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Zottelkralle

Zottelkralle

Titel: Zottelkralle
Autoren: Cornelia Funke
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Lieblingsauto. Die Räder waren abgefressen.
    »Guck dir das an!«, schimpfte er. Anklagend hielt er das Auto in Zottelkralles Richtung und sah gerade noch dessen Schwanz durch die Tür verschwinden.
    »Halt, hiergeblieben!«, rief Kalli entsetzt.
    Mit einem Hechtsprung versuchte er, den Schwanz zu packen. Aber er knallte nur der Länge nach hin. Wie hypnotisiert hastete das Monster die Treppe runter – der Musik nach.
    »O nein!«, stöhnte Kalli genervt und sprang mit ein paar halsbrecherischen Sätzen die Stufen hinab. Das Monster stand in der Wohnzimmertür. Wie eine Riesenhummel brummte es vor sich hin, schwenkte seine vier Arme und wackelte mit dem haarigen Hintern. Zum Glück kehrte Kallis Mutter ihm den Rücken zu.
    Kalli überlegte nicht lange. Er schnappte sich Mamas große Einkaufstasche, pirschte lautlos wie ein Indianer an Zottelkralle heran und stülpte ihm die Tasche über. Monsterkopf, Bauch, Arme und Beine verschwanden. Nur die Füße guckten noch raus. Zottelkralle fauchte wie ein wütender Kater, aber er schaffte es nicht, sich zu befreien.
    Hastig packte Kalli die Tasche samt Monsterinhalt, stopfte die pelzigen Füße auch noch hinein und machte den Reißverschluss zu. Seine Mutter spielte ahnungslos weiter. Wenn sie übte, hörte sie nichts.
    Kalli schleifte die monsterschwere Tasche zur Treppe und schleppte sie keuchend in sein Zimmer hinauf.
    Auf der fünften Stufe hatte Zottelkralle sich durchgebissen. Und als Kalli vor seiner Tür stand, fuchtelten ihm zwei haarige Arme vor dem Gesicht herum. Haarscharf zischten die spitzen Krallen an seiner Nase vorbei. »Lass mich raus!«, hörte Kalli das Monster fauchen.
    Völlig außer Puste schmiss er die Tasche zwischen seine kaputten Spielsachen und knallte die Tür hinter sich zu.
    Knurrend kämpfte Zottelkralle sich aus der zerfetzten Tasche, sprang auf Kalli los und hämmerte mit vier fuchsroten Fäusten auf ihm herum.

    »Aua, hör auf!«, rief Kalli. »Bist du verrückt geworden?«
    »Ich will die Musik hören, du hinterhältiges Nacktgesicht!«, zeterte das Monster. »Ich will, ich will, ich will.« Wütend stampfte es mit den krummen Beinen.
    »Du kannst froh sein, dass meine Mutter dich nicht gesehen hat!«, rief Kalli empört. »Ich hab dich gerettet, jawohl, gerettet! So was wie dich stecken die Nacktschnecken nämlich hinter Gitter oder stellen es ausgestopft in ein Museum! Wie oft muss ich dir das denn noch erzählen?«
    Zottelkralle ließ die Fäuste sinken, spuckte lustlos in die Ecke und sprang auf Kallis Bett. Ohne ein weiteres Wort verschwand er unter der Decke.
    »Komm da raus!«, sagte Kalli. »Und hilf mir aufräumen. Los.«
    »Geht nicht. Kopfschmerzen!«, knurrte Zottelkralle. »Ich kann dieses blöde Tageslicht nicht vertragen.«
    »Och, wenn das das Problem ist!« Kalli wühlte in seinem Schreibtisch herum. »Da!« Er zog dem Monster die Decke weg und warf ihm eine Sonnenbrille auf den Bauch. »Setz die auf.«
    Misstrauisch befingerte Zottelkralle das merkwürdige Ding. Dann schnüffelte er daran und legte es sich auf den Kopf.
    »O Mann, so doch nicht!« Lachend setzte Kalli dem Monster die Brille auf die Nase. »Na, passt doch. Nur deine Ohren sitzen an der falschen Stelle.«
    »Frechheit. Meine Ohren sitzen genau richtig!« Zottelkralle tapste zum Spiegel an Kallis Tür und betrachtete sich misstrauisch. »Schneckenscharf!«, stellte er fest.
    »Ja, ja!« Ungeduldig zog Kalli ihn vom Spiegel weg. »Aber jetzt räumen wir auf. Sonst gibt’s heute nichts mehr zu essen.«
    Das wirkte endlich.
     

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7

    Den Rest des Tages verschlief Zottelkralle. Schließlich war er es gewohnt, am Tag zu schlafen. Außerdem war das Leben bei den Menschen furchtbar anstrengend. Viel, viel anstrengender, als er es sich jemals vorgestellt hatte.
    Also schlief und schlief er, verschlang einen Regenwurm und schlief weiter, fraß drei Stücke Menschentorte und schlief wieder, verspeiste einen Haufen Schinkenbrote samt Teller – und schlief.
    Kalli konnte so viel Faulheit nicht fassen. Ein paarmal rüttelte er das Monster wach, weil sein Schnarchen ihn bei den Schularbeiten störte.
    »Mensch, ich dachte immer, Monster wären wild und widerlich«, schimpfte er. »Aber du liegst bloß faul rum und frisst dich voll. Bist du sicher, dass du ein Monster bist und kein Faultier?«
    »Mäusedreck!«, knurrte Zottelkralle schläfrig. »Alle Monster sind so. Faul und gefräßig. Jawohl!« Dann warf er sich einen Regenwurm ins Maul, spuckte gegen
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