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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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gleiche.
    „Transitschock“, sagte der Arzt, „bisher zweimal aufgetreten. Bei rund viertausend Personentransiten.“
    „Und was ist das?“
    „Ein umschreibendes Wort für etwas, was wir noch nicht verstehen.“
    „Aber Sie werden damit fertig?“
    „Ich hoffe es.“ Hirosh sagte das schleppend, und er sah dabei einen Augenblick lang sehr müde aus. Dann belebte sich sein Gesicht wieder. „Sie können mir helfen“, sagte er, „ich löse die Gehirnstimme aus der Musik heraus und gebe Ihnen den Rest auf Ihre Hörer. Es klingt vielleicht nicht so gut, aber wenn Sie sich hineingehört haben, werden Sie merken, falls sich etwas ändert. Dann sagen Sie mir’s.“ Er wartete die Zustimmung nicht ab und schaltete.
    Während der CP sich auf seinen Musikteil konzentrierte, versuchte Hirosh den Schock anhand der Gehirnstimme und der Farbspiele auf dem Bildschirm zu lokalisieren. Aber das gelang ihm nicht. Immer wenn er glaubte, etwas gefunden zu haben, verschob sich die Störung in Ton und Bild.
    Er wußte natürlich, wie die Ärzte in den anderen beiden Fällen vorgegangen waren. Aber beidemal war hinterher die Therapie als riskant kritisiert worden. Elektroschocks, Injektionen... Er entschloß sich, mit dem Einfachsten zu beginnen.
    Gewisse Dinge hatte er immer in seinen Taschen, zum Beispiel einen kleinen Riechsatz, der für Vergleichszwecke zwanzig verschiedene Geruchsquellen enthielt. Er wählte einen stechenden Geruch aus und hielt Elber die stiftförmige Quelle unter die Nase.
    Funken stoben über den Bildschirm, in den Kopfhörern kratzte etwas. Na also. Er sah zu Kiliman hinüber - der schüttelte den Kopf, keine Körperreaktionen.
    Hirosh wählte einen anderen Geruch vom entgegengesetzten Ende der Skala, etwas angenehm Aromatisches. Wieder Funken, wieder Kratzen. Die gleichen Funken, das gleiche Geräusch. Nicht gut, unspezifische Reaktion. Wenn man die Wirkung verstärkte? Die beiden Gerüche sich abwechseln ließ und zwischendurch Sauerstoffduschen gab? Er streifte die Kopfhörer ab und winkte Kiliman, das gleiche zu tun.
    „Wenn sich jetzt bei den Sauerstoffduschen der Takt beschleunigt, aber sonst keine Änderung eintritt, heben Sie die Hand. Falls irgend etwas anderes zu hören ist, winken Sie. Passiert gar nichts, lassen Sie die Hand unten.“
    Sie setzten die Kopfhörer wieder auf. Dusche - Kiliman hob die Hand, Geruch - Kiliman senkte sie wieder. Dusche - Kiliman hob die Hand. In Ordnung, das funktionierte. Hirosh konzentrierte sich auf die Geräusche und Lichtsignale nach den Gerüchen. Endlich, nach dem fünften oder sechsten Wechsel, stellte er deutliche Unterschiede fest.
    Er atmete auf - der erste Schritt war getan. Jetzt konnte er hoffen, daß sich auch alle weiteren Schritte gewissermaßen von außen einleiten lassen würden.
    Bis hierher hatte Kiliman noch verfolgen können, was der Arzt unternahm. Das wurde in der nächsten halben Stunde schwieriger, er begriff bald nicht mehr, was da vor sich ging. Immerhin schien ihm eine Strategie sichtbar zu sein: Hirosh wollte wohl über die verschiedensten Sinne das Gehirn aktivieren: Gehör, Tastsinn, Wärmeempfindung, einzeln und kombiniert. Der CP konnte nicht beurteilen, welche Fortschritte das brachte, aber als Hirosh schließlich Elektroden auf Elbers Körper klebte und ein paar schwache Impulse gegeben hatte, schlug der Patient die Augen auf. Doch diese Augen blickten ohne den Funken eines Verständnisses.
    „Morgen!“ sagte Hirosh.
    „Was ist denn los?“ fragte Elber. „Bin ich krank? Werden sie mich vom Start zurückstellen?“
    „Keine Bange“, tröstete ihn Hirosh. „Wir sind schon beim Beteigeuze. Du hast einen Schock gehabt und jetzt ein bißchen retrograde Amnesie. Schlaf eine halbe Stunde, dann ist alles wieder da.“
    Gehorsam schloß Elber die Augen.
    „Ein Dickkopf und ein Spinner“, sagte Hirosh lächelnd. „Er kann nicht denselben Weg gehen wie die andern, er muß unbedingt etwas Besonderes haben.“
    „Klingt nicht sehr freundlich“, meinte Kiliman halb scherzend, halb tadelnd.
    „Na ja“, brummte Hirosh, „er war mir anfangs, bei der Vorbereitung, nicht sonderlich sympathisch. Aber jetzt, wenn ich ihn mir so ansehe, jetzt mag ich ihn.“
    „Wieso das?“
    Hirosh lachte und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. „Mögen Sie Ihre Erfolge nicht?“ fragte er.
    Anderthalb Tage danach wußten sie immer noch nicht viel mehr über diese seltsame Schicht, deren Namen der Sprachgebrauch nun schon auf Dela-Schicht
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