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Zivilcourage - Keine Frage

Titel: Zivilcourage - Keine Frage
Autoren: Beate Wagner , Constanze Loeffler
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Ruhe zu geben.
    12 . September 2009 , 16 . 00 Uhr:
    Der 50 -Jährige verständigt per Notruf die Polizei. Den Schülern bietet er an, gemeinsam mit ihm am S-Bahnhof Solln auszusteigen. Eigentlich wollten sie schon vorher in Mittersendling aussteigen.
    12 . September 2009 , 16 . 09 Uhr:
    Die S-Bahn fährt in Solln ein. Brunner steigt mit den Schülern aus, die beiden Angreifer folgen ihnen. Zeugenaussagen zufolge legt Brunner Jacke und Rucksack ab und schlägt in Erwartung eines Angriffs zuerst zu. Die beiden Jugendlichen schlagen zurück und treten auf Brunner weiter ein, auch als er schon am Boden liegt. Brunner verliert das Bewusstsein.
    12 . September 2009 , 16 . 10 Uhr:
    Ein Streifenwagen fährt ohne Blaulicht und Martinshorn zum Bahnhof, da aus Brunners Anruf keine akute Bedrohungssituation zu erkennen war.
    12 . September 2009 , bis ca. 16 . 13 Uhr:
    Mehrere Augenzeugen rufen bei der Polizei an und melden eine Schlägerei am S-Bahnhof Solln. Die Streife, die bereits unterwegs ist, schaltet nun Blaulicht ein. Der Rettungsdienst wird alarmiert.
    12 . September 2009 , ca. 16 . 17 Uhr:
    Ambulanz und Polizei treffen zeitgleich am Bahnhof ein. Brunner liegt bewusstlos am Boden. Die Rettungskräfte beginnen mit der Reanimation, die später im Klinikum Großhadern fortgeführt wird. Die Täter rennen in ein 100 Meter entferntes Gebüsch und verstecken sich. Eine Schallschutzwand verhindert allerdings, dass sie entkommen.
    12 . September 2009 , 17 . 30 Uhr:
    Sebastian L. und Markus S., die sich in einem nahe gelegenen Gebüsch versteckt haben, werden festgenommen.
    12 . September 2009 , 18 . 20 Uhr:
    Dominik Brunner stirbt im Krankenhaus an Herzstillstand durch Kammerflimmern. Die Obduktion ergibt, dass Brunner ein stark vergrößertes Herz hatte. Bis in die frühen Morgenstunden vernimmt die Polizei die Beschuldigten und Zeugen.
    13 . September 2009 :
    Am Tatort legen Betroffene Bürger unzählige Blumen, Kerzen und Briefe nieder. Gegen die beiden Hauptbeschuldigten wird Haftbefehl erlassen. Der dritte Jugendliche, der kurz vor der Eskalation die S-Bahn gewechselt hatte, wird festgenommen.
    16 . September 2009 :
    Auf dem Parkplatz des S-Bahnhof Solln veranstalten örtliche Kirchen und der Bezirksausschuss eine ökumenische Trauerveranstaltung. Alle öffentlichen Verkehrsmittel in München stehen um 18 Uhr für eine Gedenkminute still.
    18 . September 2009 :
    Dominik Brunner wird im engsten Kreis in Ergoldsbach beerdigt.
    1.3 | Eine tragische Geschichte
    Interview mit Prof. Christian Pfeiffer. Der Kriminologe und Jurist leitet das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachen.
    Monatelang hielt der tragische Tod Dominik Brunners auf dem Bahnhof München-Solln Deutschland in Atem. Am 6 . September 2010 verurteilte die Jugendkammer des Landgerichts München I Markus Sch. ( 19 ) wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und zehn Monaten, nur zwei Monate weniger als die höchstmögliche Jugendstrafe. Der Angeklagte Sebastian L. ( 18 ) wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu sieben Jahren verurteilt.
    Herr Prof. Pfeiffer, wie bewerten Sie dieses Urteil?
    Ich kann das Urteil nicht abschließend bewerten, denn der Fall Dominik Brunner wird die Gerichte auch über das Urteil hinaus beschäftigen. Die Anwälte der beiden Täter haben angekündigt, Revision einzulegen. Dann wird der Bundesgerichtshof (BGH) klären müssen, ob rechtliche Fehler in dem Brunner-Urteil aufgetreten sind.
    Was könnten das für rechtliche Fehler sein?
    Ich kann verstehen, dass die Anwälte der Täter die Begründung des Urteils überprüfen lassen möchten. Der BGH müsste im Falle einer Revision zum Beispiel prüfen, ob das Mordmerkmal aus niederem Beweggrund als nachgewiesen gilt. Niedrige Beweggründe sind § 221 STGB zufolge Beweggründe, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und nach allgemeinen Wertmaßstäben besonders verachtenswert sind (Anm. d Red.). Der Anwalt des Täters geht davon aus, dass dem nicht so ist.
    Warum nicht?
    Es ist unstrittig, dass Brunner sich den beiden in einer kämpferischen Haltung genähert hat. Dann hat er den ersten Schlag gesetzt – und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Kinder sich längst in Sicherheit befanden. Es ist gut möglich, dass es in diesem Moment nicht mehr um den Schutz der Kinder ging, sondern um eine Auseinandersetzung zwischen dem » mutigen « Dominik Brunner und zwei pöbelnden Jugendlichen.
    Inwieweit würde sich das auf das Urteil auswirken?
    Wenn
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