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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters
Autoren: Thomas F. Monteleone
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ausgebreitet.
    Dann geschah etwas, das Varians Puls höher schlagen und ihn tiefer einatmen ließ. Die Menge wogte und brandete an den Gangways vorbei. Der alte Mann war nur ein unbedeutendes Element, das sich im Strom bewegte. Aber ganz plötzlich schossen seine Augen zur Courtesan hoch, Varian direkt ins Gesicht.
    Alles schien so, als hätte der alte Mann gewußt, daß dieser Seemann ihn angestarrt und beobachtet hatte.
    Sobald diese Verbindung einmal hergestellt war, schien keine Seite sie brechen zu können. Varian glaubte zu erkennen, die Gestalt nickte ihm unauffällig zu. Dann schnitt der Alte quer in den Strom der Menge ein und lief direkt auf die Gangway der Courtesan zu.
    Was habe ich getan, dachte Varian. Ein alter Bettler ist auf mich aufmerksam geworden, und jetzt wird er mich persönlich belästigen. Das war unwürdig, eine Beleidigung seiner Stellung und seines Rangs. Er durfte nicht zulassen, daß seine Kameraden ihn in einer solchen Situation entdeckten.
    Varian drehte sich um, starrte ängstlich über das Deck und hoffte, daß er von niemandem bemerkt wurde.
    „Du wirst mir jetzt zuhören“, sagte eine Stimme.
    Varian verkrampfte sich, als eine Hand seine Schulter berührte. Er wirbelte abwehrbereit herum und war schockiert, den alten Mann neben sich zu sehen.
    „Wie …?“
    „Ich bin nicht ganz so hilflos, wie es den Anschein hat.“ Aus der Nähe betrachtet, schien das Gesicht des Alten zeitlos zu sein – nicht jung und auch nicht alt, sondern einfach menschlich. Die Augen zeigten ein kaltes Blau, aber sie spiegelten auch Weisheit und einen nicht geringen Schmerz wider.
    „Was willst du von mir?“ Varian trat einen Schritt zurück und beobachtete scharf aus den Augenwinkeln, ob der Alte nach einer verborgenen Waffe greifen würde.
    „Ich will nur mit dir reden. Das ist mein … mein Schicksal: mit Leuten zu reden.“
    „Dein Schicksal? Wovon redest du überhaupt? Was willst du von mir?“ Varian hatte kein Vertrauen zu dem Mann.
    „Ich heiße Kartaphilos. Hast du schon von mir gehört?“
    Der Name sagte Varian gar nichts, und er schüttelte den Kopf.
    Der Mann lachte leicht und nickte dabei. „Es ist immer dasselbe. Niemand kennt den Namen. Aber das macht nichts. Ich habe eine Geschichte zu erzählen.“
    „Hör mal, alter Mann, das mag ja sein, aber ich habe hier zu arbeiten, und du hältst mich dabei auf. Ich wäre kein Seemann der Handelsmarine, wenn ich die Zeit hätte, herumzusitzen und mir von jedem alten Trottel dessen Geschichte anzuhören. Also …“
    Eine Hand griff nach Varians Arm, direkt unter dem Bizeps. Es war eine junge, starke Hand. Varian spürte die Kraft und den Druck auf seinem Arm und fühlte die zurückgehaltene Kraft, die leicht den Arm bis auf den Knochen zerquetschen könnte. „Doch, du wirst mir zuhören, Varian Hamer.“ Die Augen des Alten standen kurz vor dem Glühen.
    „Woher kennst du mich?“
    „Ich kenne alle Leute, denen ich meine Geschichte erzählen will. Ich bin kein dummer Bettler, und ich habe dich beobachtet. Du bist ein findiger Mann und eine geachtete Persönlichkeit. Dein Name wird voller Bewunderung in den Bars und Tavernen rund um die Docks von Mentor ausgesprochen. Du bist einer der wenigen Überlebenden der Drachenflug. Sie sank in weniger als einer Minute. Du weißt, daß du etwas Besonderes bist.“
    Ein Appell an Varians Ego war niemals ein Fehler. „Das kann schon sein“, sagte er. „Also, was hast du mir zu erzählen?“
    Kartaphilos lächelte. „Ich dachte mir schon, daß Schmeicheleien bei dir gut ankommen würden. Man sagte mir, diese Sprache verstehe jeder.“
    „Du bist ein komischer Kauz, aber nicht wahnsinnig komisch. Also strapaziere nicht meine Geduld, alter Mann.“ Varian bemühte sich, grob zu klingen, aber er wußte, daß er Kartaphilos nichts vormachen konnte. Der alte Mann strahlte einen unentrinnbaren Einfluß auf ihn aus.
    „Sehr gut, Hamer. Ich werde dir etwas erzählen, von dem ich genau weiß, daß es deine Neugierde anstacheln wird. Ich weiß auch, daß du sehr an der Welt interessiert bist und da besonders an ihren vielen Geheimnissen. Du gibst dich nicht mit den Krumen des Lebens ab, die die Golfstädte dir anbieten. Du suchst nach mehr. Du …“
    „Wie kannst du so etwas wissen?“
    Kartaphilos lächelte. „Sagen wir doch einfach, ich weiß es eben. Andernfalls würde die Geschichte noch länger. Und du hast gesagt, du hättest nicht viel Zeit. Laß mich dich also fragen: Hast du schon einmal
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