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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters
Autoren: Thomas F. Monteleone
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Lebensstandards der Bevölkerung reichen diese Konzessionsgelder nicht. Die ausländischen Bergbau-Konzerne führen die Erze aus dem Land hinaus zu den Industriezentren der Welt, wie Nespora, G’rdellia und Zend Avesta, wo kleine, erbärmliche Fabriken armselige Repliken von Dingen aus der Ersten Zeit herstellen. Über den Zustand des Landes macht man sich in der Bevölkerung im allgemeinen keine großen Gedanken. Sie ist in kleinen Städten und Dörfern über das riesige Land verstreut und wird äußerst streng von einer Gouverneurskaste und diesen Gouverneuren treu ergebenen Angestellten regiert. Es gibt so etwas wie eine militärische Bedrohung, die die Bevölkerung wie ein Leinentuch einhüllt, ihrem Leben eine weitere Widrigkeit zufügt, die noch zu der bereits vorhandenen Öde ihrer Lebensweise hinzukommt. Kunst läßt sich kaum ausmachen, die Musik ist so gut wie unbekannt, und der Analphabetismus grassiert. Alles in allem ein einfarbiges, niedriges Volk, als dessen beste Eigenschaft man die Zuverlässigkeit nennen könnte, aber das läßt sich auch von Pferden und Ochsen sagen. Zu Kriegszeiten kommt diese ihre Tugend am besten zur Geltung. Man sagt ihnen nach, sie marschierten unerschrocken einer überwältigenden Übermacht entgegen und ließen sich bis zum letzten Hilfsöldner abschlachten, ohne auch nur einmal dagegen zu protestieren. Die wichtigste Stadt heißt Calinthia, die bequem, wie eine fettleibige Person in einem extrem gepolsterten Sessel, im geographischen Zentrum des Kaiserreichs liegt. Angesichts dieser Gegebenheiten „regiert“ der Kaiser – eine Aufgabe, die der allgemeinen Ansicht nach endlose Stunden des höfischen Pomps mit absolut hündisch ergebenen Höflingen, Feste, exzeßartige Saufgelage und Tanzmädchen, vorzugsweise nackt, beinhaltet. So blieb es nicht aus, daß die zweite Garnitur der Staatsspitze, Ratgeber, Kanzler und Adlige, enge Verbindungen zu Nespora geknüpft haben. Sie bewegen die reichen Abgesandten Nesporas, die natürlichen Reichtümer des Landes auszubeuten, um so wenigstens den äußeren Anschein von Handel und Stabilität zu bewahren. Obwohl es unfair wäre zu behaupten, die scorpinnianische Regierung sei korrupt, so überzeugt den aufmerksamen Beobachter ein näherer Blick auf die beiden wichtigsten Häfen am Golf – Mogun und Talthek – doch davon, daß diese Nation sich aufs äußerste bemüht, in die Tretmühle des Vergessens zu geraten.
    Doch man findet auch noch schlimmere Orte.
    Nordwestlich des scorpinnianischen Kaiserreichs befindet sich ein kahler, ungewöhnlicher Ort – das Schlackenland. Wie ein ruhiger, mit grauem Wasser gefüllter Ozean dehnt es sich zum Horizont aus und hört vielleicht erst am Ende der Welt auf. Es ist eben wie eine Glasscheibe und genauso formlos. Das Schlackenland setzt sich aus verglastem Fels und Basalt und geschmolzenem Stahl zusammen. Zu einer früheren Zeit, weit zurück in der Vergangenheit der Welt, mag dieser Ort ein riesiger Stadt- und Industriekomplex gewesen sein. Dann muß irgend etwas geschehen sein, das selbst die Erde dazu brachte, wie Öl in der Pfanne zu kochen. Alles zerschmolz zu Lava und blieb vielleicht tausend Jahre lang heiß, bis es dann zu einer diamantenharten, absolut flachen, unglaublich toten Landschaft abkühlte – wie eine Wiese aus Stahl, wo sich nichts bewegt, wo nichts lebt.
    Aber südlich und westlich des Schlackenlandes trifft man wieder auf Leben, wenn es auch mißgünstig ist und wenig Achtung für seinesgleichen aufbringt: die vorher bereits erwähnten Schmutzflecken Pindar und Eyck, deren Fläche sich dort an den Biegungen des Kirchow drängt, wo er sich in das G’rdellianische Meer ergießt.
    Im Süden dieser smaragdgrünen Wasserfläche findet sich mitten im dürren Nichts eine Blume: das Land G’rdellia. Vielleicht das älteste Land der modernen Welt, ist G’rdellia stolz auf seine Herkunft, seine Geschichte und vor allem seine Kultur. Obwohl das Land so arm ist wie Scorpinnion reich, haben die G’rdellianer ihrem Boden so lange gut zugeredet, ihn so verhätschelt und bearbeitet, bis er für sie das produzierte, was sie haben wollten. Die G’rdellianer sind eine Nation von Arbeitern. Sie singen und lachen bei der Arbeit, verweben die Arbeit mit ihrer Kultur und Tradition. G’rdellia ist eine Nation der Erbauer, Seeleute, Künstler, Händler und Denker. In der Hauptstadt Eleusynnia gedeiht die Schönheit. Die Kunst ist hier zu Hause, die Straßen sind voller Musik. Architektur
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