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Zero Day

Zero Day

Titel: Zero Day
Autoren: David Baldacci
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ganzes Rudel von Generalen und zivilen Politbonzen hatte John Puller zum Schweigen verpflichtet. Und als Soldat tat er, was man ihm befahl.
    Das könnte sich, überlegte er, eines Tages ändern. Aber heute noch nicht.
    Als einziger Mensch in der Geschichte der Vereinigten Staaten erhielt Robert Puller von seinem Heimatland für seine Mitwirkung beim Abwenden einer nuklearen Katastrophe eine Belobigung, obwohl man ihn wegen Hochverrats zu lebenslanger Haft verurteilt hatte. Eine Begnadigung allerdings kam nie zur Sprache. Und die Belobigung erfolgte unter strengster Geheimhaltung.
    Puller nahm nicht an Roger Trents Bestattung teil. Er vermutete, dass sie sich als aufwendige Veranstaltung vollzog, für die seine Witwe Jean keinerlei Kosten scheute. Und er fragte sich, ob sich sonst irgendein Bürger Drakes dort sehen ließ. Ein Komplize bei der versuchten Vorbereitung eines atomaren Massenmords war der Mann nicht gewesen. Dieser Umstand änderte jedoch nichts daran, dass er ein niederträchtiges Individuum gewesen war, eine ganze Region verwüstet und so manche Existenz ruiniert hatte. Darüber konnte Puller nicht hinwegsehen.
    Aber in Drake fand noch ein zweites Begräbnis statt, und dort erschien Puller.
    Als er aus dem Malibu stieg, trug er seine nagelneue blaue Ausgehuniform. Er gab eine stattliche Erscheinung ab, während er half, den Sarg vom Leichenwagen zur Grabstätte zu tragen. Es war Sam Coles Beisetzung, und nichts in der Welt hätte Puller davon fernhalten können.
    Zu diesem Anlass hatte die Familie Cole sich versammelt, darunter auch Randy, der in einem brandneuen Anzug erschien, den ihm zweifellos Jean für die Bestattung seiner anderen Schwester gekauft hatte. Er sah eher wie ein ratloser Junge aus, nicht wie ein trauernder Mann.
    Jean trug von Kopf bis Fuß Schwarz. Sie wirkte völlig niedergeschmettert. Während Puller sie beobachtete, gelangte er zu der Auffassung, dass ihr Kummer stärker vom Verlust der Schwester als dem Abgang des Ehemanns herrührte. Jetzt war sie eine steinreiche Witwe. Aber sie hatte keine Schwester mehr.
    Samantha Cole wurde nicht in der Ausgeh-, sondern in der Dienstuniform beigesetzt, der Kluft, die sie jeden Tag getragen hatte. Ein Testament und Letzter Wille war gefunden worden, in dem sie es so verfügte. Sie war eine Polizistin gewesen, zu der dieser Wunsch passte. Und gemäß ihres Letzten Willens nahm sie auch den King Cobra mit ins Grab. Puller verspürte große Achtung vor dem Weitblick von Sergeant Cole und ihrem Sinn fürs Detail.
    Das Haus hatte sie ihrem Bruder vermacht. Vor der Beerdigung war Puller dorthin gefahren und hatte an der Tür einen Aushang angebracht, der jedem, der etwas aus dem Gebäude oder vom Grundstück zu entwenden versuchte, die Verfolgung und strafrechtliche Belangung durch die Armee der Vereinigten Staaten androhte, nötigenfalls mit unnachsichtiger Härte.
    Als er zum Abschiednehmen an den Sarg trat, schnürte es ihm die Kehle zu. Der Tag war fürchterlich heiß, die Sonne brannte nur so vom Himmel. Luftfeuchtigkeit und Hitze verschmolzen zu infernalischer Schwüle. Und doch fühlte Puller die eisige Gegenwart des Todes. Matt berührte er das glänzende Mahagoniholz, murmelte ein paar von ihm selbst als völlig unzulänglich empfundene Worte. Er kam sich vor wie ein unvollkommener Romeo für eine tote Julia.
    Schließlich riss er sich zusammen. »Sie waren eine gute Polizistin, Cole«, sagte er. »Dieser Ort hatte Sie nicht verdient.« Er hatte alle Mühe, seine Emotionen niederzukämpfen. »Es war mir eine Ehre«, fügte er schließlich hinzu, »mit Ihnen zusammenzuarbeiten.«
    Während die Trauergäste nach der Totenfeier zu den Autos strebten, kam Jean Trent zu Puller. »Was ist eigentlich in Wirklichheit geschehen?«, fragte sie. »Niemand will mir etwas sagen.«
    »Müssen Sie es wirklich wissen?«
    »Es geht um meine Schwester«, erwiderte sie gereizt. »Würden Sie es an meiner Stelle nicht auch wissen wollen?«
    »Die Wahrheit holt sie nicht ins Leben zurück.«
    »Sie sind ja eine große Hilfe«, gab Jean grob zur Antwort.
    »Ich versuche lediglich, Ihnen einen klugen Rat zu geben«, beteuerte Puller.
    Jean blieb stehen; auch Puller verharrte. »Sie waren nicht auf Rogers Beerdigung«, stellte Jean fest.
    »Stimmt. War ich nicht.«
    »Aber hier haben Sie teilgenommen, sogar in Ausgehuniform mitsamt allen Orden. Weshalb?«
    »Ich war es Ihrer Schwester schuldig«, erklärte Puller. »Aus Respekt.«
    »Sie hatten eine Schwäche
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