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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters
Autoren: Thomas F. Monteleone
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verschlossen, wo immer das heute auch sein mag. Denn falls sie so weise und mächtig waren, wie ich mir das vorstelle, haben sie wahrscheinlich unseren ‚Aufstieg’ zur Zivilisation beobachtet und sich dazu entschlossen, uns ihnen niemals nachfolgen zu lassen.
     
    MANNENs Die Abkehr

Am Tod findet sich ein Aspekt, der auf die Ewigkeit, das niemals Endende verweist; denn gestorben wird immer, und den Tod wird es immer geben. Die Realität des Vergangenen, die zu erwartende Vorstellung des Zukünftigen. Und da nun vieles auf einen niemals endenden Kreislauf des Lebens hinweist, muß die Welt den Tod als Katalysator ansehen, als Erstes Veränderungsprinzip, das diesen Kreislauf in Gang hält.
    Doch wollen wir uns nicht um den Tod der Menschen sorgen – denn der Mensch besitzt keine Substanz und ist ein niederes Wesen –, sondern vielmehr um den Tod von Ideen. Denn es sind die Ideen, die leben und den zukünftigen Generationen, den zukünftigen Ewigkeiten ihren Odem einhauchen.
    Betroffenheit ist, man muß es leider sagen, nicht ausreichend, denn Kriege werden weiter geführt. Die ratlosen und verblendeten Bemühungen der Menschheit nach Macht und Herrschaft vergiften beständig die Erde. Es ist wie mit einer Fäulnis, die die Erde so nachhaltig besudelt, die sich so übermächtig ausbreitet, daß es nichts gibt, das ihr Einhalt gebieten könnte. So lange es Menschen gibt – und das will wie ein Fluch erscheinen, i.e., es wird sie immer geben – wird dieses schreckliche Abschlachten, dieses zu Tode Verstümmeln und dieses Brandschatzen andauern.
     
    Fragment eines Textes aus der Ersten Zeit in der
    GROSSEN BIBLIOTHEK VON VOLUSPA
     
     

 
     
     
     
     
     
Prolog
     
    Seit einiger Zeit erlebt die Welt eine Ära des Friedens. Man ist versucht zu sagen, es sei auch eine Ära des Wohlstands, aber das kommt der Verfälschung einer viel rauheren Wirklichkeit gleich. Wie zu fast allen Zeiten trifft der Wohlstand nur eine kleine und privilegierte Gruppe. Und die vorliegende Ära unterscheidet sich da nicht von den anderen. Selbst die Aussage, es sei eine Ära des Friedens, ist eher eine „Beugung“ der Tatsachen angesichts der Auseinandersetzungen zwischen den beiden nicht gefestigten Staaten Pindar und Eyck.
    Gott sei Dank ist das Ausmaß dieser Auseinandersetzungen nur gering, und sie finden ohnedies nur an den äußersten östlichen Randgebieten der zivilisierten Welt statt. Östlich dieses Gebiets liegt das Baadghizi-Tal, eine riesige Senke zwischen dem Grankamm-Gebirge, in dem ein unermeßlicher Wald aus dicken, schwarzen Stämmen gedeiht, die mit Dornen wie Speerspitzen besetzt sind. Sie bilden ein derart undurchdringliches Dickicht, daß kein Mann, noch nicht einmal ein Narr, jemals versucht hat, ihn zu durchqueren. Dennoch besteht das Gerücht, merkwürdige Lebewesen seien innerhalb seiner Grenzen entstanden und hätten erlernt, auf dem übersäten Boden mit seinem Meer an Stämmen zu manövrieren und tollkühn über die Wipfel des riesigen Waldes zu laufen.
    Man sagt auch, Pindar und Eyck werden wahrscheinlich nie zu einem Frieden miteinander kommen. Der Anspruch auf die „wirklichen“ eigenen Grenzen ist stets eine höchst delikate Angelegenheit, besonders bei solchen Staaten, deren Selbstbewußtsein noch auf sehr wackeligen Füßen steht. Und in diesem bedauernswerten Zustand befinden sich Pindar und Eyck. Und ihre Regierungssysteme sind nicht weit von dem entfernt, was mancher eine „Operettendiktatur“ nennen mag. Tatsächlich lautet einer der sich am hartnäckigsten haltenden politischen Witze in G’rdellia, einem Nachbarstaat der beiden, der über etwas mehr Kultur verfügt, so: Wer regiert Pindar eigentlich in dieser Woche?
    Und da die einzigen beständigen Exportartikel dieser beiden Staaten richtigerweise folgendermaßen beschrieben werden: Unruhe, Haß und Mißtrauen, kann man die beiden getrost ignorieren, wenn man die Welt als Ganzes ins Auge fassen will. Pindar und Eyck sind nicht mehr als die fußkranken Stiefkinder einer Welt, die sich nur marginal in einem besseren Zustand befindet, sich aber trotzdem lieber weigert, diese Grundwahrheit anzuerkennen.
    Es ist eine Welt der ungeheuren Ignoranz, der sich galoppierend ausbreitenden Pest, der kleinlichen Ungerechtigkeit, der ungeminderten Gerüchte, des frühen Tods und einer bedeutungslosen Existenz. Es ist eine Welt, in der der Geist der Menschheit manchmal brillant, manchmal verrufen die treibende Kraft, der Brennstoff im Hochofen der
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