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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde
Autoren: Cassy Fox
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Schnitt, das Huhn hatte keine Chance. Wahrscheinlich nicht einmal dazu, noch Angst zu empfinden.
    Faith war dazugekommen, hatte gesehen, wie das Blut in Jacks Gesicht gespritzt war, und die fahle Blässe mit roten Tropfen überzogen hatte. Etwas war an diesem Anblick gewesen. Die Farbe wirkte so unheimlich grell auf ihm. Dann sein Gesicht, verzerrt von der Anstrengung; von der Konzentration? Oder war da noch etwas anderes gewesen? Ein ungutes Gefühl hatte sich in ihrem Magen ausgebreitet. Alles war plötzlich dunkler geworden. Und –
    Faith schüttelte den Kopf. Das Gefühl kam zurück. Sie musste es loswerden. Dieses Rumoren im Bauch, dieses Stechen und Kratzen war mehr als unangenehm. Doch das Bild war zurück. Es hatte damals so fremd gewirkt, aber es ließ sie nicht mehr los. Fremd und doch war da noch etwas. Soweit sie sich erinnern konnte, war sie zusammengebrochen. Völlig grundlos.
    „Aufhören!“, sie stampfte mit dem Fuß auf. Das war nun wirklich nicht das beste Thema zum Nachdenken. Zudem gab es gerade andere Probleme. Probleme, an denen sie und Jack schuld waren.
    „Ihr lernt es auch nie, oder?“ Die Stimme war direkt an ihrem Ohr und Faith fuhr erschrocken herum. Neben ihr stand Shawn, ein Junge, der immer auf Stelzen unterwegs war, das Gesicht halb verdeckt durch eine Maske. Sie gab ihm ein unwirkliches Aussehen mit dieser langen schnabelähnlichen Nase und den Augen, die durch ovale Gitter wie Insektenaugen wirkten. Auch seine Klamotten waren seltsam. Man sah nicht, wo seine Glieder aufhörten und die Stelzen begannen. Die Beine seiner Hose waren so geschnitten, dass sie lang und weit über diese Schnittstelle fielen. Auch das Oberteil war viel zu groß und seine Hände verschwanden unter den Ärmeln. Schließlich richtete er sich auf und stemmte die Hände in die Hüften. „Ihr habt wieder ganze Arbeit geleistet.“
    Faith sah erneut auf das Chaos. Hätte es nicht einfach verschwinden können? Ein kleiner Zauber, ein Trick, irgendwas, damit es einfach nicht mehr da war. Bei all den Fähigkeiten im Zirkus war dies eine, die wirklich fehlte. Und sie wäre so nützlich gewesen. Auch wenn inzwischen einige dabei waren, ein wenig aufzuräumen, konnte das doch noch ewig dauern. Das Essen würde sich weit, sehr weit nach hinten verschieben.
    „Also wirklich“, der große Kopf wurde geschüttelt. „Warum denn dieses Mal?“ Eines seiner Beine gab nach, rutschte ein wenig zur Seite und Shawn sackte nach unten. Zugleich fing er sich mit seinen langen Armen auf, die auch irgendwo mit Stelzen verschmolzen, und schwebte nun wie ein dicker Spinnenkörper zwischen seinen Gliedmaßen.
    „Es war nicht meine Schuld“, Faith zog die Stirn kraus, erntete jedoch nur einen skeptischen Blick mit hochgezogener Augenbraue von ihm. „Jack hat etwas gestohlen und ich wollte es von ihm zurückhaben. Das wäre alles nicht passiert, wenn er nicht geflüchtet wäre.“
    Einen Moment starrte Shawn sie einfach nur an. Sein Körper wiegte sich im Wind, dann drehte er langsam den Kopf und sah zu den schlimmsten Stellen hinüber. „Aha!“, war alles, was er sagte. Starren! Er starrte sie an, Faith starrte zurück. Die Sekunden krochen dahin.
    „Ist … das alles?“, brach sie schließlich das Schweigen.
    Shawn richtete sich wieder auf und sah auf sie herab. „Was hat Jack denn gestohlen?“
    Etwas verwirrt sah Faith zu ihm. „„Ich … weiß es nicht genau.“ Sie hatte nicht gesehen, was er in der Schnauze davongetragen hatte. „Lydia kam weinend zu mir und meinte, Jack habe ihr etwas gestohlen. Aber sie wollte mir nicht sagen, was es war.“ Faith zuckte die Schultern. Sie hatte die Kleine gern, und als sie die Tränen gesehen hatte, musste sie einfach das Gestohlene wiederbeschaffen. Warum überhaupt hatte Jack gestohlen? So etwas war ihm doch noch nie in den Sinn gekommen. Er hatte höchstens hin und wieder beim Essen eine Extraportion stibitzt, und davon hatte er Faith immer etwas abgegeben.
    Was also hatte er im Maul gehabt?
    Ein kleiner Schubser von Shawn holte sie aus ihren Gedanken. „Ihr müsst wirklich mal erwachsen werden“, grummelte er vor sich hin.
    „Sag das nicht mir“, war alles, was sie entgegnete und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie hatte letztlich nichts getan. Warum sollte sie immer alles mit ausbaden?
    „Du bist aber als Einzige da“, ein Grinsen, dann wandte er sich um.
    Natürlich, in Faiths Gedanken entstand ein Grummeln, das dem Knurren eines wilden Tieres zur Ehre gereicht
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