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Zicke

Zicke

Titel: Zicke
Autoren: Sara Zarr
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ihr Dad sie erwischt hat, da hat sie ewig gebraucht, bis sie aus dem Auto war, weil sie gerade was mit Fesseln gemacht haben. Was für ’ne Schlampe!«
     
    »DEANNA LAMBERT IST TOTAL DURCHGEKNALLT. Tommy hat sie anfangs gemocht, weil er sie süß und nett fand. Dann fingen sie an miteinander auszugehen, und sie hat sich selbst geschnitten oder war völlig zugedröhnt auf Methadon oder kam auf verrückte Ideen, zum Beispiel, dass sie die Schule in die Luft sprengen sollten oder was weiß ich. Als er versuchte, |29| mit ihr Schluss zu machen, sagte sie was von wegen:
Ich bring mich um, wenn du mich verlässt, Tommy !
Was für ein Albtraum!«
     
    »DEANNA LAMBERT IST EIN ABSOLUTER JAMMER-LAPPEN. Als Tommy sie zum ersten Mal traf, fand er sie heulend hinten im Garten von Darrens Haus. Niemand würde sie liebhaben, meinte sie, niemand würde sie beachten, und ziemlich schnell hing sie sich dann an Tommy, als ob
er
derjenige wäre, der alles in Ordnung bringen könnte. Tja, Tommy Webber. Ich weiß. Nun ja, sie hat ihm leidgetan. Er ging mit ihr Eis essen, dieses eine Mal, als Darren nicht zu Hause war, und dachte, das würde sie aufheitern, aber sie tat gerade so, als ob er ihr einen
Antrag
gemacht hätte. Sie hat ihn dann ständig angerufen und endlich sagte er was wie:
Okay , ich geh mit dir, aber denk dran, ich bin siebzehn, und wenn du meine Freundin sein willst, musst du richtig was machen.
Sie sagte:
Alles , ich tu alles, was du willst.
Was für eine Loserin. Ich meine, wo bleibt ihre Selbstachtung?!«

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    |30| 2
    Die Geschichten in meinem Kopf von dem Mädchen auf den Wellen, die Geschichte, die mir an jenem Abend mit Tommy durch den Kopf gegangen war, kam nicht auf Papier, bis ich Mr North in Englisch bekam. Kaum hatte er in unserer Klasse angefangen, sagte er, wir sollten ein Tagebuch führen, und ich dachte: ›Nein danke, dieses ganze Ding mit dem lieben Tagebuch ist was für Viertklässler!‹ Dann erklärte er, ein Tagebuch könne aus allem Möglichen bestehen, aus Zeichnungen oder Gedichten oder Listen oder was auch immer, aus allem, was du über irgendwas sagen willst, und niemand außer dir würde es je zu Gesicht bekommen. Jeremy Walker fragte: »Was ist dann der Witz dabei? Meinen Sie damit, dass wir keine Noten dafür kriegen?«
    »Der Witz besteht darin«, sagte Mr North und strich sich eine schlaffe graue Strähne aus der Stirn, »dass ihr einen Ort habt, an dem ihr eure intimen Gefühle ausdrücken könnt. Du hast doch auch intime Gefühle, nicht wahr, Jeremy?«
    Alle lachten, ha ha ha, und Mr North kam dann kaum noch mal auf die Tagebücher zu sprechen, aber ich kaufte mir bei
Walgreens
für zwei Dollar eine Kladde |31| und fing an, kleine Sachen über das Mädchen hineinzuschreiben, nur das, was mir eben so einfiel. Das Mädchen auf seinem Surfbrett, das Mädchen mit seiner Familie, das Mädchen am Strand, was auch immer.
    Eines Tages las ich durch, was ich notiert hatte, und dachte: ›Mein Gott, was für ein Mist!‹, riss die Seiten raus und warf sie weg. Ich meine, Mr North hatte doch gesagt: »Drückt eure intimen Gefühle aus.« Er hatte nicht gesagt: »Schreibt einen Haufen langweiligen, beschissenen Unsinn über eine erfundene Person, die nichts tut.«
    Und was war das Komische, als ich diese Seiten zerrissen hatte? Ich vermisste sie. Ich vermisste das Mädchen in meinem Kopf. Also fing ich wieder an; diesmal ließ ich aber dieses ganze ›Es-war-einmal‹ beiseite und versuchte, mich auf ›intime Gefühle‹ zu konzentrieren.
    Intime Gefühle, die ich selbst nicht empfinden wollte – die gab ich dem Mädchen.
    Zum Beispiel, wenn mein Dad mich wieder mal einen ganzen Abend lang ignorierte und ich anfing darüber nachzudenken, wie ich ihn angebetet hatte, als ich noch klein war, schrieb ich:
     
    Das Mädchen erinnerte sich, wie es die Einfahrt entlang auf ihn zurannte, kühlen Zement unter seinen kleinen Füßen.
    Es hat gewartet, immerzu gewartet, dass er heimkommt. Es ist das Beste vom ganzen Tag.
     
    |32| Am nächsten Morgen arbeitete ich an solchen Sachen, als Lee anrief, um mir zu sagen, dass sie aus Santa Barbara zurück sei.
    »Schön dort«, sagte sie, »aber ich wollte da nicht leben. Viele große, blonde Leute mit ganz weißen Zähnen. Ich komme mir immer wie ein Troll vor, wenn ich dort bin. ›Oooh, schau dir diese Kleine da an mit den braunen Haaren! Wie ist
die
denn hier reingekommen?‹«
    Ich starrte auf die Seite in meinem Aufsatzheft:
     
    Das Mädchen dachte
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