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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)
Autoren: Stephan Ludwig
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Gegenstand, den er an die Wand werfen konnte. Er atmete tief durch, dann fragte er: »War’s das jetzt?«
    »Ich denke schon. Oder ist noch etwas unklar, Herr Schröder?«
    Schröder schüttelte den Kopf. »Ich weiß alles, was ich wissen muss.« Er stand auf und schien einen Moment zu überlegen.
    Dann fragte er: »Möchte jemand eine Weinbrandbohne?«
    *
    »Also, was haben wir, Schröder?«
    Es war kurz nach drei, sie hatten sich zu einer ersten Besprechung in Zorns Büro getroffen. Schröder warf eine dünne Akte auf den Tisch: »Hier steht alles drin.«
    »Erzähl’s mir. Und mach es bitte kurz.«
    »Das Opfer ist männlich, höchstens achtzehn. Keine besonderen Kennzeichen, weder Narben noch irgendwelche Tattoos. Dunkelhaarig, eins dreiundsiebzig groß, Gewicht einundachtzig Kilo.«
    »Ganz schön schwer für einen Siebzehnjährigen.«
    »Ja. Das Mountainbike ist übrigens wirklich sehr selten. Und so gut wie neu. Es gibt nur einen Laden in der Stadt, der ein solches Modell verkauft, die Kollegen sind gerade dort zur Befragung.«
    »Vielleicht haben wir ja Glück und das Rad wurde da gekauft«, nickte Zorn. »Was war die genaue Todesursache?«
    »Die halte ich in Anbetracht der Tatsache, dass dem Opfer fast der Kopf abgeschnitten wurde, für naheliegend.«
    »Was ist mit dem Draht?«
    »Der wird noch untersucht. Momentan wissen wir nur, dass er extrem widerstandsfähig und äußerst dünn ist. Er war quasi unsichtbar, wie er da zwischen den Bäumen gespannt in der Luft hing. Ein Techniker ist hineingelaufen und hat sich eine böse Schnittwunde zugezogen. Wir haben Glück, dass die Leiche so schnell gefunden wurde. Tagsüber ist der Weg ziemlich belebt. Wer weiß, was sonst noch passiert wäre.«
    Eine Gänsehaut bildete sich auf Zorns Unterarmen. Er zog fröstelnd die Schultern hoch und sagte: »Das war definitiv kein Dumme-Jungen-Streich.«
    »Nein, Chef. Das war ein gut geplanter Mord.«
    »Die Frage ist, ob das Opfer zufällig gewählt wurde oder ob der Täter es direkt auf den Jungen abgesehen hatte. Haben wir Fingerabdrücke?«
    »Auf dem Draht logischerweise nicht, die Umgebung wird noch abgesucht. Frau Borck sagt …«
    »Frieda Borck ist eine dumme Kuh«, knurrte Zorn und klappte die Akte zu.
    Schröder warf ihm einen amüsierten Blick zu.
    »Also ich mag sie.«
    »Das wundert mich nicht«, schnaubte Zorn verächtlich und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Arschkriecher.«
    *
    Zwei Stunden später stand Claudius Zorn unschlüssig vor einem Obstregal im Supermarkt in der Bahnhofspassage. Der Kühlschrank daheim war so gut wie leer, er hatte zwei Flaschen Wein, zwei Tiefkühlpizzen und drei Packungen Fertiggerichte im Korb. Unentschlossen trat er von einem Bein aufs andere, schließlich hatte er sich schon vor Wochen vorgenommen, seine Ernährung umzustellen und wenigstens ab und zu etwas Gesundes zu essen. Leider relativ erfolglos, denn er kaufte die Dinge zwar, aß sie allerdings so gut wie nie. So hatte er sich mittlerweile daran gewöhnt, beim Aufräumen regelmäßig ein paar verfaulte Äpfel vom Küchentisch oder eine verschimmelte Grapefruit (manchmal auch den ein oder anderen abgelaufenen Molkedrink) aus dem Kühlschrank direkt in den Mülleimer zu befördern.
    Der Supermarkt war voll, an den Kassen hatten sich lange Schlangen gebildet. Es war kalt, die Klimaanlage lief auf Hochtouren, sie schien nicht richtig zu funktionieren, denn sie klapperte wie ein alter russischer Traktor. Aus versteckten Lautsprechern in den Decken säuselte leise Musik, Zorn biss die Zähne zusammen, als er eine billige Instrumentalversion von My heart will go on , dem Titelsong aus Titanic , erkannte. Er hatte sich schon oft gefragt, was er mehr hasste: das Lied oder den Film, war aber nie zu einem befriedigenden Ergebnis gekommen, bis er irgendwann kapituliert und beides – sowohl den Song als auch den Film – zu den schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit erklärt hatte.
    Es knackte in den Lautsprechern, die Musik wurde unterbrochen und eine aufgeregte Männerstimme verkündete, dass die verehrte Kundschaft unbedingt zum Kühlregal müsse, denn da gebe es jetzt Leckermäulchen -Quark im Hundertfünfzig-Gramm-Becher für sage und schreibe einundvierzig Cent, was einer Ersparnis von unglaublichen fünfundzwanzig Prozent gleichkomme. Eine weibliche Stimme meldete sich und säuselte, dass das absolut phantastisch sei und dass es hier, im Supermarkt, jeden Tag ein bisschen besser werde.
    Ich gehe nie
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