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Zicke

Zicke

Titel: Zicke
Autoren: Sara Zarr
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an das Meer, es wogte schwer und gefährlich.
    Das Mädchen dachte an das Meer, flach und stählern.
    Tot.
     
    »Das ist das Gute an Pacifica«, sagte ich, schloss das Heft und ließ es zu Boden fallen. »Du kannst total mittelmäßig sein und immer noch besser aussehen als die Hälfte der Bewohner.«
    »Rette mich vor meiner Familie, Deanna. Meine Mom hat einen ›Sing-mit-Simon & Garfunkel‹-Morgen und putzt dabei das Haus.«
    Lees trockener Witz ließ mich in den Hörer schmunzeln. Das Mädchen haute mich um. »Ich geh später runter zur Beach Front und gebe meine Bewerbungen ab. Magst du mitkommen?«
    »Wir könnten uns im Donut-Laden treffen«, meinte sie. »Ich bin auf Donut-Entzug. Ich glaube, die Leute in Santa Barbara dürfen gar keine Donuts essen.«
    |33| Ich zog mich an und ging ins Erdgeschoss, um zu sehen, was Stacy und April so trieben.
    Darren war zur Arbeit gefahren, bevor ich aufwachte; Stacy lag mit April im Bett und sah fern. Das Erdgeschoss war klein und nicht gerade das, was man hübsch rausgeputzt nennen würde. Zwei Fenster gingen auf den Gehweg hinaus – Fenster mit Jalousien, aber ohne Vorhänge –, und sie hatten ein paar billige Möbelstücke von
Target
drinstehen, und die Glotze. Ansonsten gab es nur noch ein paar an die Wand gepinnte Schnappschüsse von Darren, Stacy und April und natürlich Stacys Leuchttürme. Sie war einigermaßen versessen auf Leuchttürme. An ihrem Geburtstag, gleich nachdem sie rausgefunden hatte, dass sie schwanger war, ist Darren mit ihr zu diesem Leuchtturm unten an der Küste gefahren, zum Mittagspicknick, und danach konnte sie praktisch zwei Wochen lang nicht mehr aufhören zu lächeln. Sie hatte alle möglichen Bilder von Leuchttürmen, die sie aus Magazinen herausgerissen und aus dem Internet ausgedruckt hatte, und ein großes Poster mit einem davon hing direkt über Aprils Wiege.
    »Wie hat sie geschlafen?«, fragte ich.
    »Bestens. Sie ist nur einmal aufgewacht.« Stacy wühlte in dem Haufen sauberer Wäsche neben ihr. »Mist. Ich kann ihr lila Teil nicht finden, dieses Dingens, Pulli oder Niki oder Strampler oder wie das heißt.«
    Ich sortierte die Wäsche und fand das Teil, nach dem Stacy suchte, an einem von Aprils Babydeckchen kleben. »Hier. Es ist ein Strampler. Glaube ich.«
    |34| Hier herrschte ein ziemliches Chaos. Stacy und mein Vater stritten sich andauernd deswegen. Obwohl, man kann es eigentlich nicht streiten nennen, weil mein Dad eher der stumm-wütende Typ ist als der schreiend-wütende, aber er machte andauernd Bemerkungen über Stacys Art, einen Haushalt zu führen, nebst den Kommentaren über ihre Arbeitshaltung und ihre Qualitäten als Mutter, ganz zu schweigen von ihrem Kleidergeschmack. Sie neigte dazu, sich, nun ja, trashig anzuziehen.
    Ich sah zu, wie sie April den Strampler anzog und erinnerte mich daran, wie viel Angst ich vor ihr gehabt hatte, ehe sie und Darren miteinander anbändelten. Stacy und Corvette Kim gehörte damals die Schule, als sie in der Zwölften waren und ich in der Neunten. Natürlich nicht die
richtige
Schule, die Cafeteria oder die Turnhalle oder die Flure. Das war eindeutig das Territorium der Sportskanonen und der Cheerleaderinnen und der Möchtegerns. Stacy, Kim und ihre Freundinnen waren wie die Mafia; sie lungerten auf dem Parkplatz herum, auf dem oberen Fußballfeld und auf dem Stück des Terra Nova Boulevards zwischen dem Fahnenmasten und den Tennisplätzen. Nicht, dass sie einem was
getan
hätten, wenn man ihnen über den Weg lief, meist jedenfalls nicht. Aber eigentlich wollte man nicht, dass sie einen auch nur
ansahen
. Eine ganze Zeit lang wollte ich wie Stacy sein, so tough und cool und erwachsen. Für eine solche Art von Macht an der Schule hätte ich töten können.
    |35| Stacy, die Teenage-Mutter, übergab mir April und stand auf. »Ich denke, ich sollte zumindest das Bett machen. Hey, kannst du heute Morgen für zwei Stunden auf April aufpassen?«
    »Ich bin unten am Strand mit Lee verabredet, weil ich ein paar Bewerbungen abgeben will«, sagte ich. April packte eine Faust voll meiner Haare und fing an zu ziehen.
    »Lass ihr das nicht durchgehen«, sagte Stacy mit dem scharfen Unterton von früher, den sie nicht verloren hatte. »Ich versuche, ihr beizubringen, dass sie das bleiben lassen soll.«
    »Ich kann mich um sie kümmern, wenn ich zurückkomme, wenn du magst«, antwortete ich und löste sachte meine Haare aus Aprils Händchen.
    Stacy schüttelte den Kopf. »Sie muss heute
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