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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere
Autoren: Falconer,Colin
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Elefanten gegeneinander antreten, und er hat einen Innenhof mit schwarzen und weißen Marmorfliesen ausgelegt, auf denen seine Diener die Rollen von Schachfiguren übernehmen. Die Spielzüge dirigiert er durch lässige Fingerzeige von seinem Ruhelager aus.«
    »Das sind die Werke des Teufels!«, schimpfte Pfarrer Bastians.
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    »Woher wollt Ihr das als Gottesmann denn so genau wissen?«, fuhr Conrad van Huyssen ihn an. »Und selbst wenn...«, fügte er bei sich hinzu.
    »Der Prediger hat Recht«, warf der Skipper ein. »Das sind ausnahmslos Heiden, die nicht wissen, was sie tun.«
    »Vielleicht«, pflichtete der Kommandeur ihm widerwillig bei.
    »Vielleicht bleibt ihre Religion uns aber auch lediglich fremd.
    Ich gebe zu, dass die Macht des Shahs ruchlos wirkt und dass sie sich von Habgier nährt. Er füllt seine Paläste mit Kostbarkeiten -
    und übrigens auch mit schönen Frauen -, doch die Verwaltung seines Reiches kümmert ihn nicht. Das führt dazu, dass seine Beamten nach Gutdünken verfahren und dass sie bestechlich sind. Fraglos entbehren diese Länder unserer moralischen Stärke, und« - er machte eine ungeduldige Handbewegung -
    »insofern lässt sich ihre Regierung letztlich mit der unsrigen auch gar nicht vergleichen.«
    Einige der Tischgäste warfen ihm erstaunte Blicke zu, zogen es jedoch vor zu schweigen.
    Lucretia beobachtete neugierig die Gesichter ringsum. Als sie Pfarrer Bastians' beleidigte Miene sah, musste sie sich ein Lächeln verbeißen.
    »Die Leidenschaft für schöne Frauen kann man dem Shah nicht verdenken«, warf der Kapitän genüsslich in die Stille hinein.
    »Nach unserem Ermessen trägt ein Fürst vor allem die Verantwortung für seinen Staat«, widersprach Francois ihm.
    »Ohne eine vernünftige Regierung laufen wir Gefahr, uns in Tiere zurückzuverwandeln.«
    »Es ist Gott, der uns über die Tiere erhöht, nicht die Regierung«, beschied Bastians ihn. »Jede Regierung muss auf Gottes Gesetz beruhen, um zu wirken.«
    Der Kapitän leerte seinen Weinbecher in einem Zug. Ein paar Tropfen verfingen sich in seinem Bart, und er wischte sie mit
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    dem Handrücken fort. »Das reicht«, verkündete er. »Ich glaube, für mich ist es an der Zeit, auf die Brücke zurückzukehren.«
    Jeronimus hatte während der ganzen Zeit unentwegt sein freundliches Lächeln beibehalten.
    Ein reizender, aufmerksamer Mensch im Gegensatz zu dem Kapitän, entschied Lucretia. Ein Mann mit artigem Charakter, ein Diplomat.
    Der Wind bauschte Jacobs' Umhang auf und zerrte an seinen Rockschössen. Die Batavia richtete sich ächzend auf und schlingerte, als sich übermannshohe Wellen unter ihren Rumpf schoben. Eine lausige Nacht, dachte der Kapitän. Doch im Grunde war das nicht verwunderlich. Auf dieser Seite des Äquators galt es zu der Jahreszeit stets heftigen Stürmen zu trotzen, ehe man in die wärmeren Breiten des Südens geriet.
    Allerdings konzentrierte sich nur ein Teil seiner Gedanken auf das Wetter. Der andere Teil befand sich in finsterer Aufruhr und drehte sich um Pelsaert. Die Hände des Skippers schlossen sich fester um den Handlauf der Reling. Dieser lächerliche Angeber, dieser arrogante kleine Wicht, dieser Hundesohn! Wie hatte er es wagen können, ihn vor der Tischgesellschaft zu rügen und ihm sein Verhalten zu diktieren!
    »Ich habe den Eindruck«, ertönte eine Stimme neben ihm,
    »dass Ihr und der Kommandeur nicht gerade die besten Freunde seid.«
    Der Kapitän fuhr herum. Wie aus dem Nichts war der Unterkaufmann an seiner Seite erschienen.
    »Was wollt Ihr?«, fragte Jacobs kurz angebunden.
    Jeronimus lehnte sich an die Reling, zu dicht, zu vertraut. Der Kapitän konnte den Wein vom Nachtmahl in dem Atem des anderen riechen.
    »Mir ist die Art und Weise aufgefallen, in der er Euch bei Tisch behandelt. Ich fürchte, er macht sich nichts aus Euch.«
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    »Keine Sorge«, winkte der Kapitän ab. »Ich mache mir aus ihm genauso wenig.« Er hielt für einen Moment inne und schnaubte dann: »Abgesehen davon ficht es mich nicht an, was er von mir denkt.« Und du mit deiner dicken Goldkette auf dem bestickten Wams kannst mir ebenfalls gestohlen bleiben, setzte er bei sich noch hinzu. Er mochte solche Männer nicht, die sich nur auf feine Worte und vornehme Kleidung verstanden. Er konnte sie jederzeit unter den Tisch trinken oder zusammenschlagen, selbst wenn er unterdessen noch eine Schar Huren bediente.
    »Nun, ich weiß nicht... der Rat der 17 Herren hält doch wohl große Stücke auf
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