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Zivilcourage - Keine Frage

Titel: Zivilcourage - Keine Frage
Autoren: Beate Wagner , Constanze Loeffler
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Markus Sch. ist physisch und psychisch nicht in der Lage, selbst auszusagen, Sebastian L. antwortet dem Richter in kurzen, monotonen Sätzen.
    » Du verdienst unseren ganzen Respekt. Lebe im Himmel weiter. Wir kommen später nach und werden Dir die Hand schütteln. « 1
    Die Verhandlung dauert zwölf Tage. Der Vorsitzende Richter Reinhold Baier versucht, die in der Öffentlichkeit aufgeheizte Stimmung vom Gerichtssaal fernzuhalten. » Das kann ich absolut nachvollziehen, dass Ihnen nicht wohl in Ihrer Haut ist « , sagt er in fast väterlicher Art zum 18 -jährigen Sebastian L. Baier kennt sich aus mit jungen Tätern. Er hat auch die beiden Jugendlichen vom Arabellapark zu langen Haftstrafen verurteilt, die 2007 einen Rentner in München zusammengeschlagen hatten. Der Jugendrichter gilt als empathisch, aber streng in seinen Entscheidungen. Die Täter vom Arabellapark verurteilte er damals zu zwölf und achteinhalb Jahren Haft.
    Wir wollten nie töten
    Auch Markus Sch. und Sebastian L. müssen mit einem harten Urteil rechnen; die Staatsanwaltschaft klagt die beiden wegen Mordes an. Gleich zu Beginn geben beide Täter zu, in den Konflikt involviert gewesen zu sein, äußern ihr Bedauern und beteuern, sie hätten Brunner weder angreifen noch töten wollen.
    Nach dem vierten Prozesstag nimmt die Verhandlung eine überraschende Wende: In ihrer 90 -seitigen Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft ungenau formuliert, Brunner sei an den Folgen des Angriffs der Angeschuldigten verstorben. Nun aber wird klar: Todesursächlich war ein schwaches, krankhaft vergrößertes Herz. Zwar wies Brunners Körper mindestens 22 schwere Verletzungen auf und seine Stirn trug den Abdruck eines Turnschuhs von Markus Sch. Brunner starb jedoch weder an diesen Verletzungen noch wies er Knochenbrüche oder innere Blutungen auf, die für seinen Tod ursächlich gewesen wären.
    » Unsere Familie ist sehr betroffen, haben wir doch auch Kinder in diesem Alter, die mit dieser S-Bahn fahren. « 1
    Es bleibt bei Mord
    Mit einem Mal ist das brutale Killer-Image der Täter nicht mehr aufrechtzuhalten. Besonders brisant: Die Staatsanwaltschaft München wusste seit der Obduktion im September 2009 von Brunners vergrößertem Herz, verschwieg diesen Umstand aber bis zu Prozessbeginn.
    Vielmehr hält sie weiterhin an der Mordanklage fest. » Herr Brunner ist infolge der Schläge und Tritte daran gestorben, dass das Herz stehen geblieben ist « , erklärt die Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger. Ohne die massiven Schläge und Tritte würde er noch leben. Er sei nicht aggressiv gewesen, wollte sich mit seinem Schlag nur schützen. Weder sein erster Schlag noch der unentdeckte Herzfehler seien erheblich. Im Übrigen habe niemand einen Anspruch auf ein gesundes Opfer.
    Das Gericht bleibt mit seinem Urteil nur geringfügig unter den von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafen: Am 6 . September 2010 wird Markus Sch. wegen Mordes und versuchter räuberischer Erpressung zu neun Jahren und zehn Monaten Jugendstrafe verurteilt. Sebastian L. bekommt sieben Jahre Jugendstrafe wegen Körperverletzung sowie versuchter räuberischer Erpressung mit Todesfolge. » Die Angeklagten hatten sich entschlossen, sich an Dominik Brunner zu rächen « , sagt Richter Baier. Sie seien » aufs Höchste verärgert gewesen, dass sie von einem Wildfremden in ihre Schranken gewiesen wurden. «
    » Lieber Held, möge Gott Dich mit offenen Armen empfangen. Für Deinen Mut hast Du einen Ehrenplatz im Himmel verdient. « 1
    Ob dem wirklich so war, wissen nur die Jugendlichen selbst. Sie sitzen mittlerweile in der Justizvollzugsanstalt Ebrach in Oberfranken ihre Strafe ab. Die Diskussion über den Fall Brunner ist mit dem Urteil nicht beendet. Die Anwälte der beiden Täter haben Revision angekündigt.
    1.2 | Chronologie eines Falles
    12 . September 2009 , 15 . 45 Uhr:
    An der Münchner S-Bahn-Haltestelle Donnersbergerbrücke bedrohen drei Jugendliche im Alter von 17 und 18 Jahren vier Schüler. Die Jugendlichen fordern 15 Euro von den 13 - bis 15 -Jährigen und schlagen mindestens einen der beiden Jungs der Gruppe.
    12 . September 2009 , 15 . 58 Uhr:
    Die S-Bahn in Richtung Solln fährt in den Bahnhof ein. Die Schüler steigen ein. Zwei der pöbelnden Jugendlichen ebenfalls, der dritte wechselt in eine andere Bahn. Die späteren mutmaßlichen Täter sprechen laut darüber, wie sie den Schülern das Geld abnehmen wollen. Dominik Brunner schaltet sich ein und fordert die Jugendlichen auf,
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