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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition)
Autoren: Raik Thorstad
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richtig atmen.“ Geryim schüttelte ungläubig den Kopf. „Und um all dem die Krone aufzusetzen, mussten wir deine linke Hand
von erstarrtem Stein befreien. Du hast in die Lava gegriffen, Sothorn. Wie hast du das nur bewerkstelligt?“
    Er hatte keine Ahnung. Er erinnerte sich, dass die Brandblasen an seinen Händen davon stammten, direkt ins Feuer gegriffen zu haben. Der Riegel war ihm im Weg gewesen. Und ja, er hatte in
flüssigen Stein gegriffen.
    Dennoch war das, was ihm am meisten Schwierigkeiten gemacht hatte, der Rauch in seinen Lungen gewesen.
    Das Feuer hingegen ...
    „Ich wusste, dass ich hineingehen konnte“, erklärte er bedächtig; jedes Wort auf der Zunge kostend, bevor er es aussprach. „Ich wusste, dass das Feuer mir nichts
anhaben konnte.“
    Skeptisch schnalzte Geryim mit der Zunge: „Aber wieso? Oder anders: War das schon immer so?“
    „Das kann ich dir nicht sagen. Es war mein erster Versuch, in ein brennendes Gebäude zu laufen“, gab Sothorn mit einem halben Lächeln zu.
    „Wie erfreulich“, brummte Geryim. Seine langen Fingern trommelten auf der Reling.
    In Sothorns Schädel summte es. Widerstandskraft gegen Feuer auf der einen, ein fremdes Tier in seinem Geist auf der anderen Seite. Dazu das erschütternd innige Erlebnis mit Geryim,
Ranaias Tod, Enes‘ Verrat, Janis‘ Raserei, Theasas Hilflosigkeit, die Frage nach der Zukunft, der Schmerz, die Sorgen, die Sucht. Ein seelisches Schwindelgefühl drohte Sothorn von
den Beinen zu reißen. Er wollte sich verkriechen. Schlafen. Ordnung in das Chaos bringen.
    „Ich sollte mich hinlegen“, murmelte er schleppend. „Ich gehe zurück in meine Kajüte.“
    Ein belustigtes Schnauben antwortete ihm: „
Deine
Kajüte? Das wüsste ich aber. Es ist unsere Kajüte. Oder glaubst du, man überlässt dir allein das
größte Bett auf dem Schiff? Du magst ein Held und ein Mirakel sein, verehrter Meisterassassine, aber dein Bett wirst du mit mir teilen müssen.“
    Sothorn, der sich bereits halb abgewandt hatte, verharrte im Schritt. Eine Spur gutmütigen Feuers glitt von seinen Schultern über seine Brust bis tief in seinen Bauch.
    Ihre Kajüte. Ihr Bett.
    Wo hatte Geryim in den vergangenen Nächten geschlafen? Bei ihm, wie es schien. Zusammen. Obwohl er vorher nie dazu bereit gewesen. Selbst nach der innigsten Vereinigung nicht. Nur dieses
Mal war er liegen geblieben.
    Sothorns Herz schlug viel zu langsam, als er die Hand an den Mund hob und seine Unterlippe zwischen die unverbundenen Fingerspitzen nahm. Sie war wund vom langen Schlaf und harten Küssen,
fühlte sich gut an.
    Er wollte sich gerade zu Geryim umdrehen, als er ihn hinter sich spürte. Arme, die sich um seine Hüften legten. Ein Kinn, das sich in seine Schulter bohrte. Eine Nase, die sich an
seinen Hals drängte, bis sie die Haare beiseiteschob und Haut fand.
    Tiefer, warmer Atem, als Geryim das mit Bartstoppeln bewehrte Gesicht in Sothorns Nacken schmiegte. Wimpern kitzelten seine Haut, als der Wargssolja die Lider schloss.
    Zäh setzte sich in Sothorn die Erkenntnis. Er lehnte sich zurück, rechnete halb damit zu fallen. Fand Halt. Ließ sich zurücksinken und einen Arm nach oben wandern, um ihn
hinter Geryims Kopf zu legen.
    „Geh nicht weg“, sprach seine Geste. „Bleib hier stehen. Nur für einen Augenblick.“
    Stumm zog Geryim Sothorn fester an sich heran. Es war, als wollte er sich in ihn hineingraben und in ihm verschwinden.
    Sein Griff hatte etwas Verzweifeltes. Er war fest genug, um helle Male auf der Haut zu hinterlassen.
    In Sothorn regte sich milde Eifersucht. Er konnte fühlen, dass Gwanja im Lagerraum den Schädel anhob und unterdrückt fauchte.
    Sie wollte zu ihm. Sie wollte an ihm riechen, sich vergewissern, dass es ihm gut ging, über ihn wachen, für ihn jagen und nachts in seiner Nähe schlafen.
    Er gehörte ihr. Er war ihr Rudel. Geryim war ihr vertraut und sie mochte ihn, aber er stahl ihr Sothorns ungeteilte Aufmerksamkeit. Damit war sie nicht einverstanden. Besonders, weil sie so
lange gewartet hatte.
    „Gwanja ist eifersüchtig“, murmelte Sothorn widerwillig.
    „Das kann ich mir vorstellen. Sie ist nicht zu ihrem Recht gekommen“, flüsterte Geryim an seinem Hals. „Du hattest keine Zeit für sie, und nun bist du mit mir
beschäftigt, statt sich um sie zu kümmern.“
    „Sie wird sich daran gewöhnen, oder?
    „Sicher. Aber du solltest es ihr sagen. Es sie wissen lassen. Lass dir Zeit.“ Ein sanfter Kuss traf Sothorns Haaransatz.
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