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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters
Autoren: Thomas F. Monteleone
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Und sie wurde zu einer Entdeckungsreise ausgeschickt: zu einem Versuch, das Sonnenlose Meer zu überqueren.
    Das war das letzte gewesen, was man von dem stolzen und schönen Schiff gesehen hatte.
    Varian war auf Grund seiner Jugend und Unerfahrenheit nicht mitgesegelt, aber er fragte sich oft, was aus der Mannschaft geworden war. Einer der Männer war Reg Furioso gewesen, der vielgerühmte Waffenmeister aus Sanda. Als Varian ihn auf der Nachtschatten kennengelernt hatte, war er bereits ein alter Mann. Ein Mann, der genauso hart und unerbittlich agierte wie seine gewaltige Ausstattung an Klingen und Pistolen. Während der vielen Flauten bei den Seereisen durch den Aridard-Golf unterrichtete Furioso den jungen Varian im Gebrauch und in der Kampftechnik von Pike, Breitschwert, Kurzschwert, Säbel, Pistole und Gewehr. Zu jeder Zeit betonte er die Vorherrschaft des Geistes über das Fleisch, denn Furioso hatte sein tödliches Handwerk von den antiken Meistern aus Odo gelernt, dem Sitz der philosophischen Weisheit in der modernen Welt.
    Ab jenem Zeitpunkt eignete sich Varian eine Mischung aus Religion, Riten und Philosophien an – alle strebten zur Meisterschaft im Töten und Verstümmeln, aber sie enthielten auch wunderbare Abschweifungen, die einen faszinierenden Weg eröffneten, die Welt zu erschließen und zu sehen. Und so war Varian mit seinen dreißig Jahren ein Experte in allem geworden, was mit gewaltsamem Töten zusammenhing. Im wahrsten Sinn des Wortes gab es tausend Wege, einen Menschen zu töten, und Varian kannte sie fast alle. Solchen Menschen eilt ihr Ruf spektakulär voraus. Und auf Varian kam eine Periode zu, in der er beweisen mußte, ob sein Ruf etwas wert war.
    Und Varian stellte sich.
    Jetzt war auch Varians selbstaufreibende Ausbildung beendet. Sein Motto hätte sein können: „Mich zwingt keiner nieder!“ Und das entsprach wirklich der Wahrheit.
    „Du da!“ Eine Stimme schien Varian wie ein Pfeil zu durchbohren. „Komm da runter!“
    Die Stimme des Ersten Maat hatte ihn aus seinen Erinnerungen gerissen. Er war ein hagerer, sehniger Bursche mit öligem Haar, der direkt unter ihm stand.
    Varian hangelte sich rasch hinunter und landete direkt vor den Füßen des Mannes. „Ja, Sir?“
    „Du bist Hamer, einer von den neuen Männern?“
    „Das stimmt. Ist irgend etwas nicht in Ordnung, Sir?“
    „Ich stelle hier die Fragen, falls du nichts dagegen hast.“ Der Erste Maat beäugte ihn mit einem Blick, der weder freundlich noch bösartig war, eher so wie jemand, der Waren begutachtet.
    „Verzeihung, Sir.“
    „Der Kapitän hat von keinem von euch Neuen vollständige Papiere. Und ich möchte einige Sachen klargestellt haben – denn ich bevorzuge es, die Mannschaft zu kennen, wenn du weißt, was ich damit meine.“ Der Erste Maat grinste beinahe, dann schien er das jedoch zu überdenken.
    „Sicher, Sir.“
    „Gut also: letztes Schiff?“
    „Die Drachenflug aus Asir.“
    Der Gesichtsausdruck des Ersten Maat wechselte von einem kurzen Aufzucken der Überraschung über Neugierde bis zu mißgünstiger Bewunderung. „Ein schweres Unglück, wie ich hörte. Wie viele Männer sind dabei umgekommen?“
    „Alle bis auf zehn. Die Mannschaft bestand aus vierundachtzig Mann. Ein Sturm entstand aus dem Nichts und brach über uns herein, als wir gerade die Straße von Nsin verließen, und das Schiff zerschellte an den Klippen.“
    „Ja, das habe ich auch gehört. Wie hast du es denn geschafft?“
    „Vermutlich nur durch Glück, Sir. Und durch ausdauerndes Schwimmen.“ Varian riskierte ein Lächeln und hoffte, es wirkte nicht zu affig.
    „Irgendwelche besonderen Fähigkeiten, von denen ich wissen sollte?“
    Varian dachte über die Frage nach. Besser war es, nicht von seinen Erfahrungen und Fähigkeiten im Kampf zu reden. Man verschaffte sich damit nur Ärger, wurde eine solche Äußerung doch allzuoft als Prahlerei mißverstanden. Varian hielt sich also zurück und bemerkte lediglich, er sei ein Amateur-Astronom und hätte einige grundlegende navigatorische Kenntnisse.
    „Das könnte sich als nützlich erweisen. Gut, gut. Behalte die Waffen bei dir, und sei auf der Hut. Es laufen Gerüchte um neue Banden aus Hestall um. Wir sind stark genug, um mit denen fertig zu werden, aber paß trotzdem auf, klar?“
    „Jawohl, Sir.“
    „Wir arbeiten in Standardschichten. Du erhältst deine Befehle nur von mir oder dem Kapitän und niemand anderem, solange wir nicht einen Wachoffizier bestimmen.
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