dann über zwei kleine Tischchen und eine Kommode, die mit den beiden umkippte. Schimpfend kugelten sie übereinander.
    »Du widerliches Scheusal!«, rief Kallis Mutter und haute dem Monster eine Vase auf den zottigen Kopf.
    »Gemeine Nacktschnecke!«, kreischte Zottelkralle und spuckte ihr auf die Bluse.
    »Na warte! Na warte!«, schrie Kallis Mutter, rappelte sich hoch und stürzte zu der Wand, die von oben bis unten mit den Reiseandenken von Kallis Vater behängt war.

    »Nein, Mama!«, rief Kalli. Aber seine Mutter hatte den großen Speer schon in der Hand, der von irgendeiner Afrikareise stammte.
    Zottelkralle bekam vor Schreck einen Schluckauf. Ein Erdmonster ist nicht leicht in die Flucht zu schlagen, aber das Ding, das die große Nacktschnecke da so wild vor seiner dicken Nase schwenkte, sah gefährlich aus. Also nahm Zottelkralle die krummen Beine in die Hand und flitzte um sein Leben. Vorbei an Kalli, der immer noch stumm und starr im klebrigen Honig saß.
    »Verräter!«, zischte Zottelkralle und spuckte ihm im Vorbeirennen mitten auf die Nase. Dann raste er in den Flur und erreichte die Haustür. Mit zerzaustem Haar und wildem Blick kam Kallis
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