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Zivilcourage - Keine Frage

Titel: Zivilcourage - Keine Frage
Autoren: Beate Wagner , Constanze Loeffler
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unserer zunehmend brutalen Gesellschaft. « 1
    Dass Brunner zum Helden wurde, nimmt man bei der Erlus AG gemischt auf: » Die Medien haben ihn auf diesen Sockel gestellt, auf einmal war er der Held von Solln « , sagt Harald Bardenhagen, Kuratoriumsmitglied der Brunner-Stiftung dem Berliner Tagesspiegel. Die ganze Überhöhung und Heroisierung sei ihm unheimlich. » Natürlich ist Dominik für uns ein Held « , erklärt hingegen Claus Girnghuber, ein guter Freund Brunners und Aufsichtsratsvorsitzender der Erlus AG. » Viel wichtiger aber ist es, dass ihn die Öffentlichkeit als Vorbild sieht. « Helden seien Ausnahmeerscheinungen, mit ihnen identifiziere man sich nicht. » Ein Vorbild hingegen fordert Menschen auf, es ihm nachzutun « , sagt Girnghuber.
    Engagement für Menschlichkeit und Nächstenliebe
    Die Brunner-Stiftung hilft zukünftig Menschen und deren Angehörigen, die wegen ihres selbstlosen Handelns gesundheitlich oder finanziell in Not geraten sind. Die gemeinnützige Einrichtung unterstützt aber auch soziale Projekte wie zum Beispiel den Verein » ghettokids « . Hier werden Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien in München betreut. » Ziel der Dominik-Brunner-Stiftung ist es, Zivilcourage als Wert zu vermitteln, der über die effekthascherische Berichterstattung hinaus am Leben gehalten und gelebt wird « , so Peter Maier.
    » Viele Worte, viele Blumen, viele Kerzen, nur, hilfst du morgen? « 1
    In den Monaten nach Brunners gewaltsamem Tod kommen immer neue Details der tragischen Minuten auf dem Bahnhof München-Solln ans Tageslicht. Zunehmend beginnt der Thron des Dominik Brunner zu wackeln, der Glanz seines zivilcouragierten Einsatzes zu verblassen. Die Boulevard-Medien beschwören das Grusel-Image der Brunner-Killer und befürworten die Anklage der Täter wegen Mordes. Seriöse Blätter beginnen indes zu zweifeln: Ist diese Anklage gerechtfertigt, und trägt Brunner eine Mitschuld daran, dass die Situation derartig eskalierte?
    Denn anders als zunächst vermutet, war es der Jurist, der zuerst zugeschlagen hatte. Das behauptete zunächst der Spiegel unter Berufung auf Zeugenaussagen im Februar 2010 . Später geht auch das Gericht davon aus. So soll Brunner nach dem Aussteigen am Bahnhof Solln in Richtung des S-Bahnfahrers gerufen haben: » Jetzt gibt’s hier hinten Ärger. « Dann legte er Jacke und Rucksack ab und näherte sich den beiden Angreifern mit erhobenen Fäusten. Wie Zeugen zu Protokoll gaben, setzte er den ersten Fausthieb und traf einen der beiden Täter ins Gesicht.
    » Wenn Du in meinem Herzen lesen könntest, sähest Du den Platz, den ich Dir gegeben habe.« 1
    Daraufhin steckte sich einer der Täter einen Schlüsselbund zwischen die Finger. Dann gingen die beiden Jugendlichen auf Brunner los, boxten und traten ihn. Brunner schlug mit dem Kopf gegen ein Metallgeländer und rutschte zu Boden. An die zwanzig Mal erwischen die Fußtritte den Mann, auch noch, als Brunner längst wehrlos am Boden liegt. Als die Polizei eintrifft, flüchten die Jugendlichen in ein nahe gelegenes Gebüsch.
    »Es erfüllt mich mit Zuversicht, dass es Menschen gibt, die sich so entschieden für Gerechtigkeit einsetzen.« 1
    Prozess mit Spannung erwartet
    Es vergehen neun Monate, bis der Prozess gegen die beiden Haupttäter vor der Jugendkammer am Münchner Landgericht im Juli 2010 beginnt. Eine Zeit, in der Polizei und Staatsanwaltschaft Akten sichten, 53 Zeugen und vier Sachverständige befragen. Eine Zeit, in der die Bevölkerung spekuliert, mutmaßt und debattiert, ob auch Brunner schuldig ist.
    Der dritte Täter, der in der S-Bahn noch mitgepöbelt hatte, dann aber vorher umgestiegen war, ist zum Prozessauftakt bereits verurteilt. Gegen ihn wurde eine Jugendhaftstrafe von 19 Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter räuberischer Erpressung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten auf Bewährung verhängt.
    So sehen keine Mörder aus
    Am ersten Tag des Prozesses ist die Luft in dem fensterlosen Sitzungssaal 101 des Strafjustizzentrums zum Zerschneiden. An die 120 Pressevertreter haben sich beim Landesgericht München für das Verfahren akkreditiert. Als die beiden Täter durch die weiße Tür in den Sitzungssaal treten, sind viele der Beobachter überrascht, wie harmlos sie aussehen: Zwei schüchtern wirkende, schmächtige Jungs mit schmalen Gesichtern, gekämmt und im frischen Hemd. Auch ihr weiteres Verhalten passt zu dem fast bemitleidenswerten Auftritt. Der Haupttäter
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