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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft
Autoren: Gregory Benford
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sandbraunes Haar, ein Mann, der langsam und manchmal sehr undeutlich sprach, offenbar muskulös, wohl durch seine Hobbys Scuba-Tauchen und Tennis. Aber Coopers wortkarge Art ließ Gordons Treibkraft immer wieder erlahmen. Sein lächelndes, lässiges Verhalten schien auszudrücken, daß er Gordon auf eine abgeklärte Weise tolerierte, und das brachte Gordon in Rage.
    »Sehen Sie, Al«, sagte er und wandte sich abrupt von der dampfenden Düse des Gefäßes weg. »Sie sind jetzt schon über ein Jahr bei mir, richtig?«
    »Stimmt.«
    »Sie kamen bei Professor Lakin gut zurecht, ich kam in die Abteilung, Lakin war zu beschäftigt, also sind Sie zu mir gewechselt. Und ich habe Sie weiterbeschäftigt.« Gordon wippte auf den Hacken und steckte die Hände in seine Gesäßtasche. »Weil Lakin meinte, Sie wären gut.«
    »Klar.«
    »Und jetzt bosseln Sie schon – wie lange? – gut anderthalb Jahre an diesem Indium-Antimond- Experiment rum.«
    »Richtig«, bestätigte Cooper leicht spöttisch.
    »Ich meine, es ist Zeit, daß Sie zu Potte kommen.«
    Cooper ließ keinerlei Reaktion erkennen. »Hmm. Ich weiß… hm… nicht, was Sie meinen.«
    »Ich komme heute morgen hier rein. Ich frage Sie nach dem Job, den ich Ihnen gegeben habe. Sie sagen mir, Sie haben jeden Verstärker, jede Abweichung, den ganzen Aufbau geprüft.«
    »Hmhm. Das habe ich.«
    »Und die Störung ist immer noch da.«
    »Ich hab’s getestet. Den ganzen Ablauf.«
    »Das ist Mist!«
    Cooper seufzte theatralisch. »Sie haben’s also herausgefunden, hm?«
    Gordon runzelte die Stirn. »Was herausgefunden?«
    »Ich weiß, daß Sie pedantisch darauf bedacht sind, ein Experiment von A bis Z ohne Verzögerung durchzuführen, Dr.
    Bernstein. Ich weiß das.« Cooper zuckte entschuldigend die Achseln. »Aber ich konnte gestern abend nicht die ganze Geschichte zu Ende bringen. Ich bin rausgegangen und hab’ mit den Jungs ein paar Bier genommen. Dann bin ich wieder zurück und hab’ alles noch mal gemacht.«
    Gordon runzelte die Brauen. »Dagegen ist nichts zu sagen. Sie können jederzeit eine Pause einlegen. Jedenfalls solange alles seinen Gang geht und Sie die Vorverstärkerstufen und die Oszillographen in Nulljustierung halten.«
    »O nein, die waren alle in Ordnung.«
    »Dann…« – gereizt spreizte Gordon die Hände – »… haben Sie es irgendwo verbockt. Das Biertrinken interessiert mich nicht, mir geht es um das Experiment. Sehen Sie, nach gängiger Meinung braucht man vier Jahre Minimum, um fertig zu werden. Wollen Sie es so schnell schaffen?«
    »Klar.«
    »Dann tun Sie, was ich Ihnen sage, und lassen die Schludereien.«
    »Aber ich habe nicht geschludert.«
    »Das müssen Sie! Sie haben einfach nicht hingeschaut. Ich kann…«
    »Die Störung ist immer noch da«, sagte Cooper mit einer Gewißheit, die Gordon den Satz in der Mitte abbrechen ließ. Ihm wurde plötzlich bewußt, daß er diesen Mann, der nur drei Jahre jünger als er selbst war, aus keinem anderen Grund als seiner eigenen Frustration wegen einschüchtern wollte.
    »Sehen Sie, ich…«, begann Gordon, aber das nächste Wort blieb ihm im Hals stecken. Auf einmal war er sehr verlegen. »Okay, ich glaube Ihnen«, sagte er und bemühte sich um einen knappen, sachlichen Tonfall. »Sehen wir uns die Diagramme an!«
    Cooper hatte an dem großen Magneten gelehnt, der den Kern ihres Experiments umschloß. Er drehte sich um und bahnte sich seinen Weg durch die Gasse zwischen den Kabeln und Mikrowellenleitern. Das Experiment war noch im Gang. Der silbrige Kolben, der zwischen den Magnetpolen hing und von den Kabelzuleitungen fast völlig verdeckt wurde, trug jetzt eine Eishülle. In ihm sprudelte und schäumte flüssiges Helium bei einer Temperatur, die nur wenige Grad über dem absolut tiefsten Punkt lag. Das Eis war gefrorenes Wasser aus der Luft in der Umgebung der Apparatur, und gelegentlich knackte es, wenn sich das Material ausdehnte und zusammenzog, um den Druck auszugleichen. In dem hell erleuchteten Labor summte elektronisches Leben. Wenige Meter entfernt bildeten die Regalreihen mit transistorisierten Prüfgeräten eine wärmende Luftwand. Von dem Helium verspürte Gordon jedoch einen sanften, kühlen Luftzug. Trotz der Kälte trug Cooper ein zerrissenes T-Shirt und Bluejeans. Gordon bevorzugte ein blaues, langärmeliges Buttondown-Hemd aus feinstem Stoff, eine Cordhose, die sich am Gesäß ausbeulte, und eine Tweedjacke. Er hatte sich an die lockeren Formen im Labor noch nicht gewöhnt. Das
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