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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Rechner... Sie schaltete und stellte fest, daß der Mittelpunkt der Krümmung in der Nähe des Beteigeuze lag. Ging diese Schicht etwa um das gesamte Sternsystem herum? Als Schale oder als Ring? Das festzustellen würde freilich Wochen dauern, aber soviel war klar: Man konnte die Schicht nicht umfliegen, man mußte mit dem Raumschiff hindurch!
    Jetzt brauchte sie die Hyperfeinstruktur der Signale. Sie verglich mehrere Signale miteinander und fand sehr schnell die mittlere Korngröße und Dichte des Staubes heraus. Beim Passieren der Schicht würde das Raumschiff schon die sehr große Geschwindigkeit von vierzehntausend Kilometern in der Sekunde haben, aber, so errechnete sie, wenn man die Antriebe für die zwölf Minuten des Durchflugs stillegte und die Leistung voll auf die Schutzschirme gab, wäre das Raumschiff sicher vor Beschädigungen.
    Sie rief Atacama. Die konnte nicht gleich kommen, weil sie gerade mit dem inzwischen geweckten Woleg, dem Chef der Basisgruppe, sprach. Und jetzt, nachdem es nichts mehr zu berechnen gab, erkannte Delawara plötzlich, daß diese seltsame Schicht ja auch in Zusammenhang stand mit Atacamas Hypothese!
    Die CE erkannte das ebenfalls sofort. Delawaras Berechnungen über den Kurs quittierte sie mit einem Kopfnicken. Dann aber sagte sie mit funkelnden Augen: „Das wird ein Relikt sein von dem schwachen Kollaps - schwach auch in der Geschwindigkeit der Abstoßung der Sternhülle. Kannst du die Eigengeschwindigkeit der Schicht feststellen?“
    Dazu aber reichte die Empfindlichkeit der Geräte nicht aus. Rila und Gibralt wurden beauftragt, entsprechende Aggregate zu montieren. Als das endlich geschehen war, dauerte die Überprüfung nur kurze Zeit: Die Schicht bewegte sich in radialer Richtung überhaupt nicht.
    „Seltsam“, sagte Atacama zögernd, „und ich war so sicher...“ Dann schien sie ein neuer Gedanke zu beleben. „Wenn die Schicht in radialer Richtung stillsteht, muß sie einfach rotieren. Vergleicht die äußersten Weitwinkelimpulse, ihre Spektrallinien sind bestimmt gegeneinander verschoben!“
    Delawara maß und verglich - sie fand keine Verschiebung der Linien, die auf eine seitliche, also rotierende Bewegung der Schicht gedeutet hätten. Sie berechnete noch einmal die Geschwindigkeit, die ein Körper auf einer stationären Bahn um den Beteigeuze in diesem Abstand haben mußte, und fand, daß die Empfindlichkeit der Geräte vollauf genügt hätte, um diese Geschwindigkeit nachzuweisen. Dann aber - dann sprach diese Schicht nicht für Atacamas Hypothese, sondern dagegen.
    Delawara zögerte, der Chefin dieses Ergebnis mitzuteilen. Noch einmal prüfte sie alles, aber es blieb dabei.
    „Jaaa“, sagte Atacama gedehnt, ihre tiefe Enttäuschung war herauszuhören. Delawara wollte etwas Tröstendes sagen, aber noch bevor ihr passende Worte einfielen, hatte Atacama sich gefaßt. Sie warf den Kopf zurück und lächelte. „Weißt du, Dela“, sagte sie, „wer nicht bereit ist, sich leicht von einer Hypothese zu trennen, der sollte keine aufstellen. Aus Enttäuschung hab ich das Verblüffendste an der Sache zuerst gar nicht begriffen. Nach den Gesetzen der Himmelsmechanik kann diese Schicht gar nicht stabil sein! Wenn sie es trotzdem ist, und das wird sich ja bald herausstellen, dann ist sie etwas ganz anderes, als wir vermutet haben, auf jeden Fall aber eine relativ selbständige Erscheinung. Und deshalb sollten wir sie nach ihrer Entdeckerin benennen: Delawara-Schicht!“
    Kiliman, CP, also Chef für Personalfragen, war ein breitschultriger, muskulöser Fünfziger mit krausem Haar und dunkler Hautfarbe. Er hatte den Namen nach seiner Heimat gewählt, er war am Kilimandscharo aufgewachsen, und kein Berg, kein Fluß, keine Landschaft der Erde hatte ihm bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr, als er seinen Namen festlegen mußte, besser gefallen. Und eigentlich auch bis heute nicht. Die Menschen seiner Generation, der ersten mit eigener Namensgebung, waren noch bedeutend ernster an diese Aufgabe herangegangen als die Jungen heute - für sie war es eine Errungenschaft, daß sie über eins der wichtigsten Dinge im Leben, den eigenen Namen, frei entscheiden konnten und nicht mehr akzeptieren mußten, was die Eltern für sie ausgesucht hatten. Für alle offiziellen Dinge hatte man seine Computernummer - und gerade dadurch war man frei von jeder Schablone.
    Als Gesellschaftswissenschaftler wußte Kiliman, daß die Menschen einst Angst gehabt hatten vor jeder Numerierung, es kam ihm
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