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Zivilcourage - Keine Frage

Titel: Zivilcourage - Keine Frage
Autoren: Beate Wagner , Constanze Loeffler
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-Jährige im Müllerschen Volksbad schwimmen gewesen. Am Abend wollte er Freunde auf einer Vernissage treffen. Doch als die Kunstausstellung eröffnet wurde, war Dominik Brunner längst tot. Er starb trotz notfallintensiver Maßnahmen um 18 . 20 Uhr im Klinikum Großhadern an Herzversagen. Dem vorausgegangen war eine Schlägerei mit zwei Jugendlichen auf dem S-Bahnhof München-Solln.
    » Für einen Helden, aber auch für alle, die weggesehen haben und sich jetzt Vorwürfe machen. Wir dürfen nicht noch einmal wegschauen! « 1
    Das Ereignis in München-Solln hat Deutschland erschüttert und in Wohnzimmern, Gaststuben und Talkshows eine Grundsatzdebatte über die verrohte Jugend, verloren gegangene Werte, eine Gesellschaft aus Einzelgängern und fehlende Zivilcourage entfacht, wie es sie hierzulande bisher nicht gab. Dabei war Brunner längst nicht der Erste, der beim Einsatz für andere sterben musste. Erst im Jahr zuvor erlag der damals 29 -jährige Fabian Salar Saremi in Bensheim seinen Verletzungen. Er verteidigte ein Pärchen und wurde dafür von vier Männern zusammengeschlagen. Schwer verletzt lag Saremi am Straßenrand, als ihn ein Taxi überrollte.
    München ist ein besonderer Ort
    Der Unterschied zu Brunner? Es gab mindestens zwei Umstände, die dem Fall Brunner eine erhöhte Aufmerksamkeit bescherten:
    1 ) Die beiden Jugendlichen traten tagsüber in Anwesenheit mehrerer Beobachter mitten auf einem S-Bahnhof auf Brunner ein. Zeugenaussagen zufolge seien Passanten weitergegangen, und auch der Zugführer wäre einfach losgefahren.
    2 ) Brunner starb in München. Seit Jahrzehnten hat der Ort das Image der idyllisch-sicheren Großstadt. Doch sondert sich hier bereits seit Längerem eine kleine reiche Elite immer mehr von den zahlreichen Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen ab. Weil die Stadt nicht sehr groß ist, treffen Jugendliche aus ärmeren Verhältnissen längst nicht nur ihresgleichen im Viertel. » Wenn man junge Leute sieht, die Sportwagen fahren, teure Klamotten tragen, Champagnerrunden werfen und man selbst hat gar nichts, steigt die Wut und Aggression « , sagt Hans Peter Schmalzl, Polizeipsychologe aus München. Gerade im reichen München würden sich sozial schwache Jugendliche als Versager fühlen.
    » Mit Betroffenheit halte ich an diesem Ort inne. Wahrscheinlich wäre auch ich unter denen gewesen, die aus Angst um ihr Leben Ihren Hilferuf nicht hören wollten. Dafür möchte ich Sie um Verzeihung bitten! « 1
    Wer genauer hinsieht, stellt fest: Mögen die Verhältnisse in der bayrischen Metropole vielleicht besonders krass sein – Zivilcourage scheint auch im übrigen Deutschland abhandengekommen zu sein.
    Wie findet die Gesellschaft heraus aus dem Dilemma? Die Politik fordert auf Ereignisse wie in Solln reflexartig eine Verschärfung des Jugendstrafrechts und eine stärkere Videoüberwachung im öffentlichen Nahverkehr. Auch die Mehrheit der Bevölkerung spricht sich für härtere Strafen aus, » aus symbolischen Gründen « . 84 Prozent der Befragten einer Emnid-Umfrage für den Nachrichtensender N 24 sagten, man solle Zivilcourage würdigen, indem man die Strafen für die Täter verschärft.
    Vorschnelle Ehrung?
    Brunners Tod warf in den Wochen nach der Tat viele Fragen auf; gewiss schien nur eines: Brunner hatte sich vorbildlich verhalten – und musste dafür sterben. Schnell avancierte er zum Helden der Zivilcourage. Posthum erhielt er diverse Preise: Vom Bayrischen Verdienstorden bis hin zum Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Beim Bayern-Spiel gegen Nürnberg erhoben sich eine Woche nach dem Ereignis knapp 70 000 Menschen zum Gedenken an ihn. Uli Hoeneß hielt eine bewegende Rede und rühmte Brunner als Vorbild, an dessen Verhalten sich die Gesellschaft ein Beispiel nehmen könne. In München soll ein Platz nach ihm benannt werden.
    » Jetzt erst recht Zivilcourage zeigen. « 1
    Hoeneß gehört dem Stiftungskuratorium der Dominik-Brunner-Stiftung an. Die Stiftung gründete sich nur wenige Wochen nach dem Tod des Managers, Initiatoren sind ehemalige Kollegen der Erlus AG – der Dachziegelbetrieb, in dem Brunner Geschäftsführer war –, Angehörige und Freunde seiner Familie. » Es war schnell klar, dass wir etwas Bleibendes gegen das Vergessen und für die Zivilcourage tun wollen « , sagt Peter Maier, Vorstand der Erlus AG und der Brunner-Stiftung.
    » Ich betrauere den Tod des mutigen Mannes und fühle mit seinen Angehörigen. Dennoch: Auch die brutalen Täter sind Opfer
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