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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis
Autoren: David S. Garnett
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solche Pläne hatte.
    Erster läuft ziellos in seiner unterirdischen Wohnung herum. M ASCHINE folgt ihm treu mit ein paar Metern Abstand. Der König ist tot; lang lebe der König. Das würde jetzt der XV. der Sohn des XIV. werden, Anders mußte ersetzt werden.
    „Anders“, sagt er.
    „Das ist schon erledigt“, sagt M ASCHINE .
    Der, den man Erster nennt, nickt. Natürlich, das war erwartet worden, also waren die Vorbereitungen dafür schon getroffen. Alles wird immer schon erwartet. Während Erster es sagt, kommt es ihm schon bekannt vor, aber er lebt sein ganzes Leben unter dem Schatten des déjà vu.
    Was gibt es noch? Er versucht nachzudenken, muß aber fragen.
    „Was passiert jetzt?“
    „Der neue Napoleon stellt eine Armee für eine Invasion des Saarlands zusammen.“
    „So bald? Ist das eine langfristige Voraussage?“
    „Sieben Tage.“
    „Und danach?“
    „Über diese Information verfüge ich nicht“, sagt M ASCHINE .
    Aber du wirst darüber verfügen, sagt Erster zu sich selbst. Es kommt darauf an, was du mir die nächsten paar Male zu sagen hast, wenn ich auf Reisen gehe. „Was würdest du dann vermuten?“
    M ASCHINES Oberflächen sind, bis auf den kleinen Bildschirm und die Löcher für die Beine, eben, glatt und schmucklos. Erster nimmt an, daß sich hinter dem versenkten Schirm neben dem Lautsprecher auch ein Aufnahmegerät befindet. „Ich vermute nie etwas“, sagt sie.
    „Natürlich nicht“, sagt Erster. „Aber was ist mit diesen Androiden, die jeden ohne Unterschied umgebracht haben?“
    „Was soll mit ihnen sein?“
    M ASCHINE wartet darauf, daß er eine direkte Frage stellt.
    „Wo kommen sie her?“
    „Ich verfüge noch nicht über diese Information.“
    „Aha.“
    Sie laufen noch ein wenig herum.
    „Diese Schlacht…“ sagt Erster, der laut denkt. „Der Anlaß war doch ein Streit um irgendein Dorf.“
    „Blancz“, sagt M ASCHINE , ohne danach gefragt zu sein.
    „Und um einen Dorfbewohner, der von den Lothringern entführt worden ist. Meiner Meinung nach sollten die Dorfbewohner befragt werden. Es war doch eine Frau, oder?“
    M ASCHINE widerspricht ihm nicht.
    „Sie ist die einzige Spur, die wir haben. Sie soll hierhergebracht werden.“
    Fast erwartet er, daß M ASCHINE antwortet: „Das ist schon erledigt.“ Sie sagt aber statt dessen: „Jawohl.“
    Irgendwie hat Erster den Eindruck, daß sie das nicht billigt. Kann sie eifersüchtig sein? Will sie sein einziger Gefährte bleiben?
    „Das meine ich ernst“, sagt Erster, um seine Anweisung zu unterstreichen, bevor er sie vergißt.
    M ASCHINE gibt keine Antwort. Er starrt einige Sekunden lang auf ihren Bildschirm. Schließlich sagt sie: „Ja.“
    „Gut.“ Erster dreht sich herum. „Ich glaube, ich lege mich hin.“ Er geht zurück in das Zimmer mit dem Bett.
    Lautlos folgt ihm M ASCHINE .
     
     
    Das Gesicht des Königs machte das gesamte Spektrum seiner Ausdrücke durch. Zuerst Ärger wegen der Störung, dann Verwirrung, dann Belustigung. Er lachte laut und sagte: „Sehr gut, Narr. Verschwinde jetzt. Siehst du nicht, daß ich mit… Regierungsgeschäften zu tun habe?“
    Der Narr hatte sich den Weg an den beiden Wachen vorbei dadurch erzwungen, daß er ihnen den Zauberstab gezeigt hatte, der aus Fells Besitz stammte. Sie traten zur Seite, und er ging in Attilas Privatwohnung hinein, die im obersten Stockwerk seines zehnstöckigen Palasts lag. Attila XXI. saß mitten auf seinem riesigen Himmelbett und spielte mit den beiden jungen Frauen, die ihn bei der Schlacht begleitet hatten, Stripschach. Sie sahen sich beide nach dem Neuankömmling um, der ruhig dastand, den roten Umhang über seine blauweiße Narrenkleidung geworfen, und kicherten.
    „Verschwinde“, sagte Attila.
    Der Hofnarr rührte sich nicht.
    „Wache!“ brüllte der König.
    Die beiden Männer, an denen er an der Tür vorbeigegangen war, kamen herein. Der Narr zielte wieder mit der Pistole auf sie, und sie zogen sich zurück.
    Der Narr verbeugte sich und sagte: „Euer Majestät, ich bringe traurige Nachrichten.“
    Attila stand auf, warf dabei das Schachbrett um, und stellte sich auf den Boden; das war keiner von den üblichen Clownsspäßen. „Was gibt es?“ fragte er.
    „Euer Zauberer ist von einem schwarzen Dämon erschlagen worden“, sagte der andere Mann. „Ich habe seine Schreie gehört und bin in sein Zimmer eingebrochen, aber es war zu spät. Sein Zauberstab und sein Stirnband haben auf dem Bett gelegen. Er muß sie abgelegt haben,
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