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Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Bärbel Böcker
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der Couch gelegen, seine orange-weiß gestreifte
Katze Zicke eingerollt zu seinen Füßen. Immer wieder hatte er darüber nachgedacht,
welches Verhältnis Sabrina zu ihrem Mann gehabt haben mochte. Sam hatte sie geschlagen,
wenn es stimmte, was seine Mutter erzählte, aber das machte ihn noch nicht zum Mörder.
    Er hatte
mehrfach versucht, Eddie zu erreichen, in der Hoffnung, dass er inzwischen mehr
über ihren Tod wusste, aber sein Freund war weder über Festnetz noch am Handy zu
erreichen gewesen.
    Was konnte
der Auslöser für Sabrinas und Sams Streitigkeiten gewesen sein? Den Erzählungen
seiner Mutter nach zu urteilen, war die Beziehung über viele Jahre glücklich gewesen,
und er konnte sich nur schwer vorstellen, dass Sabrina bei ihrem Mann geblieben
wäre, wenn er sie ernsthaft misshandelt hätte. Doch was wusste er schon von ihrem
Leben? Nicht viel. Sie war ihm schlicht und ergreifend abhanden gekommen.
    Am Sonntagvormittag
hatte er sich dann mit Jana in der Stadt getroffen. Sie waren über den Antiquitätenmarkt
in der Nähe des › Alter Markt ‹ geschlendert, allerdings war er unkonzentriert
gewesen, in Gedanken bei Sabrina, und so hatte sie sich nach zwei Stunden in gereizter
Stimmung von ihm verabschiedet. Sie war zu einer Freundin gefahren, und er war müde
in seine Wohnung zurückgekehrt. Die mittlerweile feuchtschwüle Hitze und die Erinnerungen
an Sabrina machten ihm zu schaffen. Bei weit geöffnetem Fenster, durch das kein
einziger Windzug blies, hatte er schließlich alte Fotoalben hervorgekramt und lange
in ihnen geblättert: Sabrina mit hochgekrempelten Hosen im Wasser des Rheins, Sabrina
auf dem Gepäckträger seines Fahrrads. Dieses Foto, sein Lieblingsfoto, hatte ein
Freund geschossen. Sabrina im Bikini am Otto-Maigler-See. Sie beide mit eiförmig
verzerrten Gesichtern in den Selbstauslöser seiner Kamera lachend, Sabrina tanzend
auf einer Party.
    Am Abend
war er früh eingeschlafen, und jetzt, als er bei Profi Entertainment den
PC hochfuhr, fühlte er sich einigermaßen erholt.
    Das Thema Eliteschulen in Deutschland war nach der Pisa-Studie, die die Republik in
Aufruhr versetzt hatte, von allgemeinem Interesse, und mangels brisanterer Themen
infolge des typischen Sommerlochs hatte seine Chefin entschieden, es dem WDR, für
den sie Diens-Talk produzierten, vorzuschlagen, und der hatte zugestimmt.
    In den letzten
Jahren schickten immer mehr Eltern ihre Sprösslinge auf private Schulen, und sie
griffen tief in die Tasche dafür. Florian fragte sich, ob der Ausverkauf des deutschen
Bildungssystems bereits begonnen hatte oder ob diese Entwicklung den Beginn eines
neuen Bildungssystems kennzeichnete, das sich langsam aber sicher von der Dreigliedrigkeit
entfernte. Klaffte demnächst die Schere zwischen bildungsnahen und bildungsfernen
Haushalten noch weiter auseinander als bisher? Das waren Fragen, denen sie in der
Sendung nachspüren wollten.
    Er tippte
gerade ein paar Vorschläge für Untertitel der Sendung herunter, als sich die Tür
öffnete und Jana ihren Kopf herein steckte. »Na, heute wieder besser drauf?«, fragte
sie und trat ein.
    Florian
erhob sich sofort. »Viel besser. Tut mir leid, dass ich gestern zu nichts zu gebrauchen
war.«
    Jana kam
um den Schreibtisch herum und gab ihm einen Kuss. Offensichtlich hatte sie ihm verziehen.
Während er ihre Wärme spürte und ihr Duft seine Nase kitzelte, ärgerte er sich über
sich selbst. Er hätte einen weitaus schöneren Sonntag verbringen können. Auf der
anderen Seite betrachtete er den gestrigen Nachmittag als notwendige Vergangenheitsbewältigung.
    Jana löste
sich aus seiner Umarmung und trat einen Schritt zurück, rasch zog sie einen USB-Memory-Stick
aus der Tasche. »Bitteschön. Daten und Fakten über das deutsche Bildungssystem.«
    »Super.
Danke dir.« Florian wollte sie an sich ziehen, doch Jana schob ihn sanft von sich
und legte den Stick auf seinen Schreibtisch. »Es ist ein interessantes Interview
mit einem Neurobiologen dabei, der mehr Raum für kreative Persönlichkeitsentwicklung
an deutschen Schulen fordert. Angeblich erreicht man die, wenn man Kinder verschiedenen
Alters gemeinsam unterrichtet. So lernt eins von dem anderen, und zwar nicht nur
den Unterrichtsstoff, sondern auch Sozialverhalten. Die Kids hätten dann generell
auch mehr Spaß am Lernen.«
    »Du bist
ein Schatz. Vielleicht ist der Neurobiologe als Talkgast für die Sendung geeignet.
Ich werde mir alles in Ruhe durchlesen.« Florian lächelte sie an und
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