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Zeitlabyrinth

Zeitlabyrinth

Titel: Zeitlabyrinth
Autoren: Keith Laumer
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worden, als ihm der Überlandbus nach Chikago schnaufend entgegenkam. Auf Befehl der Stimme ließ er das Motorrad stehen und schob sich durch die Drehtür in die Miefatmosphäre des Wartesaals. Es war das übliche Bild von schlafendem Hilfspersonal und jungen Müttern, die irgendwie ledig wirkten.
    »Durchqueren Sie den Raum«, befahl die Stimme. Roger gehorchte und blieb vor einer verschlossenen Tür stehen.
    »Versuchen Sie es hier!«
    Roger schob die Tür auf. Eine beleibte Dame mit ein paar Haarnadeln zwischen den Lippen wirbelte herum und stieß einen schrillen Angstschrei aus. Er zog sich hastig zurück.
    »Das war die Damentoilette!« zischte er.
    »Verdammt richtig, Clyde«, dröhnte eine Baßstimme neben ihm. Aus einer Höhe von mindestens einsneunzig betrachtete ihn feindselig ein bulliger Ordnungshüter. »Ich behalte euch Kerle im Auge. Bei Dumbrowski gibt es keine Schweinigeleien, merk dir das!« Er schob seinen Bauch näher heran und senkte die Stimme. »Äh – was ich fragen wollte: Wie sieht es denn da drinnen aus?«
    Roger schluckte. »Praktisch wie in einer Männertoilette.«
    »Ja? Also, Ralph, nimm dich in Zukunft in acht.«
    »Natürlich, Wachtmeister.« Roger zog sich an die benachbarte Tür zurück und trat ein, angetrieben von der Stimme. Ein älterer Farbiger, der an der Wand gelehnt hatte, richtete sich auf.
    »Was darf es sein, Sir?« fragte er aufmerksam. »Schuheputzen? Rasieren? Massieren? Anzug bürsten und aufbügeln?«
    »Nein, danke, ich wollte nur …«
    »Etwas gegen Bronchitis?« Er brachte eine flache Flasche zum Vorschein.
    »Hören Sie, wenn Sie Tb haben, sollten Sie nach Arizona gehen«, sagte Roger.
    Der Schwarze warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. Er öffnete den Schraubverschluß und nahm einen tiefen Zug; dann kippte er stirnrunzelnd den Inhalt der Flasche in das nächste Becken.
    »Mann, Sie haben recht«, sagte er. »Wenn ich mich beeile, erwische ich den Zwei-Uhr-acht-Bus nach Phoenix.« Hastig verließ er die Toilette.
    »Wenigstens bin ich nicht der einzige Verrückte«, murmelte Roger vor sich hin.
    »Die letzte Kabine«, sagte die Stimme des Mädchens. »Entschuldigen Sie die Verwechslung, aber ich verschwand von hier ziemlich überstürzt.«
    »Kann ich mir vorstellen!« sagte Roger. »Was haben Sie in einer Männertoilette gesucht?«
    »Das kann ich Ihnen jetzt nicht erklären. Machen Sie die Tür auf!«
    Roger gehorchte. Das Abteil enthielt die übliche sanitäre Anlage, mehr nicht.
    »Etwas nach links – da!«
    Mitten in der Luft, direkt über der Toilette, schimmerte grünlich eine Linie auf. Sie hob sich deutlich vom Halbdunkel ab. Als Roger den Kopf ein wenig zur Seite wandte, verschwand sie wieder.
    »Eine optische Täuschung«, meinte er zweifelnd.
    »Keineswegs. Es ist eine Öffnung. Und nun passen Sie genau auf! Ich möchte, daß Sie einen Zettel schreiben – den Text diktiere ich Ihnen – und hier durchwerfen. Das ist alles. Ob er da landet, wo er landen soll, hängt vom Glück ab.«
    »Er wird in der hiesigen Kläranlage landen«, protestierte Roger. »Das ist das verrückteste Postverfahren, von dem ich je gehört habe.«
    »Treten Sie noch einen Schritt näher an die Öffnung heran; Sie werden sehen, daß die Sache nicht so einfach ist wie sie auf den ersten Blick wirken mag.«
    Roger schob sich näher. Die Linie erweiterte sich zu einem Band, das in allen Regenbogenfarben schimmerte, wie ein Ölfilm auf Wasser. Als er noch nähertrat, wurde das Band zu einer schimmernden Ebene, die sich durch die Wände in die Unendlichkeit zu erstrecken schien. Mit einem Schwindelgefühl zog er sich zurück.
    »Das war, als würde man über den Rand der Welt sehen«, flüsterte er.
    »Fast erraten«, sagte die Stimme. »Und nun die Notiz, rasch!«
    »Ich muß mir einen Bleistift borgen.« Roger ging zurück in die Halle und ließ sich von einem Schalterangestellten einen zerkauten Bleistiftstummel geben. In der Kabine holte er einen zerknitterten Umschlag aus der Tasche und glättete ihn.
    »Los«, sagte er. »Bringen wir die Sache hinter uns.«
    »Also schön. Schreiben Sie: ›Lieber S’lunt! Oder nein, machen Sie daraus: ›Technor Zweiten Grades S’lunt!‹ Oder vielleicht wäre ›Lieber Technor‹ besser …«
    »Ich weiß nicht, wie man ›Technor‹ schreibt«, sagte Roger. »Und bei S’lunt bin ich mir auch nicht so sicher.«
    »Ist auch unwichtig. Fangen wir gleich mit dem Wesentlichen an! ›Versuch, Axialkanal zu durchqueren, ein Teilerfolg.
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